MKL1888:Erdgerüche

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Erdgerüche“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Erdgerüche“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 19 (Supplement, 1892), Seite 272
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Erdgerüche. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 19, Seite 272. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Erdger%C3%BCche (Version vom 16.01.2023)

[273] Erdgerüche. Die Alten haben viel von dem köstlichen Duft der frisch geackerten Erde, wenn die Frühlingsregen sie benetzen, phantasiert und die Sage verbreitet, daß der Boden besonders da, wo die Schenkel eines Regenbogens auf ihm geruht haben, wohlriechend werde. Man hat allerlei Theorien aufgestellt, um diese Gerüche zu erklären, und unter anderm gemeint, die poröse Ackererde binde die Blumendüfte und werde veranlaßt, dieselben freizugeben, wenn das Regenwasser eindringt und die Duftstoffe aus den Poren verdrängt. Verschiedene Agrikulturchemiker haben versucht, die Frage auf experimentellem Wege zu lösen. Man fand, daß sich in der Ackerkrume Spuren von Alkohol und andern ätherischen Körpern finden. Durch Auslaugen riechender Erde mit einer wässerigen Bromlösung gewann schon früher Phipson einen gelblichen, in Alkohol löslichen Körper, der einen kräftigen Geruch nach Zedernholz entwickelte und in seinen physikalischen und chemischen Eigenschaften dem aus Zedernholzöl dargestellten Bromcetrin ähnlich war. Im vorigen Jahre haben Berthelot und André Versuche nach dieser Richtung angestellt und durch Destillation der angefeuchteten, schwach kalk- und thonhaltigen Erde der Versuchsstation Meudon bei Paris im Wasserbad einen kräftig aromatisch, fast kampferartig riechenden Stoff erhalten, der sich durch Kaliumcarbonat aus dem Destillat abscheiden ließ, aber freilich nur in sehr geringen Mengen erhalten wurde. Es gelang aber nicht, diesen anscheinend der aromatischen Gruppe angehörigen Körper mit irgend einem bekannten zu identifizieren; er reagierte weder sauer noch alkalisch und erwies sich als nicht zu den Aldehyden gehörig. Über den Ursprung des Geruchs der Stinkkalke und speziell des schwarzen Marmors von Golzine hat kürzlich Spring Untersuchungen angestellt und sich überzeugt, daß weder, wie man sonst annahm, Bitumen, noch organische Schwefelverbindungen daran beteiligt seien, vielmehr allem Anschein nach Phosphamine mit Spuren von Schwefelwasserstoff; wenigstens konnte er genau denselben übeln Geruch erhalten, wenn er Kalksteine mit Phosphamine tränkte.