Zum Inhalt springen

MKL1888:Erlau

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Erlau“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Erlau“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 5 (1886), Seite 791
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Eger (Ungarn)
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Erlau. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 791. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Erlau (Version vom 21.02.2023)

[791] Erlau (ungar. Eger, lat. Agria), Stadt im ungar. Komitat Hevés, liegt zwischen Feldern, Weingärten und Gebirgen im freundlichen Thal des Erlauflusses und ist Endstation eines Flügels der Ungarischen Staatsbahnlinie Budapest-Kaschau. Unter den 12 Kirchen, neben denen noch 4 Kapellen und 7 Klöster bestehen, sind am hervorragendsten: die von Erzbischof Ladislaus Pyrker, dem bekannten Dichter, 1837 (mit 800,000 Gulden Kosten) im griechischen Stil erbaute prachtvolle Kathedrale, welche nächst der Graner Basilika die schönste Kirche Ungarns ist (100 m lang, 54 m breit, mit 40 m hoher Kuppel, berühmtem Hochaltarbild von Dannhauser, Basreliefs von Casagrande, einer wertvollen Orgel und einer imposanten Treppe von 18 m Breite); ferner die Barmherzigenkirche mit einem alten Minaret und die griechische Kirche. Außerdem verdienen Erwähnung: die erzbischöfliche Residenz, der großartige Akademiepalast (Lyceum), das Cistercienserkloster samt Gymnasium, das Komitatshaus, Seminargebäude etc. E. zählt (1881) 20,669 ungar. Einwohner, welche außer reger Gewerbthätigkeit (eine Dampfmühle) hauptsächlich Weinbau betreiben (der Erlauer Wein gilt für einen der vorzüglichsten ungarischen Rotweine), ist Sitz eines Erzbistums mit Metropolitankapitel, des Komitats, eines Gerichtshofs und Steuerinspektorats und hat eine Sternwarte, 3 Spitäler und 2 alaunhaltige warme Bäder, neben welchen der erzbischöfliche Park liegt. An Lehranstalten befinden sich daselbst ein erzbischöfliches Seminar, eine erzbischöfliche Akademie, ein Obergymnasium, eine Lehrerpräparandie und das Institut der Englischen Fräulein. Die Akademie besitzt eine ausgezeichnete Bibliothek mit 49,769 Bänden und 397 Manuskripten in 38 Sprachen. E. hat 3 Geldinstitute. Daselbst erscheinen 8 Zeitschriften. – In alter Zeit wohnten hier die Agriani. Der Ort, welcher 1010 Stadtrechte erhielt, wurde 1242 von den Tataren zerstört, später wieder aufgebaut und 1552 von den Osmanen unter Anführung des Wesirs Achmed vergebens belagert; 13 Stürme hielt der gefeierte Held Stephan Dobó hier aus, und selbst die Frauen verteidigten die Stadt tapfer. 1596 belagerte Sultan Mohammed III. die Stadt 3 Wochen lang mit 200,000 Mann. Schon rückte Erzherzog Maximilian zum Entsatz heran, und die Türken wollten bereits die Belagerung aufgeben, als die Wallonen und Deutschen die Stadt übergaben. E. blieb nun unter der Herrschaft der Osmanen, bis es 1687 durch den österreichischen General Caraffa wiedererobert wurde. Nachdem es bei dem Aufstand der Ungarn unter Rákóczy in die Gewalt der Insurgenten gefallen war, ward es 2. Dez. 1710 von dem kaiserlichen General Cusani besetzt. E. verdankt seine Bedeutung dem vom heil. Stephan gegründeten Bistum, das 1804 zum Erzbistum erhoben wurde. Die Ruinen des alten Schlosses auf dem Festungsberg sind durch Erzbischof Pyrker in einen Kalvarienberg mit freundlichen Anlagen verwandelt worden, in deren Nähe sich ein Grabgewölbe mit dem Grabstein des Helden Dobó befindet. Auf der Stelle der von König Stephan dem Heiligen erbauten Kathedrale erhebt sich auf einem Pfeilerfragment die 1835 errichtete Bildsäule dieses Königs.