MKL1888:Eugenie

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Eugenie“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 903
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Eugenie. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 903. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Eugenie (Version vom 01.06.2021)

[903] Eugenie, 1) E. Marie de Guzman, Kaiserin der Franzosen, geb. 5. Mai 1826 zu Granada, die zweite Tochter des Grafen von Montijo und Teba, Herzogs von Peneranda, Granden von Spanien, und der Marie Manuela Kirkpatrick v. Closeburn aus einer katholischen schottischen Familie, brachte unter dem Namen einer Gräfin von Teba den größten Teil ihrer Jugend mit ihrer Mutter auf Reisen zu. 1851 erschien sie bei den Festen des Prinz-Präsidenten Ludwig Napoleon im Elysée und erregte durch ihre Schönheit und Anmut allgemeine Aufmerksamkeit. Da Napoleons Bewerbungen um Prinzessinnen aus alten Fürstenhäusern mißlangen, so erklärte er 22. Jan. 1853 dem Ministerrat, daß er sich mit der Gräfin von Teba vermählen werde. Am 29. Jan. 1853 wurde die Vermählung in der Notre Dame-Kirche gefeiert, und 16. März 1856 schenkte E. ihrem Gemahl einen Thronerben. Sie gab durch eleganten Luxus in der Pariser Modenwelt den Ton an, erlangte aber auch allmählich politischen Einfluß und führte wiederholt während der Abwesenheit des Kaisers die Regentschaft und den Vorsitz im Ministerrat. Auch vertrat sie Napoleon 1869 bei der Eröffnung des Suezkanals. Die Erfolge Preußens 1866 brachten sie an die Spitze der Kriegspartei. Sie glaubte, daß die Napoleonische Dynastie nur durch einen glücklichen Eroberungskrieg am Rhein sich halten könne, und erblickte als fanatische Katholikin in der Wiederaufrichtung der weltlichen und der Erweiterung der geistlichen Herrschaft des Papstes eine Lebensaufgabe. Die spanische Frage schien ihr 1870 ein passender Anlaß zur Entscheidung zu sein, und sie trieb daher mit Aufbietung alles Einflusses zum Krieg mit Preußen (ma petite guerre). Für die Dauer der Abwesenheit des Kaisers wurde ihr 23. Juli die Regentschaft übertragen; 24. Juli begab sie sich zur Flotteninspektion nach Cherbourg. Auf die Nachricht von den Niederlagen vom 6. Aug. erließ sie am 7. eine Proklamation an das französische Volk, worin sie die Fahne Frankreichs in jeder Gefahr zu verteidigen versprach. In Gemeinschaft mit Palikao erklärte sie sich aufs entschiedenste gegen die Rückkehr des Kaisers und den Rückzug der Mac Mahonschen Armee von Châlons nach Paris, beharrte auf dem Zuge gegen Metz und verschuldete so an ihrem Teil die Katastrophe von Sedan. Als 4. Sept. in Paris die Revolution ausbrach, mußte E. unter dem Schutz des Fürsten Metternich aus den Tuilerien flüchten, erreichte 7. Sept. den kleinen Hafenplatz Deauville und schiffte sich am andern Tag nach England ein. Dort traf sie ihren Sohn und nahm mit demselben vom 24. Sept. an ihren Aufenthalt zu Chiselhurst, in der Nähe von London. Dorthin kam auch der Exkaiser Napoleon, aus seiner Haft auf Schloß Wilhelmshöhe entlassen, 20. März 1871. Die kaiserliche Familie blieb in Chiselhurst. Am 9. Jan. 1873 ward E. Witwe. Sie nahm fortan teil an allen wichtigen Ereignissen in Frankreich und gab viel Geld aus, um die bonapartistische Partei zu stärken. Durch den Tod ihres Sohns, des kaiserlichen Prinzen, 1. Juni 1879 in Südafrika wurden alle ihre Hoffnungen grausam zerstört. Nachdem sie 1880 eine Reise nach der Unglücksstätte unternommen, zog sie sich unter dem Namen einer Gräfin von Pierrefonds gänzlich vom öffentlichen Leben zurück.

2) E. Adelaide Louise von Bourbon, s. Adelheid 2).