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MKL1888:Fabrik- und Handelszeichen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Fabrik- und Handelszeichen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 5 (1886), Seite 10051006
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Fabrik- und Handelszeichen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 5, Seite 1005–1006. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Fabrik-_und_Handelszeichen (Version vom 31.05.2024)

[1005] Fabrik- und Handelszeichen (Warenzeichen, Marken) sind Zeichen, durch welche in den Handel gebrachte Waren als von einer bestimmten Person (Fabrikant, Verkäufer) herrührend kenntlich gemacht [1006] werden sollen. Die Bezeichnung der Person ist eine vollständige, wenn sie Namen und Wohnort angibt (nominative Marken, zu deren Führung jeder Gewerb- und Handeltreibende befugt ist); sie kann aber auch eine figürliche (symbolische Marken) sein, indem sie in einer Abkürzung des Namens oder in einem Zeichen besteht. Solche Zeichen haben insbesondere dann große Bedeutung, wenn, wie bei dem Handel nach fremden Ländern, die namentliche Bezeichnung nicht verstanden wird. Dieselben kamen schon sehr frühzeitig in Anwendung. Waren sie jedoch früher Repräsentanten der Firma, welche ebenso wie die Wappen und Insignien des Adels auch zur Unterschrift bindender Verträge benutzt wurden, so sind sie heute dazu bestimmt, Waren des einen Gewerbtreibenden von denen eines andern zu unterscheiden. Schon zur Zunftzeit, wie im 16. Jahrh. im Herzogtum Berg, noch früher in Sheffield, wurde die Führung solcher Zeichen, welche in eine Zeichenrolle eingetragen wurden, besonders bei Messerschmieden und Stahlwarenfabrikanten, geschützt. Die erste entwickelte Gesetzgebung in Bezug auf die Fabrikzeichen weist Frankreich auf, sie datiert vom 22. Germinal des Jahrs XI. An dieselbe lehnte sich unmittelbar die belgische an. Dann folgten Österreich 1857, Italien, die Vereinigten Staaten, Rußland, England, darauf Deutschland mit einem Reichsgesetz vom 30. Nov. 1874, die Schweiz 1879, die Niederlande und Dänemark 1880. Deutschland, wie die meisten andern Staaten, schützt nicht bloß Fabrik-, sondern auch Handelszeichen. Dieselben sind nur solche Gewerbtreibende zu führen berechtigt, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist. Während in Frankreich die Wahl der Form für die Zeichen nicht beschränkt ist, dürfen in Deutschland ebenso wie in Österreich neue Zeichen nicht ausschließlich in Zahlen, Buchstaben oder Worten bestehen, auch nicht öffentliche Wappen oder Ärgernis erregende Darstellungen enthalten. Angebracht kann das Zeichen werden auf der Ware oder deren Verpackung. Die Form der Verpackung hat kein Anrecht auf Schutz. Die Nationalität des Zeichenwerbers kommt in der deutschen Gesetzgebung wie der französischen nicht in Betracht, soweit derselbe innerhalb des Deutschen Reichs ein industrielles oder kommerzielles Etablissement besitzt; im andern Fall entscheidet das Vorhandensein einer Bekanntmachung des „Deutschen Reichsgesetzblattes“ darüber, ob das Heimatsland des Zeichenwerbers auch dem deutschen Gewerbtreibenden Anspruch auf Zeichenschutz in Aussicht stelle und derselbe thatsächlich zu Haus ein Anrecht auf Zeichenschutz schon erworben habe. Das Amtsgericht in Leipzig führt für diese Art Zeichen das gemeinsame Anmelderegister. Bezüglich der übrigen Zeichen erfolgt der Eintrag in das Handelsregister, welches die zuständigen Gerichte (Amtsgerichte) führen. Die Eintragung wird im „Deutschen Reichsanzeiger“ veröffentlicht. Dagegen erfolgt in Großbritannien die Eintragung in die Rolle bei einer Zentralstelle und zwar derart, daß derselben eine Vorprüfung der angemeldeten Zeichen daraufhin vorausgeht, ob dieselben auch von bereits eingetragenen sich unterscheiden. Ein solches Vorprüfungsverfahren haben auch die Schweiz, die Niederlande und Dänemark eingeführt. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika legen nach einem Gesetz vom 3. März 1881 der Partei auf, den Nachweis zu erbringen, daß ihr ein Recht auf das angemeldete Zeichen zusteht, und daß keine andre Person ein Recht darauf besitzt. In Deutschland wird dagegen die angemeldete Marke ohne Vorprüfung eingetragen und veröffentlicht, und es bleibt dem ältern Berechtigten überlassen, auf Löschung von unbefugt eingetragenen Marken zu klagen.

Im Gegensatz zur deutschen und französischen Gesetzgebung, welche den Markenschutz auf das Strafrecht stützen und bei widerrechtlichem Willen neben der dem Verletzten zu zahlenden Entschädigung auch noch Geld- oder Gefängnisstrafe zulassen, verknüpfen England, Nordamerika und Belgien mit der Verletzung des Markenschutzes nur privatrechtliche Folgen (Schadenersatz). Um Überfüllungen der Zeichenregister mit wertlos gewordenen Zeichen zu verhüten, ist bestimmt, daß das Zeichenrecht nach 10 Jahren verjährt (in Nordamerika 30 Jahre), wenn es nicht binnen dieser Zeit von neuem angemeldet wird. Von mehreren Staaten wurden in jüngster Zeit im Anschluß an Handelsverträge Vereinbarungen zum gegenseitigen Schutz der Warenzeichen getroffen. Von Interesse für die Beteiligten ist es, wenn von Zeit zu Zeit Abbildungen deponierter Marken veröffentlicht werden, wie dies in Österreich geschieht, dann schon seit Jahren in Frankreich auf Veranlassung der Firma L’union des fabricants pour la protection internationale des marques de fabrique et la répression de la contrefaçon. Vgl. G. Mayer, De la concurrence déloyale et de la contrefaçon en matière de noms et de marques (Par. 1879); Kohler, Das Recht des Markenschutzes mit Berücksichtigung ausländischer Gesetzgebungen (Würzb. 1884–85); Klostermann, Die Patentgesetzgebung aller Länder nebst den Gesetzen über Muster- und Markenschutz (2. Aufl., Berl. 1876).


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 265
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[265] Fabrik- und Handelszeichen. Von neuern Gesetzen sind namentlich zu erwähnen das Gesetz in Paraguay vom 11. Juli 1889, das mexikanische Gesetz vom 28. Nov. 1889 (welche beide auf dem Anmeldeverfahren beruhen), das französische Zusatzgesetz vom 3. Mai 1890, welches eine Hinterlegung der Modells und Klischees der zu schützenden Marken bei den zuständigen Handelsgerichten anordnet, und das Gesetz in Österreich vom 6. Jan. 1890. Das österreichische Gesetz, welches sich in sehr vielen Punkten der deutschen Gesetzgebung anschließt, bestimmt die Anmeldung der Zeichen bei der betreffenden Handels- und Gewerbekammer. Der Handelsminister führt ein Zentralmarkenregister und verständigt, eventuell im Einvernehmen mit Sachverständigen, den Markenschutzwerber, wenn eine mit der neu angemeldeten identische oder ähnliche Marke für dieselbe Warengattung bereits besteht, damit der Bewerber nach seinem Ermessen die Anmeldung aufrecht erhalten, modifizieren oder zurückziehen kann.

Von hervorragender Bedeutung für den internationalen Handel war die Vollziehung und Durchführung des englischen Markenschutzgesetzes (Merchandise Marks-Act) vom 23. Aug. 1887, welches unter anderm vorschreibt, daß alle in England anlangenden Produkte fremder Länder mit einer Bezeichnung des Ursprungslandes (z. B. made in Germany) versehen sein müssen. Die Nachteile, die man von der Durchführung dieser Bestimmung für den deutschen Export fürchtete, sind nicht eingetreten, vielmehr dürfte dieses Gesetz dazu beigetragen haben, die deutsche Fabrikation in weitern Gebieten als früher empfehlend einzuführen.

In Deutschland sind in den letzten Jahren vielfach Bestrebungen behufs der Reform des deutschen Gesetzes vom 30. Nov. 1874 zu Tage getreten. Die Vorschläge zielen darauf hinaus, an Stelle des jetzigen Anmeldeverfahrens das Vorprüfungsverfahren einzuführen. Als Vorprüfungsämter sollen besondere Zeichenämter, nach dem Vorbild der alten rheinischen Gewerbegerichte zusammengesetzt, an den Vororten der Hauptgewerbszweige gebildet werden, welche festzustellen haben, ob das angemeldete Zeichen einem bereits bestehenden zum Täuschen oder Verwechseln ähnlich ist oder sonstwie bestehende Rechte verletzt. Als Zentralstelle soll ein Reichszeichenamt eingerichtet werden, welches die Reichszeichenrolle führt und ein besonderes Publikationsorgan herausgibt. Als Freizeichen sollen solche Zeichen gelten, welche vor dem 1. Mai 1875 als solche nicht eingetragen und von allen oder einer gewissen Klasse von Gewerbtreibenden beliebig gebraucht wurden; diese Freizeichen sollen festgestellt werden. An den drohenden Verfall eines Zeichens durch Ablauf der Schutzfrist soll seitens der Reichszeichenbehörde erinnert werden. Endlich soll die Berechtigung, eine Marke schützen zu lassen, auf alle Gewerbtreibenden ausgedehnt werden, während jetzt nur diejenigen Gewerbtreibenden eine Marke schützen lassen können, deren Firma in das Handelsregister eingetragen ist. Im Anschluß an diese Vorschläge wird die Schaffung einer Zentralbehörde verlangt, welcher der gesamte Schutz des geistigen Eigentums unterstehen soll. Vgl. R. Stegemann, Materialien zur Markenschutzgesetzgebung (Remscheid 1889); Lastig, Markenrecht und Zeichenregister, ein Beitrag zur Handelsrechtsgeschichte (Halle 1890).

Die Entwickelung des Zeichenschutzes in Deutschland ergibt sich aus nachstehender Übersicht:

Jahr Im „Reichsanzei­ger“ veröffentlicht Auf das Ausland entfielen Gelöscht wurden
Zeichen von Firmen Zeichen von Firmen Zeichen von Firmen
1. Mai 1875 bis 1. Jan. 1884 12076 6982 3042 1331 Statistik fehlt
1884 944 732 114 78 106 79
1885 1187 897 245 148 871 457
1886 1361 1037 307 173 895 525
1887 1271 1018 199 143 367 276
1888 1551 1149 304 216 433 304
1889 1383 1035 199 122 297 249
Zus.: 19773 12850 4410 2211

Von den im J. 1889 geschützten 199 Zeichen von 122 ausländischen Firmen entfielen auf

Zeich. Firmen
Großbritannien 95 49
Frankreich 42 26
Österreich-Ung. 23 11
Schweiz 13 11
Niederlande 6 6
Belgien 5 5
Verein. Staaten 5 5
Dänemark 3 3
Schweden 3 3
Italien 2 1
Norwegen 1 1
Rußland 1 1