MKL1888:Fallmaschine

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Fallmaschine“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 1718
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Fallmaschine. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 17–18. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Fallmaschine (Version vom 05.10.2022)

[17] Fallmaschine, Vorrichtung, um die Gesetze der gleichförmig beschleunigten Bewegung und dadurch mittelbar

Atwoods Fallmaschine.

die Gesetze des freien Falles durch Versuche nachzuweisen. Die Geschwindigkeit eines frei fallenden Körpers wächst so rasch, daß es unmöglich wird, den Verlauf seiner Bewegung genau zu verfolgen. Durch die Atwoodsche F. (s. Figur) kann man, ohne das Bewegungsgesetz zu ändern, die Fallbeschleunigung beliebig vermindern, indem man den fallenden Körper außer seiner eignen noch eine andre Masse in Bewegung setzen läßt. Die F. besteht aus einer etwa 2 m hohen vertikalen Säule, auf deren Gipfel eine um eine wagerechte Achse leicht drehbare Rolle angebracht ist; über die Rolle läuft ein Faden, an dessen Enden gleiche Gewichte p und q hängen, die sich also das Gleichgewicht halten. Legt man nun auf das eine Gewicht p ein kleines Übergewicht (m), so sinkt es mit gleichförmiger Beschleunigung herab, während das andre Gewicht steigt. Da durch die Kraft, welche das Übergewicht zu Boden zieht, die gesamte in den beiden Gewichten und dem Übergewicht enthaltene Masse in Bewegung gesetzt wird, so erlangt diese eine Beschleunigung (g′), welche sich zu derjenigen (g) des freien Falles verhält wie m zu und [18] sonach ein um so kleinerer Bruchteil der letztern ist, je kleiner man das Übergewicht m wählt. An der Säule der F. ist seitlich ein Pendel r angebracht, welches Sekunden schlägt und mit dem ersten Schlag eine am obern Ende (Nullpunkt) einer Zentimeterteilung befindliche Fallbrücke s auslöst, welche das mit dem Übergewicht belastete Gewicht trägt. Dieses Gewicht beginnt nun herabzusinken und durchläuft in der ersten Sekunde den Weg 1/2g′, was man daran erkennt, daß es mit dem nächsten Pendelschlag auf eine wagerechte Platte aufschlägt, welche man um die Strecke 1/2g′ unterhalb der Fallbrücke aufgestellt hat. Der Fallraum der ersten Sekunde ist also gleich der halben Beschleunigung. Die Platte ist längs der Säule verschiebbar; stellt man sie nacheinander bei 4 × 1/2g′, 9 × 1/2g′, 16 × 1/2g′ u. s. f. auf, so findet man, daß das fallende Gewicht bez. nach 2, 3, 4 etc. Sekunden die Platte trifft, und hat hiermit bewiesen, daß die Fallräume sich verhalten wie die Quadrate der Fallzeiten. Stellt man ferner eine durchbrochene Platte, durch deren Öffnung wohl das herabsinkende Gewicht, nicht aber das über seinen Rand vorstehende Übergewicht durchgelassen wird, am Ende des Fallraums der ersten Sekunde (bei 1/2g′) auf, so wird am Ende der ersten Fallsekunde das Übergewicht abgehoben, das sinkende Gewicht geht nun nach Beseitigung der treibenden Kraft vermöge seiner Trägheit mit der in jenem Augenblick erlangten Geschwindigkeit in gleichförmiger Bewegung weiter und trifft mit dem folgenden Pendelschlag auf eine um die Strecke g′ unterhalb der Stelle, wo das Übergewicht beseitigt wurde, aufgestellte massive Platte. Bringt man ferner die durchlöcherte Platte am Ende der in 2, 3, 4 … Sekunden zurückgelegten Fallräume, die massive Platte aber bez. um 2g′, 3g′, 4g′ … tiefer an, so wird letztere immer eine Sekunde nach dem Abheben des Übergewichts von dem nun gleichförmig sinkenden Gewicht getroffen, womit bewiesen ist, daß die erreichten Fallgeschwindigkeiten sich verhalten wie die Fallzeiten. Durch Abänderung der Gewichte und des Übergewichts kann man ferner noch die Beschleunigung mannigfach abändern und namentlich nachweisen, daß bei gleichbleibender Gesamtmasse die Beschleunigung sich verhält wie die bewegende Kraft (d. h. das Übergewicht), und daß bei gleichem Übergewicht die Beschleunigung der Gesamtmasse umgekehrt proportional ist. Da das Fallen längs einer schiefen Ebene mit um so kleinerer Beschleunigung erfolgt, je geringer die Neigung der schiefen Ebene ist, so wurde dieselbe als Fallrinne bereits von Galilei zum Nachweis der Fallgesetze benutzt. Vgl. Fall.