MKL1888:Fassade

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Fassade“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 65
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Fassade. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 65. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Fassade (Version vom 20.02.2024)

[65] Fassade (franz. Façade), die architektonisch gestaltete Außenseite, im engern Sinn Vorderseite eines Gebäudes. Die architektonische Gliederung einer F. ist durch die Raumanordnung im Innern bedingt und hat diese an der Außenseite eines Baues möglichst zu zeigen. Hat ein Gebäude mehrere Stockwerke, so wird dies schon durch die gleiche Zahl der Fensterreihen ersichtlich. Außerdem werden die Fußböden der verschiedenen Stockwerke mittels durchlaufender Gesimse markiert, die der Leere und Einförmigkeit einer glatten Außenwand vorbeugen. Der meist durch alle Stockwerke als ein in sich zusammenhängendes Ganze führende Treppenraum wird dadurch markiert, daß man seine Fronte vor der Fluchtlinie des Gebäudes etwas vorspringen läßt. Ferner läßt sich der Unterschied in der Bestimmung der Zimmer und der Treppe durch die verschiedene Größe, resp. Breite der Fenster ausdrücken. Weiter kann man der Anordnung und Gruppierung der innern Räumlichkeiten in der F. und deren Gliederung Ausdruck geben z. B. durch das Aneinanderrücken (Kuppeln) mehrerer zu Einem Raum gehöriger Fenster und deren Absonderung von andern durch breitere Mauerflächen oder durch Wandpfeilerstellung. Größere Gebäude gliedern sich auf die einfachste Weise in einen Mittelbau, welcher die bedeutendsten Räume, und in Flügelbauten, welche die Nebenräume enthalten. Endlich kann eine Thür, ein Einfahrtsthor einer F. Leben und Interesse geben, und es ist deshalb vom künstlerischen und ästhetischen Standpunkt als ein Mangel zu betrachten, wenn die Thür an die Neben- oder Hinterseite des Hauses verlegt wird. Eine mit Geschick angebrachte Thür macht die F. einladend und freundlich, und eine reicher gestaltete, z. B. über mehreren Stufen einer Freitreppe erhöhte, von Pfeilern oder Säulen eingefaßte, mit einer wohlgegliederten Oberschwelle oder einem besondern, flachen Giebel gedeckte Thür gibt der F. Mannigfaltigkeit und Würde. Durch Ausbauten, vorspringende Balkone oder Erker läßt sich die F. besonders beleben. Bei Anordnung einer F. sind beachtenswert: klare Vertikal- und Horizontalteilung des Gebäudes in die Hauptraumgruppen und in die einzelnen Stockwerke durch kräftige Vor- oder Rücksprünge und Gesimse; einfacher, aber solider Sockel; stark vortretendes, reicheres Hauptgesims; Fenster- und Thüröffnungen von hinreichender Weite und gutem Verhältnis mit klar gegliederten Thür- und Fensterpfeilern, Thür- und Fensterbedeckungen; die Unterbrechung größerer Wandflächen durch Wandpfeiler oder Nischen mit Statuen, Säulen oder Halbsäulen; Karyatiden oder Atlanten als Träger des Gebälkes, Arabeskenornamente unter Thür- und Fensterverdachungen, durchbrochene Arbeit an Balkonen, Arabesken- und Figurenfriese etc.; endlich gelegentliche Anwendung der Malerei mit dauerhaften, nicht allzu grellen Farben, welche den Profilierungen der Gesimse, Thür- und Fensterbekleidungen keinen Eintrag thun. Neuerdings hat die Fassadenmalerei im Anschluß an die Farbenlust der italienischen und deutschen Renaissance wieder eine größere Ausdehnung gewonnen. Ganze Fassaden werden mit Sgraffitomalerei in Schwarz, Braun, Rot, Gelb etc., mit Glasmosaiken und mit polychromen Gemälden überzogen. Auch werden diese verschiedenen Techniken kombiniert.