MKL1888:Feuerkugel

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Feuerkugel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 206
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Feuerkugel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 206. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Feuerkugel (Version vom 16.02.2024)

[206] Feuerkugel (Bolide), helle Lichterscheinung am Himmel, die äußerlich einige Ähnlichkeit mit einem Kometen hat, plötzlich auftaucht, wenige Sekunden sichtbar bleibt und meist, mit oder ohne Geräusch und unter Funkensprühen, explodiert, während ein leuchtender Schweif längere Zeit sichtbar bleibt. Hauptsächlich durch größere Helligkeit und scheinbaren Durchmesser, der nicht selten dem der Mondscheibe gleichkommt, unterscheiden sich die Feuerkugeln von den Sternschnuppen (s. d.). Die nach der Explosion auf die Erde herabfallenden Bruchstücke der F. sind die Meteoriten (s. d.). Die Anzahl der sichtbar werdenden Feuerkugeln ist nicht gering; im mittlern und nordwestlichen Europa hat man in wenigen Jahren mehr als 80 verzeichnet. Auf die einzelnen Monate verteilen sich die Feuerkugeln ungleich, am zahlreichsten sind sie, wie die Sternschnuppen, im August und November. Die Helligkeit der Feuerkugeln ist bisweilen außerordentlich groß. Die F. vom 3. Dez. 1861 verbreitete in 10 Meilen Entfernung einen Glanz, der den des Vollmondes übertraf; hiernach mußte die wahre Lichtintensität des Meteors gleich derjenigen von 68 Mill. Gasflammen sein. Die Farbe der Feuerkugeln ist meistens weiß. Unter 404 Meteoren fand J. Schmidt 344 weiße, 11 gelbe, 23 rote und 34 grüne. Das plötzliche Auftreten und rasche Verschwinden der Feuerkugeln verhindert in hohem Grad ihre genaue Beobachtung durch Fernrohre; nur zufällig hat man bisher die eine oder andre Erscheinung dieser Art teleskopisch betrachten können, wobei sich mehrere kleinere Körper in einer allgemeinen Dunsthülle zeigten. Interessantere Aufschlüsse ergab die teleskopische Beobachtung der Schweife von Feuerkugeln. Für das bloße Auge verschwindet ein solcher Schweif sehr rasch, im Fernrohr kann man ihn dagegen länger verfolgen und nimmt dabei merkwürdige Gestaltveränderungen desselben wahr. Die F., welche dem großen Eisenfall von Hradschina voraufging, hinterließ einen zickzackförmigen Schweif, der 31/2 Stunden am Himmel sichtbar blieb. Die Höhe, in welcher Feuerkugeln zuerst sichtbar werden, beträgt stets über 1 Meile. Die F. vom 3. Dez. 1861 stand beim Aufleuchten 28 Meilen über der Erde, die vom 4. März 1863: 181 Meilen; die erstere senkte sich und explodierte in 13,3 Meilen Höhe, letztere in 3,5 Meilen. Nur in sehr seltenen Fällen findet das Zerspringen der F. in geringerer Höhe als 1 Meile statt. Um so merkwürdiger ist das furchtbare Getöse, welches die Explosion einzelner Feuerkugeln begleitete und noch in meilenweiter Entfernung vernommen wurde. Die Feuerkugeln sind kosmische Körper, gewissermaßen kleine Planeten, welche aus dem Himmelsraum in die Nähe der Erde gelangen und durch den Widerstand, den ihnen die Luft entgegensetzt, in heftigstes Glühen geraten. Sich ablösende Teilchen bilden den leuchtenden Schweif, und die Explosion wird wahrscheinlich durch Gase verursacht, welche sich bei der hohen Temperatur im Innern der F. entwickeln.