MKL1888:Formelbücher

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Formelbücher“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 6 (1887), Seite 435
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Formelbücher. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 435. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Formelb%C3%BCcher (Version vom 06.01.2023)

[435] Formelbücher, Mustersammlungen für Urkunden und Briefe, im Anschluß an vorhandene Vorbilder verfaßt und daher eine wichtige Quelle der Rechtsgeschichte wie der Geschichte überhaupt. Die frühsten Spuren wissenschaftlicher Thätigkeit auf dem Rechtsgebiet, entstanden sie zuerst in den romanischen Staaten, bei den Franken und Westgoten, seit dem 8. Jahrh. auch im südlichen Deutschland, in Bayern und Alemannien. Die Formeln dieser ältern Zeit sind gesammelt von Eugène de Rozière: „Recueil général des formules“ (Par. 1859–71, 3 Bde.). Eine neue Ausgabe ist begonnen von K. Zeumer in den „Monumenta Germaniae historica“ (Legum Sectio V,1, Hannov. 1882) auf Grund von Vorstudien „Über die ältern fränkischen Formelsammlungen“ und „Über die alamannischen Formelsammlungen“ (im „Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde“, Bd. 6 u. 8, 1881–83). Unter den ältern Formelbüchern ist die Sammlung des Mönchs Marculf in zwei Büchern (um 660) die umfassendste und verbreitetste. Aus dem 9. Jahrh. stammt das „Formelbuch des Bischofs Salomo III. von Konstanz“ (hrsg. von E. Dümmler, Leipz. 1857). Drei Formelsammlungen aus der Zeit der Karolinger sowie Formeln über das Verfahren bei Gottesurteilen, aus Münchener Handschriften, veröffentlichte Ludw. Rockinger in den „Quellen und Erörterungen zur bayrischen und deutschen Geschichte“, Bd. 7 (Münch. 1857–58). Zu den ältesten Formelbüchern der päpstlichen Kanzlei gehört der „Liber diurnus“ (zwischen 685 und 751), neu herausgegeben von Rozière (Par. 1869). Über die zahllosen F. des spätern Mittelalters vgl. Rockinger, Über F. vom 13. bis zum 16. Jahrhundert als rechtsgeschichtliche Quellen (Münch. 1855); Derselbe, Über Briefsteller und F. in Deutschland während des Mittelalters (das. 1861), und Herm. Bärwald, Zur Charakteristik und Kritik mittelalterlicher F. (Wien 1858); mit Bezug auf böhmische Geschichte Franz Palacky in den „Abhandlungen der böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften“, 5. Folge, Bd. 2 u. 5 (Prag 1842–47). Eine Sammlung derselben veranstaltete Rockinger in den „Quellen und Erörterungen“, Bd. 9 (Münch. 1863–64). Im einzelnen sind hervorzuheben: die „Summa curiae regis“, mitgeteilt von O. Stobbe im „Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen“, Bd. 14 (Wien 1855); „Theoderich von Bocksdorffs Gerichtsformeln“, von H. Böhlau („Zeitschrift für Rechtsgeschichte“, Bd. 1, Weim. 1861); Arnold von Protzans „Summula dictaminum“, von Wattenbach herausgegeben („Codex diplomaticus Silesiae“, Bd. 5, Bresl. 1862); das Formelbuch des königlichen Notars Heinricus Italicus, von Joh. Voigt (Wien 1863); das „Baumgartenberger Formelbuch“, herausgegeben von Bärwald in den „Fontes rerum austriacarum“, Abt. 2, Bd. 25 (das. 1866); der „Liber cancellariae“ des Stanislaus Ciolek, gedruckt von J. Caro (das. 1871–74, 2 Tle.); endlich ein „Thorner Formelbuch“, von welchem H. Prutz und E. Steffenhagen in der „Altpreußischen Monatsschrift“, Bd. 6 und 8 (Königsb. 1869 u. 1871), Nachricht gegeben haben. Andre sind verzeichnet bei Österley, „Wegweiser durch die Litteratur der Urkundensammlungen“ (Teil 1, Berl. 1885). Im 16. Jahrh. fanden die F. in den deutsch geschriebenen Rhetoriken, Titular- und Kanzleibüchern ihren Abschluß.