MKL1888:Gärtnervogel

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gärtnervogel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 18 (Supplement, 1891), Seite 322
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Gärtnervogel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 18, Seite 322. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:G%C3%A4rtnervogel (Version vom 14.02.2024)

[322] Gärtnervogel (Amblyornis inornata), ein naher Verwandter der Lauben- u. Kragenvögel (s. d., Bd. 10), der in den Arfakbergen Neuguineas heimisch ist, und dessen höchst merkwürdige Instinkte erst in neuerer Zeit durch die Beobachtungen des italienischen Reisenden O. Beccari bekannt geworden sind. Es ist ein in beiden wenig voneinander verschiedenen Geschlechtern unscheinbarer, dunkelbrauner Vogel von der Größe einer Misteldrossel, den die Eingebornen wegen seiner Gartenanlagen Tukan Kobon (den Gärtner) nennen. Der G. baut sich wie die Kragenvögel ein Lusthaus, aber von andrer Konstruktion als diese, und umgibt dasselbe obendrein mit einem Lustgärtchen. Er wählt eine flache Stelle, umschichtet den Stengel einer Staude, den er zum Mittelpfeiler seines Lusthauses erwählt, mit einem Kegel aus Erdmoos und legt daran in geneigter Stellung Halme und Reiser, um eine kegelförmige Hütte von 0,5 m Höhe und 1 m Umfang zu erbauen. Die verwendeten Halme sind die dünnen und geraden Stengel einer Baumorchidee (Dendrobium-Art), die mit ihren kleinen Blättern lange frisch und grün bleiben und mit feinem, biegsamem Material durchflochten werden, um dem Zelte bessere Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit zu geben. Vor dem weiten Eingang der Hütte, deren Inneres den Vögeln einen hufeisenförmigen Gang um den Mittelpfeiler bietet, wird ein mehrmals so großer Raum, als ihn die Hütte bedeckt, als Garten eingerichtet, nämlich mit weichem, herbeigetragenem Moos bedeckt, und von Gräsern, Steinen und allen Gegenständen, welche die Harmonie stören könnten, frei gehalten, während der grüne Teppich mit öfter erneuerten Blumen und Früchten von lebhafter Färbung so regelmäßig bestreut wird, daß er das Aussehen eines wohlgepflegten Gartens gewährt. Namentlich häufig werden die aufgesprungenen Gardenia-Früchte, welche im Innern einen lebhaft gelben Samen zeigen, und eine ähnliche rosarote Frucht mit gelben Samen sowie Vaccinium-Blüten, zuweilen aber auch glänzende Insekten als Zieraten für den Lustgarten, in dem das Pärchen seine Flitterwochen verlebt (ohne aber in der Hütte zu nisten), gewählt. Die verwelken und abgeblühten Blumen, Früchte etc. werden auf Kehrichthaufen hinausgeworfen. Die Eingebornen nennen den Vogel, der sich sehr schwer fangen läßt, auch Burum Guru (Meistervogel), weil er Gesang und Schrei vieler seiner Landsleute und Nachbarn mit täuschender Genauigkeit nachahmt.