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MKL1888:Garbenbindemaschinen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Garbenbindemaschinen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 19 (Supplement, 1892), Seite 347348
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Garbenbindemaschinen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 19, Seite 347–348. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Garbenbindemaschinen (Version vom 14.05.2024)

[347] Garbenbindemaschinen. Unter diesem abgekürzten Namen werden Mähmaschinen mit Garbenbindern verstanden, d. h. Mähmaschinen, welche die geschnittene Frucht unmittelbar in der Maschine zu Garben abteilen und diese mit Bindfaden binden. In den Vereinigten Staaten Nordamerikas und in den Getreide bauenden Gebieten Kanadas sind diese Maschinen jetzt ganz allgemein eingebürgert, und es wäre dort eine Bewältigung der Ernte ohne dieselben nicht mehr möglich. Man nahm dort in der ersten Zeit der Einführung der Garbenbinder ihre ziemlich erheblichen Unvollkommenheiten, häufigen Stockungen, namentlich bei Lagerfrucht, Brüche des komplizierten Apparats, hohe Zugkraft gern in Kauf gegen den Vorzug der beträchtlichen Ersparung an Arbeitskräften, welche vielfach überhaupt nicht zur Verfügung standen. Allmählich haben sich die Unvollkommenheiten der Maschine verringert, so daß dieselbe derzeit nicht zu hoch geschraubten Ansprüchen genügt. Ihre Verbreitung nimmt aus diesem Grund auch in Europa, insbesondere in Deutschland und Österreich-Ungarn, immer mehr zu, und die Besitzer sind von der Arbeit und dem ökonomischen Werte derselben fast durchweg befriedigt. Namentlich die amerikanischen Maschinen von Wood, Mac Cormick, Adriance, Massey (aus Kanada), die englischen von Hornsby und Howard haben in den letzten Jahren viel Verbreitung gefunden, vor allem die beiden erstgenannten. Auch einige deutsche Fabrikanten, wie Zimmermann in Halle a. S. und Reuther in Hennef (Rheinpreußen), befassen sich bereits mit gutem Erfolg mit dem Bau dieser Maschinen.

Um ein zuverlässiges Urteil über den Wert dieser für die Landwirtschaft überaus wichtigen Maschinen zu gewinnen, schlug man bisher den Weg ein, Konkurrenzen derselben zu veranstalten, entweder mit Preiserteilung an die am besten entsprechenden Maschinen, oder einfach mit Veröffentlichung der gewonnenen Ergebnisse. Dieses in allen Ländern übliche Verfahren zeigt jedoch einige nicht unerhebliche Mängel, wie z. B. die kurze Arbeitsdauer der konkurrierenden Maschinen, ferner den Umstand, daß die Beurteilung stets nur unter einseitigen Verhältnissen erfolgte, z. B. bei besonders günstigem Stande der Frucht, endlich, daß über die Abnutzung der Maschinen kein Urteil gefällt werden konnte. Deshalb ist es nicht selten vorgekommen, daß eine auf derartiger Konkurrenz höchstprämiierte Maschine späterhin den Erwartungen nicht oder nicht in geeignetem Maße entsprach. Auch die an einzelnen Orten bestehenden Prüfungsstationen für landwirtschaftliche Maschinen waren nicht im stande, die Frage über den Gebrauchswert der G. zum Austrag zu bringen. Es kann deshalb als ein Verdienst des Professors Wüst in Halle a. S. angesehen werden, die Lösung dieser Frage auf einem andern Wege versucht zu haben. Auf seine Veranlassung wurden seitens des landwirtschaftlichen Zentralvereins der Provinz Sachsen Fragebogen an möglichst viele in der Provinz Sachsen angesessene Besitzer von Bindemaschinen ausgesandt und das Ergebnis der 79 bereitwillig erteilten Antworten in einer übersichtlichen, auch tabellarischen Arbeit veröffentlicht („Zeitschrift des landw. Zentralvereins der Provinz Sachsen“, Jahrg. 1891, Nr. 3). Dasselbe stützte sich auf die Urteile über 40 Maschinen von Wood, 11 von Massey, 11 von Mac Cormick, 8 von Hornsby, 5 von Howard, während 4 weitere Maschinen nicht in Rücksicht gezogen wurden, da die Antworten nur immer die Meinung eines einzelnen Besitzers zum Ausdruck brachten. Aus dieser Umfrage ergaben sich nun die nachfolgenden beachtenswerten Thatsachen, welche der angeführten Arbeit in gedrängtem Auszug entnommen sind: Im Mittel befriedigten 95 Proz. aller Maschinen bei gewöhnlicher Arbeit, 79 Proz. im ganzen. Als Vorteile der Garbenbinder werden angegeben: 1) Festgebundene gleichmäßige Garben, welche bei Regen weniger leicht vollständig durchnäßt werden, beim Aufsetzen in Scheuern und Feimen weniger Raum einnehmen und beim Dreschen rascheres Einlegen und deswegen größere Leistung der Dreschmaschine gestatten. 2) Möglichst wenig Verlust an Körnern, Ähren und Halmen, so daß das Nachrechen gewöhnlich überflüssig wird. 3) Geringerer Bedarf an Arbeitern. 4) Nach einzelnen Angaben sehr billige Arbeit. Übelstände der Maschinen sind dem entgegen, daß die Konstruktion noch manches zu wünschen läßt. Zunächst zeigen sich die endlosen Fördertücher, welche die Halme auf den Bindetisch heben, als nachteilig, weil sie leicht durch die Nässe des beregneten oder betauten Getreides ungünstig beeinflußt werden. Die meisten Wirtschaften beginnen deshalb die Arbeit erst nach dein Abtrocknen des Taues, so daß sich die tägliche Arbeitszeit trotz Wechselgespannen im Mittel nur auf 10,8 Stunden belief. Ferner zeigt sich als Übelstand, daß langes Getreide, wie Roggen und namentlich Rauhweizen, sich unter den Ähren umbiegen muß, um zwischen den beiden geneigten Fördertüchern durchgehen zu können. Hierdurch entstehen Verwirrungen der Halme, so daß sich die einzelnen gebundenen Garben nicht voneinander trennen lassen, überdies aber auch, namentlich bei reichen Ernten, zuweilen Verstopfungen am hintern Ende der Tücher. Eine in neuester Zeit eingeführte Verbesserung an der Woodschen Maschine beseitigt diesen Übelstand, indem anstatt der bisherigen drei Fördertücher nur ein einziges in Anwendung kommt, was den Vorteil bietet, daß die Halme von beliebiger Länge sein können, weil sie hinten über dem Tuch hervorstehen können. Auch treten bei schweren Ernten weniger leicht Verstopfungen ein. Das Reißen der Bindeschnur gehört bei allen Maschinen zu den häufigsten Betriebsstörungen, welche stets mit Zeitverlusten verbunden sind, da mit alleiniger Ausnahme des Massey-Binders stets ein neues Einfädeln notwendig ist.

Die Verwendbarkeit der Bindemaschine umfaßt außer Getreide auch Bohnen, Raps, Wickfutter und Lupinen. Weitaus die meisten Maschinen (95 Proz.) wurden zum Mähen des Weizens verwendet, welcher sich bei nicht zu langen Halmen, aufrechtem und nicht zu dichtem Stande vorzüglich mäht. Auch Hafer mäht und bindet sich gut, desgleichen Gerste, jedoch benutzte man da, wo die Maschinen sonst voll beschäftigt werden konnten, dieselben gewöhnlich nicht für Gerste, [348] weil man das Beregnen der gebundenen Garben mehr als bei anderm Getreide fürchtet. Roggen eignet sich seiner beträchtlichen Länge und seiner geneigten Ähren wegen weniger zum Binden mit der Maschine. Bei Lagergetreide hat man beim eigentlichen Mähen dieselben Schwierigkeiten wie bei andern Maschinen, d. h. man kann gewöhnlich in der Richtung des Lagers nicht, dagegen in den drei andern Richtungen bei nicht zu starkem Lager arbeiten. Liegt das Getreide seitlich zur Fahrrichtung, so lassen sich die Halme nach dem Durchgang durch die Fördertücher nicht gut in einzelne Garben abtrennen; es hängen vielmehr die gebundenen Garben zusammen und können nur durch Auseinanderreißen getrennt werden. In betreff der Dauerhaftigkeit der Bindemaschinen ergab sich, daß einzelne derselben in fünf Ernten über 200 Hektar gemäht haben und noch ganz gut in Stand gehalten werden konnten. Wüst folgert aus den vorliegenden Erfahrungen, daß die Maschinen bei gehöriger Unterhaltung 400–500 Hektar mähen können, ehe man sie durch neue ersetzen muß. In den ersten Jahren sind die Unterhaltungskosten zumeist niedrig, steigen aber alsdann mit vermehrter Abnutzung der arbeitenden Teile und betragen nach fünf Ernten rund 2 Mark pro Hektar der ganzen bis dahin gemähten Fläche.

Als Bindematerial werden Schnüre aus Manillahanf oder aus italienischem Hanf verwendet. Der Schnurverbrauch ist außerordentlich verschieden, nicht nur nach der Verschiedenheit des Ertrages, der Festigkeit des Bindens und der Art der Knotenbildung, sondern auch nach der Art des Bindematerials. Die Angaben schwanken zwischen 1,9 und 10,8 kg für das Hektar; im Durchschnitt betragen dieselben 4,6 kg. Zur Bespannung sind 2–4 Pferde erforderlich; bei in der Regel zweispännigen Maschinen wird unter ungünstigen Umständen dreispänniges Fahren erforderlich. Als leichtzügigste Maschine hat sich die Masseysche erwiesen, eine Thatsache, welche auch anderwärts bestätigt wird. In den weitaus meisten Fällen wird mit Wechselgespannen gearbeitet, und man pflegt namentlich bei heißem Wetter die Pferde stets nach wenigen Stunden zu wechseln, was auch den Vorteil gewährt, daß man in vielen Fällen noch zweispännig fahren kann, wo dies bei lang andauernder Arbeit nicht möglich wäre. Zur Bedienung der Maschine wird vielfach nur ein Arbeiter verwendet, jedoch wird die Leistung merklich erhöht, wenn noch ein zweiter Arbeiter beigegeben wird, welcher beim Reißen der Schnur, bei Verstopfungen durch langes Getreide etc. nachhilft. In betreff der Leistungen der Maschinen ergab sich, daß die durchschnittliche jährliche Arbeitszeit 16,6 Tage betrug, die in der Ernte gemähte Fläche im Gesamtmittel 41,4 Hektar. Die mittlere tägliche Leistung belief sich auf 3,35 Hektar. Die Kosten der Arbeit stellen sich selbstverständlich sehr verschieden; Wüst berechnet dieselben pro Hektar aus den Ergebnissen der Berichte wie folgt: Zins, Abschreibung und Unterhaltung der Maschine 5,10 Mark, Schnur 6,90 Mk., Öl 0,20 Mk., Bespannung und Bedienung 6,60 Mk., Gesamtkosten für 1 Hektar 18,80 Mk. Wenn diese Zahlen auch keine unbedingte Richtigkeit für alle Verhältnisse besitzen, so liefern sie doch immerhin einen wertvollen Anhaltspunkt zum Vergleich mit andern Methoden des Erntens.

Schließlich bleibt noch zu erwähnen, daß trotz dieser im großen und ganzen günstigen Erfolge die heutige Anordnung der Maschinen noch keineswegs als eine endgültig feststehende betrachtet werden kann. Dies wird selbst von den im Bau der Bindemaschinen bisher erfolgreichsten Fabrikanten und Erfindern anerkannt, indem dieselben unermüdlich bestrebt sind, die für die gesamte Landwirtschaft so überaus wichtige Bindemaschine immer zuverlässiger und, soweit dies überhaupt möglich erscheint, auch einfacher herzustellen. Ein großer Erfolg in dieser Hinsicht würde es sein, wenn es gelänge, den Elevator, welcher bei fast allen bisherigen Maschinen in Anwendung kommt, um die geschnittene Frucht in den Bindeapparat zu führen, zu beseitigen. Bereits oben ist darauf hingewiesen worden, daß die neuesten Maschinen Woods mit nur einem Fördertuch ausgerüstet sind, aber auch eine erst im J. 1891 eingeführte Maschine von Adriance, Platt u. Komp. in Poughkeepsie (New York) über welche jedoch noch keine hinlänglichen Erfahrungen aus der Praxis der Landwirtschaft, wenigstens nicht aus Deutschland und Österreich-Ungarn, vorliegen, wendet anstatt des Elevators ein horizontales, über die Plattform gespanntes endloses Band an, wodurch sich eine nicht unerhebliche Vereinfachung des gesamten Apparats ergibt. Auch andre, mehr die einzelnen Teile betreffende Verbesserungen sind in der neuesten Zeit aufgetreten, so daß jetzt wohl mit Sicherheit angenommen werden kann, daß die Bindemaschine in nicht zu ferner Zeit allen Ansprüchen gerecht werden wird.