MKL1888:Gartenbau

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gartenbau“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Gartenbau“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 6 (1887), Seite 919922
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Gartenbau
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Gartenbau. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 6, Seite 919–922. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gartenbau (Version vom 20.10.2023)

[919] Gartenbau ist schon in der vorgeschichtlichen Zeit getrieben worden, das beweisen die Felsengräber in Beni Hassan (Ägypten), in denen Abbildungen von Gärten gefunden wurden, auch der in Tell el Amarna in Mittelägypten von Lepsius gefundene Plan eines Gartens des dortigen Königs, der zu Anfang des 16. Jahrh. v. Chr. gelebt haben mag. Die Gärten waren regelmäßig angelegt und hatten den Vorteil der Bewässerung durch vollkommen ausgeführte Wasserleitungen. Von den Kulturpflanzen unterscheiden wir die Sykomore (Ficus Sycomorus L.), die Dumpalme (Hyphaene thebaica L.) und Dattelpalme (Phoenix dactylifera L.). In den Pyramiden sind die Samen gefunden worden von folgenden Gartenpflanzen: Acacia nilotica, Allium Porrum, Balsamodendron, Balanites aegyptiaca, Cichorium Intybus, Citrullus edulis, Cucumis sativus, Cyperus esculentus, Ficus carica, Hyphaene thebaica, Juniperus phoenicea, Mimusops Kummel, Nigella sativa, Punica Granatum, Ricinus communis, Raphanus sativus, Sapindus, Vitis vinifera. Auch die alten Inder hatten gut bewässerte und ganz regelmäßig angelegte Gärten, in denen für jede Pflanzenart meist eine besondere Abteilung bestimmt war. Anders in China, wo der Land- und Gartenbau, ihretwegen auch die Wasserwirtschaft, sich stets in der höchsten denkbaren Blüte befand. Kein Volk der Erde hat den G. so kultiviert wie die Chinesen; in ihm haben Herrscher und Reiche einen Luxus entwickelt, der wegen Verbrauchs von Land, Wasser und Arbeitskräften die Landwirtschaft gefährdete und öfters in die Geschicke des Landes eingriff. Der jetzige kaiserliche Garten bei Peking hat 80 km Umfang und ist in der Nachahmung der Natur ein Nonplusultra aller Gartenkunst. Landschaften aller Art, von der lieblichsten bis zur großartigsten, wechseln in demselben; der Pflanzenwuchs aller Zonen ist in ihm in der prächtigsten Entwickelung, Bäche, Flüsse, Seen, Dörfer und Schlösser beleben das Bild. Aber die Bewohner der Dörfer sind eine Art Schauspieler; sie stellen für den Kaiser, je nach den Anordnungen des Hofmarschalls, in schmucker Kleidung Fischer, Matrosen, Arbeiter, Handelsleute, Bauern, Soldaten etc. vor und führen dem Herrscher, welchem die strengste aller Etiketten das Erscheinen vor dem wirklichen Volk verbietet, ein verfeinertes Spiegelbild desselben vor. Die Liebhaberei der Chinesen für Zwergbäume läßt die Anordnungen auch in den größten Gärten doch meist sehr kleinlich erscheinen. Die Gärten Japans gleichen den chinesischen, wie die beiden Völker sich gleichen. Derselbe Gedanke liegt ihnen zu Grunde, nur ahmen jene die Natur noch treuer nach und suchen große Landschaften im kleinen nachzubilden. Von dem Gärten des semitischen Volksstammes, namentlich der echten Araber, Syrer und Assyrer, kennen wir diejenigen des Königs Salomo in Jerusalem und der Königin Semiramis in Babylon, von denen letztere, großartige Terrassen mit Freitreppen, nicht von ihr (2080–1900, nach andern 1200 v. Chr.), sondern von Nebuchodonosor (605–562), vielleicht auch von der kühnen Nitokris, der Mutter des Labonit oder Balthasar (wurde 508 getötet), angelegt wurden. Salomo (1015) war ein großer Gartenfreund und zog, vielleicht zum Unterricht, Gewächse aller Art „von der Zeder bis auf den Ysop, der aus der Mauer wuchs“; in einem zweiten Garten zog man allerhand meist aus Indien eingeführte Gewürzkräuter. Der ältere Kyros (559–529), der Gründer des großen persischen Reichs, beförderte den Obstbau durch weise Gesetze und durch Schulgärten bei den Anstalten, in denen die Kinder der Großen seines Reichs erzogen wurden. Dareios (521–485) ließ bei den Karawansereien der königlichen Poststraße die herrlichsten Paradiese anlegen, schattige Parkanlagen mit Tiergärten, wo auch den Reisenden nach beschwerlicher Tagfahrt ein kühles Quartier und frisches Wasser geboten wurden. Dem jüngern Kyros (gest. 401) werden zwei solcher Paradiese zugeschrieben, schattige Alleen und Haine von Platanen, Cypressen und Palmen, zwischen denen die breitblätterige Aloe, herrliches Rosengebüsch und mannigfache Obstbäume, zahlreiche Blumen, zierliche Kioske, schattige Ruhesitze, Springbrunnen, Vogelhäuser und Aussichtstürme verteilt waren. Von Obstarten dieser Länder wurden und werden heute noch genannt: Weintrauben, Quitte, Pfirsich, Lotospflaume (Diospyrus Lotus), Pflaumen und Birnen.

In Griechenland waren die Ureinwohner dem Waldkultus ergeben; spätere Einwanderer vom Norden wie von Ägypten und Kleinasien brachten ihre Götter und ihre Führer (später Könige genannt und zu Heroen, d. h. Göttern zweiten Ranges, erhoben) mit, die zahlreiche Nutzpflanzen einführten, aber die Wälder lichteten und um die bald versiegenden Quellen Haine pflanzten, auch für künstliche Bewässerung des Landes sorgten. Aus Homers „Odyssee“ sind der Hain der Kalypso und die dem Helden Odysseus gehörende Insel Ithaka bekannt, ein zusammenhängender, regelmäßig eingeteilter Obst- (und wohl auch Gemüse-) Garten. Von Obstarten werden genannt: Birnen, Feigen, Granaten, Oliven, Äpfel und Weintrauben. Im 5. Jahrh. v. Chr., in Griechenlands klassischer Zeit, gingen Feld- und Gartenbau zurück, man lebte meist in den Städten, wo einige wenige regelmäßige Anpflanzungen den Einwohnern als Erholungsorte dienten, oder wo die Weltweisen Platon und Aristoteles ihre Schüler um sich versammelten. Die Gemüse des alten Griechenland waren ziemlich diejenigen unsrer Tage. Aber die Halbinsel mit ihrer Blüte erlag im Anfang unsrer Zeitrechnung fremden Eroberern, und erst in neuerer Zeit sprach man wieder vom G. auch in Griechenland, unter andern von dem Schloßgarten, welchen Königin Amalie in Athen anlegen ließ, und der ein Wunderwerk von Schönheit sein soll; in neuester Zeit hat zwar, nach Professor X. Landerer, der G. eine immer größere, allgemeine Ausdehnung gewonnen, dem aber der harte Winter 1879/80 ganz bedeutend geschadet hat.

In Italien hatten die alten Römer die Nutz- (Gemüse- und Obst-) Gärten vom Lustgarten getrennt. Letzterer, durchaus regelmäßig gestaltet, wenn er sich an die Villa anschloß, war mit zahlreichen Schlingpflanzen an der Veranda, zierlichen Blumenbeeten und künstlich zu allerhand Figuren zugeschnittenen Bäumen versehen. Die Parkanlagen hatten eine bedeutende [920] Ausdehnung, waren gleichzeitig Tiergärten, von Mauern u. dgl. eingeschlossen, mit in Stein gefaßten Fischteichen, einem Geflügelhof und Marmorbecken, in deren Nähe Sitzplätze und Gartenhäuschen zum Betrachten der Schmuckvögel, und hatten oft ein architektonisch angelegtes Bassin mit Wasserkünsten, gewöhnlich von einer Säulenhalle umgeben. Am berühmtesten war die Villa Hadriana des Kaisers Hadrian in Tibur am Sabinergebirge. Die Anlagen hatten 12 römische Meilen im Umfang, enthielten Berge und Thäler, Wasserfälle, Grotten, Wälder, Hippodrom, Theater und viele andre prachtvolle Gebäude. Hier wurde mit Benutzung mancher Überreste im 16. Jahrh. die Villa d’Este angelegt. Durch Tacitus kennen wir noch andre Kaisergärten Roms, auch den Park am Goldenen Haus des Nero. Sie hatten künstliche Seen und Wälder, glichen also einigermaßen unserm modernen Park. Auch im Italien des römischen Reichs waren die Bewässerungsanlagen vollkommen. – Nach dem Fall des römischen Reichs verdarb die Vermischung der verschiedensten Völker in Italien den Geschmack; die Besitzungen der Edlen waren unverteidigt, wurden geplündert und verwüstet, das Land ward nur für den notwendigsten Bedarf bebaut. Da erhoben sich endlich als die ersten ländlichen Besitzungen die Klöster, das eine oft neben dem andern, und während der Herrschaft der Päpste im 8.–12. Jahrh. waren die Mönche fast die einzigen, die sich mit Acker- und Gartenbau beschäftigten; Reiche und Mächtige schenkten ihnen, um sich Verzeihung ihrer Sünden zu verschaffen, große Flächen Landes mit Hörigen und belohnten ihre Thätigkeit als tüchtige Landwirte und Gärtner. Der Friede äußerte sich auch durch Einführung vieler fremden Pflanzen aus dem Orient, namentlich durch reiche Venezianer und Genuesen. Gaspar de Gabriel, ein reicher toscanischer Edelmann, gründete 1525 den ersten botanischen Garten, dem bald der von Cornaro in Venedig, der von Simonetti in Mailand, von Pinetta in Neapel u. a. folgten. 1545 wurde vom Senat in Venedig die Anlage eines öffentlichen botanischen Gartens in Padua bewilligt, Papst Pius V. ließ den in Bologna einrichten, der Großherzog von Toscana den in Florenz, und bald darauf hatte beinahe jede bedeutende Stadt in Italien einen botanischen Garten. – 1493 wurde Amerika, 1498 der Seeweg nach Ostindien entdeckt und durch den neuerblühten Handel ein großer Luxus eingeführt, der sich auch im G. äußerte und den eigentlichen italienischen Gartenstil schuf. Italien gab Gesetze für hauptsächlich regelmäßige Gartenanlagen. Hohe, dichte, immergrüne Heckenwände und Pflanzungen, welche zugleich Schatten gewährten, stehende und springende Wasser, Grotten, die im Winter auch zur Aufbewahrung der Orangenbäume dienten, mußten die Glut des südlichen Himmels kühlen; reichbesetzte Blumenbeete, in ihrer Form der Architektur des Hauses entsprechend, erfreuten durch ihre Farben und Formen; Vögel und Vogelnester unterhielten in andrer Weise den Spaziergänger. Ausgrabungen zahlreicher Statuen u. a. aus alter Zeit gaben Gelegenheit, diese Kunstschätze wieder, oft vielleicht überreich, zu verwenden und zwar, der leichten Übersichtlichkeit wegen, möglichst symmetrisch. Die Villen, welche durch guten Geschmack und den Kunstwert ihrer Gärten sich auszeichneten, waren im 16. Jahrh. sehr zahlreich und sind zum Teil heute noch erhalten, viele durch Anlagen im natürlichen Stil erweitert. Von Privatgärten neuern Datums, ganz in diesem landschaftlichen Stil gehalten, verdienen Erwähnung: der des Chevalier Forti in Chiara bei Brescia, der Garten Casa Ramboldi bei Vicenza, Strozzi bei Florenz, der des Fürsten Stigliano Colonna in Neapel, Olivuzza und der Villa Tasca bei Palermo.

Frankreichs Gartenbau kennt im Anfang seiner Geschichte nur das rein Nützliche, erhebt sich nur langsam zur Beachtung der Blumen und erreicht erst sehr spät das ästhetisch Schöne; jedes angenehme und nützliche Erzeugnis des Land- und Gartenbaues stammt aus der Fremde, von den Phönikern, Griechen, Karthagern, Römern und Sarazenen. Karl d. Gr. (768–814) beförderte Acker-, Obst- und Weinbau auf jede Weise, er liebte die Gärten und erteilte seinen Gärtnern gern Verhaltungsbefehle. Er stand in freundschaftlichem Verhältnis zu dem abbassidischen Kalifen Harun al Raschid (gest. 809), durch den er die besten Gemüse und Früchte erhalten haben soll. Aber unter Heinrich IV. (1589–1610) nahm der Luxus mehr und mehr zu; selbst das Bedürfnis botanischer Gärten machte sich geltend; 1597 wurde ein solcher in Montpellier, 1626 der in Paris, 1650 ein solcher in Blois angelegt. Die Lustgärten bestanden zu Anfang des 17. Jahrh. nur aus einigen Rasenplätzen, wenigen Bäumen und Blumen, einigen Wasseranlagen, alles wild und vernachlässigt; sie alle waren eine armselige Nachahmung der italienischen Gärten, aber mit den lächerlichsten Übertreibungen. Diese führten endlich zu einer Krisis, d. h. zur Gründung des sogen. französischen Stils durch Lenôtre (s. d.); er legte im Auftrag Ludwigs XIV. den Garten von Versailles an, auch in den Formen des italienischen Stils, doch ohne deren kleinliche Zuthaten, ohne die Grotten und Wasserspielereien, aber mit einer bis ins einzelnste durchgeführten Symmetrie. Die Anlage war von großartiger Einfachheit und durch ihren Schmuck mit Wasserkünsten, Skulpturen und kleinen Bauwerken nach dem Geschmack der Zeit schön, aber in ihrer Größe, wenn nicht von bunter Volksmenge belebt, öde und traurig. Der französische Stil machte schnell seinen Rundlauf durch die zivilisierte Welt und erhielt sich bis Ende des 18. Jahrh. Doch schon die neuern französischen Anlagen schließen sich dem natürlichen Stil an, wenn auch das Suchen nach Effekt in Blumen- und Baumpflanzungen sich mehr als nötig geltend macht. Beispiele dieses neuern französischen Stils sind unter anderm: der Park von Monceau, die städtischen Anlagen von Paris, das Boulogner und das Vincenner Gehölz, das bizarre Wunderwerk der Buttes Chaumont, Ferrières, Besitzung des Chefs des Hauses Rothschild, der Garten Gustav v. Rothschilds in der Nähe des Palais d’Elysée. – In Spanien blühte der G. zur Zeit der Mauren und erreichte seinen höchsten Glanz ums Jahr 1000 unter Haschem II.; die mit Orangen, Blütensträuchern, Blumen, Kaskaden und andern Wasserkünsten in strenger Regelmäßigkeit, dem Charakter des Gebäudes entsprechend, gezierten Höfe der Paläste waren zauberhaft schön; aber die Araber wurden durch die Christen des nördlichen Spanien nach und nach zurückgedrängt, zuletzt gänzlich vertrieben. Unter Philipp III. erfolgte die Ausweisung aller Abkömmlinge der Mauren, und Spanien wurde durch den Verlust seiner fleißigsten Arbeiter beinahe in eine Wüstenei verwandelt. – Portugal hatte vor Jahren schon an den Umgebungen von Cintra bei Lissabon nach dem Ausspruch von Lord Byron in seinem „Childe Harold“ ein glorious eden, ein herrliches Paradies; aber seitdem hat ein kunstsinniger [921] und fein fühlender deutscher Fürst, der König Ferdinand (von Koburg), dort Gärten hervorgezaubert, mit denen kaum ein andrer Garten Europas sich messen darf. – Die holländischen Gärten glichen einem Schachbrett in der Einteilung; das Grottenwerk u. a. der italienischen und französischen Gärten ward hier zur kindischen Spielerei, alles ward kleinlich oder großartig langweilig. Die geschweifte, geschnörkelte Linie der Hausornamente, selbst der Giebel, kehrte in den Gärten an den Hecken wieder, und die Figuren des Schmuckstücks (Parterre) wiederholten dieselben Formen. Diese eigentümliche Mode der holländischen Gärten verbreitete sich um so schneller in Europa, je geschmackloser sie war, und je mehr Willkür dabei waltete. Die lebhafte Verbindung Hollands mit England war Ursache, daß auch hier der landschaftliche Gartenstil Eingang fand; Anlagen von größerer Bedeutung wurden aber nicht geschaffen, und der alte holländische Stil ist noch nicht erloschen, das beweisen die Gärten des Villendorfs Broek, wo man alle Spielereien, namentlich in den Baumfiguren, wiederfindet. Dagegen ist Holland groß in der Blumenzucht (Blumenzwiebeln), Baumschule, Obst- und Samenzucht für den Handel.

In England wurden bis Ende des 17. Jahrh. die Gärten regelmäßig angelegt, und Gabriel Thouin spricht den Engländern das Verdienst ab, den natürlichen Stil eingeführt zu haben; er behauptet, daß Dufresnoy zu Anfang des 18. Jahrh. auf einem Grundstück in der Vorstadt St.-Antoine bei Paris den ersten Mustergarten im natürlichen Stil angelegt und somit die Grundzüge des später „englischer Stil“ genannten Geschmacks vorgezeichnet habe. Andre dagegen meinen, daß dieser Stil als ein notwendiges Ergebnis des Fortschritts im Geschmack und der Verfeinerung anzusehen sei, welcher wohl noch durch die Nachrichten von den chinesischen Gärten zu Ende des 17. Jahrh. beschleunigt wurde, aber kaum mehr als durch vorhandene Beschreibungen der römischen Schriftsteller und moderner Dichter von Naturschönheiten. Mason, der Dichter, behauptet in einer Note im „English garden“, daß Bacon der Prophet, Milton der Herold des neuen Stils, Addison, Pope und Kent die Ritter des wahren guten Geschmacks gewesen seien. Größere Bedeutung erlangte Brown, Obergärtner in Stowe (bis 1750), dann bei dem Herzog von Grafton, dem er einen großen See anlegte, der ihm hohen Ruf verschaffte: er wurde königlicher Gärtner in Hamptoncourt und Windsor. Gärtner von Bedeutung waren außerdem: Hamilton, Shenstone (1764), Mason (1768), Whately (1770), Repton (1752–1817), Price, Night und in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts der Architekt Chambers. Er war mehrere Jahre in China gewesen und hatte die dortigen Anlagen studiert. Dennoch gewinnt in England der neuere französische Stil mehr und mehr Raum.

In Deutschland wurde der erste Englische Park vom Baron Otto von Münchhausen in Schwöbber[WS 1] bei Hameln a. d. Weser 1750 angelegt; dann folgte Hinübers Englischer Garten in Marienwerder bei Hannover, 1765 der beide übertreffende Park zu Harbke bei Helmstedt, Besitzung des Grafen von Veltheim. Letzterer besteht noch und enthält die ältesten nordamerikanischen Bäume in Deutschland, besonders Eichen. 1768 wurde der berühmt gewordene, noch vielbesuchte Park von Wörlitz von Schoch und Neumann, vermutlich nach einem englischen Plan, in der phantastischen chinesisch-englischen Manier angelegt. Die mythische Unterwelt der Griechen, der Vulkan, Grotten etc. entzücken noch das große Publikum, aber auch der Naturfreund findet hohen Genuß an großen, gut bepflanzten Wasserstücken und herrlichen fremden Bäumen. – Für die Entwickelung des natürlichen Gartenstils in Deutschland hat in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Weimar einen großen Einfluß ausgeübt. Goethe, der Begründer einer neuen Richtung in der botanischen Wissenschaft, der Morphologie der Pflanzen, gab hier den Impuls; mit seinem fürstlichen Freunde, dem nachmaligen Großherzog Karl August, wandelte er die reizende Gegend an der Ilm im Süden der Stadt in einen Park um, wie er noch heute, durch Fürst Pückler-Muskau verbessert, als lehrreiches Beispiel vor unserm Auge steht. – Ein Vorkämpfer für den natürlichen Gartenstil war Hirschfeld, Professor in Kiel, ein Bahnbrecher in Deutschland v. Sckell in München, der im dortigen Englischen Garten und in Nymphenburg Musteranlagen geschaffen, ein Meister erster Ordnung Lenné, der mit seinem Schüler und Gehilfen G. Meyer Charlottenhof und die verschiedenen neuen Anlagen bei Sanssouci, letzterer allein die städtischen Anlagen von Berlin geschaffen. Ein Gartenkünstler von außergewöhnlicher Bedeutung aber war Hermann Fürst Pückler-Muskau, der bei seinem Muskau, später bei Branitz noch unübertroffene Muster moderner Gärten hinterlassen hat. Herrliche Gärten sind auch Glienicke, vom Prinzen Karl von Preußen (gest. 1883) angelegt und in stets gleichem Glanz erhalten, die Rheinanlagen der Kaiserin Augusta bei Koblenz, die Insel Mainau im Bodensee, der Park von Babelsberg bei Potsdam u. a. – Zum Schluß verdient noch eine Einrichtung der neuern Zeit Erwähnung: die sogen. Floragärten. Es sind großartige Einrichtungen mit Wintergärten und kunstvoll ausgeschmückt, parkartige Anlagen, in denen den Blumen eine ungewöhnliche Bevorzugung eingeräumt ist, mit einem prachtvollen Blumenparterre, worin Teppichbeete vorherrschen, und zu welchem die schattigen Alleen und Parkteile nur den Rahmen bilden. Wasserkünste, welche hier besonders gut angewendet wären, findet man in diesen Gärten nicht so häufig, wie man wünschen möchte. Als Muster dieser Art Gärten können gelten der Palmengarten in Frankfurt a. M., die Flora in Köln und die Flora in Charlottenburg, letztere mit einem sehr geschmackvoll bepflanzten Palmenhaus, ersterer mit unübertrefflichen Blumenparterres, die Flora von Köln mit einer Gärtnerlehranstalt verbunden.

Litteratur: Hirschfeld, Theorie der Gartenkunst, (Leipz. 1775; das größere Werk in 5 Bdn., 1779–85); v. Sckell, Beiträge zur bildenden Gartenkunst (Münch. 1818, 2. Aufl. 1825); Fürst Pückler-Muskau, Andeutungen über Landschaftsgärtnerei (Stuttg. 1834); R. Siebeck: Dekameron, 10 Gartenpläne mit Beschreibung (Leipz. 1856), „Ideen zu kleinen Gartenanlagen“, 24 Pläne (das. 1860), „Die bildende Gartenkunst in ihren modernen Formen“, 20 Pläne (das. 1860), „Elemente der Landschaftsgartenkunst“ (das. 1860), „Acht Gartenpläne“ (Berl. 1874); Petzold, Die Landschaftsgärtnerei mit Bildern nach Fr. Preller und K. Hummel (Leipz. 1862); G. Meyer, Lehrbuch der schönen Gartenkunst, mit Plänen (2. Aufl., Berl. 1873); Nietner, Gärtnerisches Skizzenbuch (das. 1878); Abel, Die Gartenkunst in ihren Formen planimetrisch entwickelt (Wien 1878); Neide, Ausgeführte Gartenanlagen (Berl. 1884); Kolb, Theorie des Gartenbaues (Stuttg. 1877); Metzger, Gartenbuch (5. Aufl., Frankf. 1874); [922] Schmidlin, Gartenbuch (4. Aufl. von Nietner u. Rümpler, Berl. 1883); „Wredows Gartenfreund“ (17. Aufl. von Gaerdt, das. 1885; neu bearbeitet von Hüttig, das. 1885); Regel, Allgemeines Gartenbuch (Zürich 1857–68, 2 Bde.); Jühlke, Gartenbuch für Damen (3. Aufl., das. 1874); Vilmorin, Illustrierte Blumengärtnerei (2. Aufl. von Rümpler, das. 1883); Courtin, Der deutsche Haus- u. Nutzgarten (2. Aufl., Stuttg. 1874); Wörmann, Der Garteningenieur (Berl. 1860–74, 9 Tle.); Hampel, Moderne Teppichgärtnerei (das. 1885); Rümpler, Gartenbaulexikon (das. 1882); Perring, Lexikon für Gartenbau und Blumenzucht (Leipz. 1882); außerdem die Schriften von Jäger, Hartwig und Hüttig. Zur Geschichte des Gartenbaues: Dietrich, Geschichte des Gartenbaues (Leipz. 1863); Teichert, Geschichte der Ziergärten und der Ziergärtnerei in Deutschland (Berl. 1865); Hüttig, Geschichte des Gartenbaues (das. 1879); Falke, Der Garten. Seine Kunst und Kunstgeschichte (Stuttg. 1884); Tuckermann, Die Gartenkunst der italienischen Renaissancezeit (Berl. 1885); v. Ompteda, Rheinische Gärten (das. 1885).

Zeitschriften: „Gartenzeitung“, Monatsschrift von Wittmack und Perring (Berl., seit 1882); „Wiener Illustrierte Gartenzeitung“ von Ritter Wawra von Fernsee und Bermann (Wien, seit 1876); „Deutsche Gärtnerzeitung“ von Möller (Erfurt, seit 1877); „Jahrbuch für Gartenkunde und Botanik“ (Bonn, seit 1883); „Die Gartenflora“ von Regel, Engler und Stein (Berl., seit 1852); „Illustrierte Gartenzeitung“ von Lebl (Stuttg., seit 1856); „Hamburger Garten- und Blumenzeitung“ von Goeze (Hamb., seit 1845); „Neuberts Gartenmagazin“ (seit 1848), neue Folge: „Illustrierte Monatshefte für die Gesamtinteressen des Gartenbaues“, hrsg. von Kolb u. Weiß (Stuttg. 1882 ff.).


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 348350
korrigiert
Indexseite

[348] Gartenbau. Wie in der Landwirtschaft, bemüht man sich auch im G., den Betrieb auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen. Die hierbei hervortretenden Aufgaben hat Kny übersichtlich besprochen. Unter den Lebensbedingungen der Pflanzen stehen die Nährstoffe mit Einschluß des Wassers, ferner Licht und Wärme in erster Linie. Während in letzterer Beziehung der Gärtner den gegebenen Verhältnissen weit mehr, als er wünschte, sich fügen muß, steht die Zusammensetzung des Kulturbodens ganz in seiner Hand, und doch bleibt merkwürdigerweise hier [349] noch das meiste zu thun. Für den Feldbau ist die Kenntnis der chemischen Zusammensetzung der Asche der Kulturpflanzen durch zahlreiche Analysen der Ernten gefördert. Im praktischen G. ist hieran fast nur bei Obstbäumen und Gemüsepflanzen gedacht worden. Der Gärtner begnügt sich im allgemeinen damit, der physikalischen Beschaffenheit des Vegetationsbodens seine Aufmerksamkeit zu schenken, in der chemischen Düngungsfrage ist er im großen und ganzen den Anschauungen seiner Urväter treu geblieben. Für die Beurteilung des Wasserquantums sowie der Licht- und Wärmemenge, welche für die Erziehung einer gegebenen Pflanze die günstigsten sind, wird der Gärtner, ebenso wie bei der Wahl der Nährstoffe, von den in der Natur gegebenen Verhältnissen ausgehen müssen. Betreffs der Wärme hat der Gärtner da, wo die Abmessung in seine Hand gelegt ist, Neigung, eher zu freigebig als zu sparsam zu sein. Häufig steht übrigens in dieser Beziehung der Gärtner Erscheinungen gegenüber, welche die Wissenschaft kaum noch sicher und vollständig beobachtet, geschweige denn genügend erklärt hat. So verhält es sich z. B. mit der Abhängigkeit der Keimung von den äußern Einflüssen, denen der Same nach der Reifung ausgesetzt war. Erste Aufgabe der Wissenschaft wird es hier sein, Vermutungen durch Thatsachen zu ersetzen. Sollte sich bei größern vergleichenden Versuchsreihen herausstellen, daß es z. B. Samen gibt, deren Keimung an den tierischen Verdauungsprozeß gebunden ist, so wäre zunächst zu untersuchen, ob die Förderung nur auf der Erweichung der Samenschale oder auf einem das Endosperm und den Embryo betreffenden chemischen Reize beruht. Ist letzteres der Fall, so würde im Anschluß an die vorliegenden Angaben über die Wirkung der Halogene und des Kampfers auf die Keimung zu ermitteln sein, ob der Einfluß der Tiere sich nicht durch künstliche Mittel sicherer und vollkommener ersetzen lasse.

Ein andres weites Feld von größter Tragweite für die Praxis eröffnet sich dem wissenschaftlichen G. in dem Studium der physikalischen Reize, welche die Keimung und Fortentwickelung der Pflanzen beeinflussen. Aus den von Schübeler angeregten, von Wittmack fortgesetzten Kulturversuchen ergibt sich, daß aus Getreidesamen, die einem hochnordischen Gebiet entstammen, in einem wärmern Klima rascher keimfähige Samen erzogen werden als aus den Samen von Getreidesorten desselben wärmern Klimas. Es fragt sich dabei, ob nicht die niedern Temperaturen, wenn sie vor der Keimung auf die Samen einwirken, die spätere Fortentwickelung der Pflanzen durch die von ihnen eingeleiteten Stoffwechselprozesse schon in derselben Generation fördern und nicht erst durch eine im Laufe der Generationen allmählich erworbene Eigenschaft. Versuche mit der erstbezeichneten Fragestellung sind nur in geringer Zahl von der St. Petersburger landwirtschaftlichen Gesellschaft, von F. Haberlandt und im botanischen Institut der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin angestellt worden. Sie haben ergeben, daß nicht nur die Samen verschiedener Arten bei gleicher Behandlung sich abweichend verhalten, sondern daß wahrscheinlich auch bei den Samen derselben Art die Behandlung, welche sie vor der Einwirkung des Frostes erfahren haben, von erheblichem Einfluß auf ihre Keimung und spätere Fortentwickelung ist. Besonders wirksam erwies sich in mehreren Fällen vorheriges Anquellen. Auch über die günstige Wirkung vorherigen Eintrocknens auf die Keimung der Samen sind vereinzelte Versuche ausgeführt worden, über welche Batalin auf der Naturforscherversammlung in Heidelberg berichtete.

Erwägt man, daß das Speichergewebe der Samen meist für längere Ruhe organisiert ist, so erscheint es verständlich, daß niedere Temperaturen und andre Einflüsse auch auf die perennierenden Organe erwachsener Pflanzen in analoger Weise einwirken. Müller (Thurgau) brachte 1. Juli fünf eben geerntete Frühkartoffeln in einen Eiskeller, fünf ihnen möglichst gleiche derselben Ernte in einen gewöhnlichen Keller. Nach 23 Tagen wurden die zehn Kartoffeln in das freie Land gebracht, und 1. Nov. wurde zur Ernte geschritten. Während die fünf Knollen des Eiskellers kräftige Pflanzen getrieben und 17 Knollen von 1025 g Gesamtgewicht erzeugt hatten, sahen die Triebe der andern fünf Knollen erst wenig über die Bodenoberfläche hervor und hatten noch keine neuen Knollen angesetzt.

Aus den Versuchen von Knight, Krasan und Frank ergibt sich, daß auch Zweige von Holzgewächsen durch längere erhebliche Abkühlung zu rascherer Entwickelung angeregt werden können. Verschiedene gärtnerische Erfahrungen lassen vermuten, daß Trockenheit in vielen Fällen mit Abkühlung im gleichen Sinne zusammenwirkt. Bedenkt man, wie sehr sich der Wert von Blumen und Früchten steigert, wenn der Gärtner sie in früherer Jahreszeit darbietet, so wird man die hohe wirtschaftliche Bedeutung solcher Untersuchungen ermessen.

Mit Bezug auf das Bestreben, gefüllte Blumen mit Sicherheit hervorzurufen, ist zu bemerken, daß über die Ursachen von Blütenfüllungen die verschiedensten Vermutungen ausgesprochen werden, von denen aber nur die wenigsten durch Versuche geprüft worden sind. Am wertvollsten sind die schon von Kölreuter und Gärtner gemachten Erfahrungen, daß durch Bastardierung die Neigung zur Blütenfüllung gesteigert wird. Von hohem Interesse ist die kürzlich von Peyritsch festgestellte Thatsache, daß tierische Parasiten aus der Milbengattung Phytoptus auch Blütenfüllungen hervorrufen. Ob hiermit eine Verminderung der Samenbildung verbunden ist, bleibt noch festzustellen.

Ob Aussicht vorhanden ist, daß der Gärtner bei einer gegebenen buntblühenden Pflanze eine bestimmte Farbenabwandlung rasch erreiche, hängt nach den bisherigen Erfahrungen hauptsächlich von zwei Vorbedingungen ab. Einmal muß die gewünschte Farbe bei einer nähern oder entferntern Verwandten der betreffenden Art vertreten sein. Dann aber spielt der Farbenkreis, dem die Art angehört, eine wichtige Rolle. Die erste Bedingung ist in der das ganze organische Leben beherrschenden Erblichkeit begründet. Will der Gärtner die Erblichkeit für seine Zwecke benutzen, so muß er die spontan auftretenden Variationen sorgfältig beobachten und die ihm zusagenden durch Zuchtwahl häufen und befestigen.

Nach der zweiten Richtung hin handelt es sich um chemische Vorgänge. Die roten, violetten und blauen Blütenfarbstoffe, welche fast ausschließlich als Lösung im Zellsaft vorkommen, lassen sich auch in einem mikroskopischen Präparat durch Hinzufügen von Säuren oder Alkalien ineinander überführen, während die gelben Farbstoffe erheblich verschieden von ihnen sind, ja der häufigere derselben, ähnlich dem Chlorophyll, an körnige Gebilde des Protoplasmas gebunden ist. Gegenüber dieser Verwandtschaft muß aber auch auf die Thatsache aufmerksam gemacht werden, daß das Licht die Entstehung dieser Farbstoffe [350] bei verschiedenen Pflanzen in sehr ungleicher Weise beeinflußt. Die roten Blüten der Tulpe (Tulipa Gesneriana), die violetten des Crocus, die blauen der Scilla sibirica kleiden sich auch in voller Dunkelheit in ihren Farbenschmuck, während die blauen Hyazinthen und die violetten Blüten des persischen Flieders bei Entfaltung im Dunkeln bleich werden. Erst dann, wenn die Zusammensetzung der Blütenfarbstoffe und die Art ihrer Entstehung innerhalb der Pflanze ermittelt sind, werden Versuche, die Farben auf künstlichem Wege in der Kultur zu ändern, in planvoller Weise ausgeführt werden können.

Unter den zahlreichen andern Problemen, bei welchen die botanische Wissenschaft mit der praktischen Erfahrung für die Förderung des Gartenbaues zusammenzuwirken hat, sind noch hervorzuheben die Fragen nach dem Ausreifen der Samen und des Holzes; nach der Art des Verwachsens vorher getrennter Pflanzenteile beim Pfropfen[WS 2]; nach der Erzeugung von Pfropfbastarden und ihren Eigenschaften; nach dem relativen Einfluß der verschiedenen Arten vegetativer Vermehrung und der Fortpflanzung durch Samen auf die Entwickelung des Pflanzenstoffes; nach den Gesetzen der Variationen und der Artenbildung.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schnöbber
  2. Vorlage: Propfen