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MKL1888:Genus

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Genus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 123
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Genus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 123. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Genus (Version vom 14.10.2022)

[123] Genus (lat.), Geschlecht, in der Zoologie und Botanik s. v. w. Gattung, in der Mineralogie Inbegriff derjenigen Mineralspezies, die einander dem Ansehen nach am ähnlichsten sind. In der Grammatik ist das G. oder Geschlecht der Substantiva ein dreifaches: G. masculinum, männliches, G. femininum, weibliches, G. neutrum, sächliches. Ein Substantivum, das sowohl männlich als weiblich gebraucht werden kann, heißt in der griechischen und lateinischen Grammatik commune oder generis communis (z. B. lat. canis, „Hund“ und „Hündin“); ein Tiername, der nur entweder als Maskulinum oder Femininum gebraucht werden kann, obschon er die Gattung im allgemeinen bezeichnet, heißt epicoenum. Die meisten Sprachen der Welt kennen das G. gar nicht; die Sprachen der Eskimo und andrer nordamerikanischer Stämme besitzen anstatt desselben eine Einteilung der Gegenstände in belebte und unbelebte; die Pulsprache in Zentralafrika teilt sie in menschliche oder vernünftige und in vernunftlose ein; die Bantusprachen Südafrikas unterscheiden eine viel größere Anzahl, manchmal bis zu 18 Klassen der Substantiva, mit denen die übrigen Satzteile (Verbum, Adjektivum etc.) in betreff ihrer grammatischen Form kongruieren müssen. Die semitischen Sprachen und die hamitischen Sprachen Nordafrikas (Altägyptisch, die Berbersprachen etc.) unterscheiden nur ein männliches und weibliches Geschlecht, bringen dasselbe aber auch an der dritten Person des Verbums zum Ausdruck. Auch in den indogermanischen Sprachen ist die Kategorie des sächlichen Geschlechts offenbar eine sekundäre, weshalb sie in den meisten Kasus mit dem männlichen formell zusammenfällt. Aus einer kindlichen Periode der Sprache stammend, in der man die am Menschen und Tier beobachtete Verschiedenheit der Geschlechter auf alle Objekte übertrug, wird das grammatische G. in allen neuern Sprachen als eine Last empfunden, deren man sich möglichst zu entledigen sucht; am weitesten sind bis jetzt in dieser Beziehung das Englische und das Neupersische gelangt. Auch am Verbum unterscheidet man nach dem Vorgang der alten Grammatiker zwei Genera, ein G. activum (ich schlage) und ein G. passivum (ich werde geschlagen), wozu im Griechischen noch als drittes G. das medium kommt, welches in der Regel eine reflexive oder intransitive Bedeutung hat (ich schlage mich, ich gehe).