MKL1888:Geologische Landesanstalten
[133] Geologische Landesanstalten, Institute, welche eine planmäßige, über das ganze Land ausgedehnte Kartierung, die Sammlung und wissenschaftliche Verwertung der geognostischen Beweisstücke sowie die Ausführung ergänzender Schürfungen und Bohrungen anzuordnen und zu überwachen haben. Die preußische geologische Landesanstalt, hinsichtlich des gesteckten Ziels das großartigste Institut dieser Art, wurde 1873 gegründet und nach der durch Statut von 1875 definitiv geregelten Organisation mit der 1860 gegründeten Bergakademie zu einer vereinigten Anstalt verbunden. Sie hat die Aufgabe, eine geologische Spezialkarte von Preußen und den thüringischen Staaten im Maßstab von 1 : 25,000 auf der Grundlage der sogen. Meßtischblätter des Generalstabs zu bearbeiten, im Anschluß an dieselbe wissenschaftliche Abhandlungen geologischen, paläontologischen und montanistischen Inhalts zu veröffentlichen und die gesammelten Gegenstände in einem geologischen Landesmuseum zusammenzustellen. Die Spezialkarten über das norddeutsche Schwemmland werden zugleich als Bodenkarten im Interesse der Land- und Forstwirtschaft ausgeführt. Unabhängig von der Landesanstalt läßt die Physikalisch-ökonomische Gesellschaft zu Königsberg Ost- und Westpreußen [134] kartieren und publiziert die Aufnahmen im Maßstab 1:100,000. Engsten Anschluß an die preußische streben die geologischen Landesanstalten Sachsens, Elsaß-Lothringens und Badens an; doch ist in den beiden letztgenannten Ländern die topographische Unterlage zum größten Teil noch erst zu schaffen. In Württemberg wird eine geologische Spezialkarte (1:50,000) vom statistisch-topographischen Büreau veröffentlicht und liegt bis auf wenige Sektionen vollendet vor, und in demselben Maßstab bearbeitete seit 1851 der Mittelrheinische Geologische Verein das Gebiet von Hessen-Darmstadt; neuerdings ist auch hier eine geologische Landesanstalt gegründet worden, deren erste Publikationen im Maßstab von 1:25,000 1886 erschienen sind. In Bayern besteht seit 1869 ein geognostisches Büreau, welches einige Musterwerke nebst Karten im Maßstab von 1:100,000 veröffentlicht hat. Besonders ausgezeichnet sind die bayrischen Untersuchungen durch den großen Maßstab (1:5000) der zu den Aufnahmen verwendeten Meßtischblätter. Österreich besitzt seit 1849 die geologische Reichsanstalt, welche „Verhandlungen“, „Abhandlungen“ und ein „Jahrbuch“ herausgibt. Die Kartenaufnahmen erfolgen in den verschiedenen Landesteilen auf Blättern im Maßstab von 1:28,800, 1:144,000 und 1:288,000, die kartographischen Veröffentlichungen als teilweise vollendete Detailblätter (1:144,000 und 1:288,000) und als vollständig erschienene Übersichtskarte (1:576,000). Außerdem liegt eine große Anzahl Spezialkarten einzelner Landesteile vor. Seit 1869 hat sich die ungarische geologische Landesanstalt als selbständiges Institut abgelöst, und in Prag besteht ein Komitee zur naturwissenschaftlichen Durchforschung von Böhmen. England hat in dem Geological survey of the United Kingdom und den mit diesem eng verbundenen Mining record office, Government school of mines und Museum of practical geology die älteste geologische Landesanstalt. Sie besteht seit 1835 und besitzt Zweiganstalten für Irland, Schottland und die meisten Kolonien. Die englischen, schottischen und irischen Aufnahmen erfolgen auf Karten von 1:21,120, die Publikationen im Maßstab von 1:63,360. Für Frankreich liegt als offizielles Werk die Carte géologique de la France (1:500,000) vollendet vor, ferner eine Anzahl von Departementskarten (1:80,000), welche von den einzelnen Departements durch verschiedene Geologen und ohne gemeinsamen Plan herausgegeben wurden. Seit 1867 ist eine einheitliche geologische Kartierung des Landes auf Grund der Generalstabskarten (1:80,000) vorgesehen, welche als Carte géologique detaillée bis 1890 vollendet werden soll. Daneben geben Vasseur und Carey als Privatunternehmen eine auf 48 Sektionen geplante Karte im Maßstab 1:500,000 heraus, von der bis jetzt 18 Sektionen erschienen sind. Über Belgien existieren eine ältere Karte (1:160,000) und eine Übersichtskarte (1:833,333), deren zeitgemäße Umarbeitung gegenwärtig Gegenstand von Verhandlungen in den Regierungskreisen ist. Die Niederlande besitzen eine offizielle geologische Karte (1:200,000) und sind mit neuen, an die preußischen sich anschließenden Aufnahmen beschäftigt. In Portugal publiziert eine Comissão geologico, in Spanien eine Comision del mapa geologica d’España geologische Karten, für ersteres Land im Maßstab von 1:100,000 (Übersichtskarte 1:500,000), für letzteres 1:200,000 (einzelne Landesteile auch im Maßstab von 1:25,000). Für Italien besteht seit 1861 ein Comitato geologico, welches ein Bülletin und Memoiren publiziert und mit der Kartierung auf Grund der zum Teil noch herzustellenden Generalstabskarten (1:50,000) beschäftigt ist. In der Schweiz arbeitet eine Kommission an einer Erweiterung der Carte géologique de la Suisse von Studer und Escher von der Linth (1:380,000 und als Übersichtskarte 1:760,000); als Unterlagen dienen die neuen topographischen Aufnahmen im Maßstab von 1:50,000 und 1:25,000. Von den skandinavischen Ländern hat namentlich Schweden die Aufmerksamkeit auf seine Publikationen gezogen. Die Sveriges geologisca undersökning ist seit 1858 organisiert und publiziert Karten im Maßstab von 1:50,000. Auch Norwegen besitzt offizielle Veröffentlichungen im Maßstab von 1:200,000. Rußland entbehrt zur Zeit noch einer Organisation der geologischen Untersuchungen; einzelne Aufnahmen, namentlich der Kohlenflöze, sind im Auftrag der Regierung in verschiedenen Reichsteilen erfolgt. In den Vereinigten Staaten Nordamerikas haben die einzelnen Staaten schon seit längerer Zeit hervorragende Opfer für geologische Untersuchungen teils in Form der Anordnung geologischer Aufnahmen, teils in der Organisation von Explorationsreisen gebracht. Daneben sind namentlich auch die Leistungen der Smithsonian Institution zu erwähnen. Eine einheitliche, das ganze ungeheure Staatsgebiet umfassende Organisation ist aber erst in neuerer Zeit durch eine in Washington domizilierende Zentralstelle angestrebt worden. Endlich sei noch Japan erwähnt, das seit 1876 eine geologische Landesanstalt besitzt, neuerdings sogar fast ausschließlich mit japanischem Personal besetzt. Vgl. Geologische Karten.