MKL1888:Georgische Sprache und Litteratur

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Georgische Sprache und Litteratur“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 150151
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Georgische Sprache und Litteratur. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 150–151. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Georgische_Sprache_und_Litteratur (Version vom 11.01.2023)

[150] Georgische Sprache und Litteratur. Die georgische oder grusische Sprache, zur Gruppe der südkaukasischen Sprachen gehörig (s. Kaukasische Sprachen), scheidet sich in das Altgeorgische (Kirchensprache) und das Neugeorgische, letzteres mit zahlreichen Dialekten. Das wahrscheinlich auf das griechische zurückgehende georgische Alphabet hat 40 Buchstaben und 2 Schriftformen: eine mehr kursive für den gewöhnlichen Gebrauch (Mkhedruli) und eine [151] von dieser sehr abweichende eckige (Khutzuri), welche meist in kirchlichen Schriften üblich ist. Als Schriftsprache läßt sich die georgische Sprache bis in das 10. Jahrh. hinauf verfolgen. Grammatiken lieferten besonders Brosset, die erste Autorität auf dem Gebiet des Georgischen („Éléments de la grammaire géorgienne“, Par. 1837), und Tschubinow (russ., Tiflis 1857), dem auch ein Wörterbuch verdankt wird: „Dictionnaire géorgien-russe-français“ (Petersb. 1840). – Die nicht unbedeutende georgische Litteratur beginnt mit der Einführung des Christentums, doch ist aus der ältern Epoche derselben wenig erhalten. Die Beschäftigung mit der Litteratur galt an den Höfen der georgischen Könige für ehrenvoll, und viele georgische Könige, Prinzen und Prinzessinnen traten als Schriftsteller auf. Besonders stark ist die theologische Litteratur vertreten, an deren Spitze die georgische Bibelübersetzung steht, die, angeblich schon im 10. Jahrh. begonnen, 1743 zu Moskau im Druck erschien; das Neue Testament wurde Moskau 1816 und Petersburg 1818 herausgegeben. Übersetzungen aus den Kirchenvätern, Gebetbücher, Heiligengeschichten etc. sind in großer Zahl vorhanden. Die erzählenden Dichtungen reichen bis in das 12. Jahrh. hinauf; die bekannteste ist „Tariel“, ein poetischer Roman in 8000 Zeilen. In neuester Zeit wurde in Tiflis eine georgische Schaubühne errichtet, auf welcher vornehmlich die Stücke des Fürsten Eristow gegeben werden. Aus der Rechtslitteratur ist das Gesetzbuch des Königs Wachthang V. aus dem 18. Jahrh. wichtig, welches für ganz Georgien Geltung erhielt. Unter den historischen Schriften ist das Hauptwerk: „Karthli’s Tskhowreba“ (Lebensbeschreibung Karthlis), eine vollständige, auf Befehl König Wachthangs V. zu Anfang des 18. Jahrh. zusammengestellte Chronik von Georgien (hrsg. von Tschubinow in der „Histoire de la Géorgie“, Petersb. 1849–57, 2 Bde.; franz. von Brosset, das. 1850–59). Um georgische Münzkunde machte sich neuerdings Langlois verdient durch seine „Numismatique géorgienne“ (Par. 1860). Außerdem ist die georgische Litteratur reich an Übersetzungen, besonders aus dem Griechischen, Arabischen, Persischen und den meisten modernen Sprachen Europas. Die meisten Erzeugnisse der georgischen Litteratur sind übrigens noch ungedruckt; Handschriften finden sich, außer im Land selbst, besonders in den Bibliotheken von Paris, St. Petersburg, Rom und Wien. Eine wertvolle Sammlung georgischer Münzen hat neuerdings das Berliner Münzkabinett erworben. Unter den georgischen Schriftstellern und Gelehrten der neuesten Zeit sind hervorzuheben: Fürst Bagratiew, Verfasser einer trefflichen Münzkunde, Fürst Eristow, Platon Josélian, Melanie Badridse, Verfasserin eines Romans: „Kato und Ana“ (Tiflis 1857), u. a.