MKL1888:Getreidereinigungsmaschinen

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Getreidereinigungsmaschinen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 271273
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Getreidereinigungsmaschinen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 271–273. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Getreidereinigungsmaschinen (Version vom 06.05.2024)

[271] Getreidereinigungsmaschinen, mechan. Vorrichtungen zur Abscheidung fremder Körper von dem Getreide und ähnlichen Früchten, wie Raps, Rübsen, Buchweizen, Erbsen, Gras- und Kleesamen, sowie zur Sortierung der Früchte nach der Größe, um verschiedene Qualitäten, als Saatfrucht und Marktware, zu gewinnen. Letztere Gruppe von G. führt speziell den Namen Sortiermaschine. Die einfache Reinigungsmaschine, auch Windfege genannt, scheidet schwerere und leichtere Körper von dem Getreide sowie größere und kleinere. Zu diesem Zweck besitzt dieselbe ein Gebläse, welches das im Fallen begriffene Getreide der Einwirkung eines Windstroms aussetzt und so das Abscheiden nach der Schwere bewirkt. Die leichten fremden Beimengungen, Spreu, Kaff, kleine Körner, Staub, unterliegen der Wirkung des Windes in stärkerm Maß als das gute und schwere Korn; sie werden demnach aus der Maschine geblasen. Einfachste G. bestehen nur aus der Windfege, eine Sortierung nach der Größe findet bei ihnen nicht statt. Letztere wird aber in neuerer Zeit von allen bessern G. bewirkt und erfolgt durch flache Siebe, welche bei schwacher Neigung in schüttelnde Bewegung versetzt werden. Körper, welche größer sind als die Durchgangsöffnungen (die Maschenweite) des Siebes, gleiten infolge der schüttelnden Bewegung in der Richtung der Neigung zur Seite herab und gelangen so aus der Maschine; kleinere Körper fallen durch das Sieb, passieren ein zweites, drittes etc. in verschiedener Maschenweite, bis die gewünschte Sortierung nach der Größe erreicht ist. Die Siebe können ausgewechselt werden, um jede Fruchtart sortieren zu können, zu welchem Zweck der Maschine ein „Sortiment“ Siebe beigegeben wird. Abgeschlagene Ähren, Strohstücke etc. werden von dem ersten Sieb zurückgehalten, seitwärts abgeführt und von dem Sortiergut getrennt. Zuweilen wendet man auch eine Stachelwalze an, welche derartige fremde Körper zurückhält, ehe sie in die Getreidereinigungsmaschine gelangen; dieselbe befindet sich vor dem Einlauf und erfaßt die größern fremden Körper. Die allgemeine Disposition gestattet keine große Mannigfaltigkeit. Abweichungen finden nur statt in der Anordnung der Siebe und in der Erzeugung der schüttelnden Bewegung derselben. Zum Betrieb dienen zwei Arbeiter, zumeist Frauen; die Leistung hängt hauptsächlich von der Größe der Siebfläche, also auch von der Breite der Maschine ab, ferner von dem Grade der Verunreinigung und von der Stetigkeit der Arbeit. Im Durchschnitt kann angenommen werden, daß die einfachern, in kleinern Wirtschaften benutzten G. von 36 bis 40 cm Arbeitsbreite täglich 60–80 hl reines Getreide fertigen, die bessern, aber auch kostspieligern, z. B. die Maschinen von Hornsby u. Baker, 150–160 hl bei Handbetrieb. Fig. 1 und 2 zeigen die typische Anordnung der gewöhnlichen G. in der Seitenansicht und dem Durchschnitt: a ist der Rumpf zum Aufgeben der Frucht, b der Schieber zur Regulierung des Einlaufs; cc sind die Siebe des ersten, d des zweiten Satzes; e ist der Ventilator, f das Gestänge zur Bewegung der Siebe von der auf der Ventilatorachse angebrachten Kurbel.

In neuerer Zeit wendet man außer dieser einfachen Maschine, welche sich in jeder Wirtschaft befindet, die sogen. Trieurs an, d. h. Sortiermaschinen, welche die Abscheidung der runden Unkrautsämereien, namentlich [272]

Fig. 1.
Getreidereinigungsmaschine. Seitenansicht.
Fig. 2.
Getreidereinigungsmaschine. Durchschnitt.
Fig. 3.
Marotsches Sortiersieb. Seitenansicht.
Fig. 4.
Marotsches Sortiersieb. Durchschnitt.

der Rade, sowie der verkümmerten kleinen Körner, kleiner Steine etc. bezwecken. Die gewöhnliche Windfege erfüllt diese Aufgabe nicht in vollkommener Weise, während der Trieur ein vortreffliches Saatmuster herstellt. Im Prinzip besteht derselbe aus einer Trommel, welche inwendig mit dicht aneinander stehenden, halbkugelförmigen Zellen von 4–5 mm Durchmesser versehen ist. Dieselbe wird in langsame Umdrehung versetzt und besitzt eine Einrichtung, um die an einer Seite durch einen Rumpf eingegebene Frucht allmählich nach dem entgegengesetzten, dem Austrittsende der Frucht hinzuführen. Gewöhnlich ist sie zu diesem Zweck schräg gelagert, so daß die Frucht bei der drehenden Bewegung herabgleitet, wobei die Trommel zuweilen noch parallel mit ihrer Achse hin- und hergeschüttelt wird. Die zellenartigen Vertiefungen besitzen eine derartige Größe, daß sie runde Unkrautsamen von Rade oder Wicke sowie zerbrochene und verkümmerte Körner aufnehmen können, während das gute Korn aus der innern Trommelfläche gleitet und infolge seiner Größe nicht in die Zellen eintreten kann. Bei der Drehung der Trommel wird der Zelleninhalt mit in die Höhe genommen; derselbe fällt schließlich herab und zwar in eine Rinne, welche sich innerhalb der Trommel parallel der Achse befindet. Hier sammeln sich also die Unkrautsämereien, Steine, zerbrochene Körner etc. an; sie werden abgeführt entweder durch eine innerhalb der Rinne gelagerte und in Umdrehung versetzte archimedische Schraube oder durch schüttelnde Bewegung. Am Ende der Trommel befinden sich zwei Ausläufe: der eine für den Inhalt der Trommel, d. h. für das gute Korn, und der zweite für den Inhalt der Rinne, das von diesem abzuscheidende Material. Häufig wird die beschriebene Vorrichtung kombiniert mit einer gewöhnlichen, aus gelochtem Blech hergestellten Siebtrommel, welche sich vor der Zellentrommel befindet und zum Abscheiden der feinern Verunreinigungen dient. Auf diese Weise verhütet man das Eintreten von Staub und Erde in die Zellentrommel und die hierdurch etwa entstehenden Verstopfungen der Zellen. Um das Festklemmen der Körner in letztern zu verhüten, hat man auch wiederholt die Einrichtung getroffen, daß ein Hammer auf die obere Fläche des äußern Trommelumfangs langsam auf- und niederschlägt. Vorzügliche auf diesem Prinzip beruhende Trieurs werden von Pernollet in Paris und Mayer u. Komp. in Kalk bei Köln gefertigt. Ihre Leistung beträgt in den Ausführungen, welche für die Verwendung in der Landwirtschaft bestimmt sind, stündlich mit drei Arbeitern 2–3 hl vollkommen gereinigtes Saatgetreide, ihr Preis 200–330 Mk., je nach der Größe. Die für Brauereien, Mühlen etc. bestimmten Trieurs werden in sehr großen Abmessungen hergestellt, durch Dampfkraft betrieben und ergeben auch dem entsprechend weit höhere Leistungen. Fig. 3 u. 4 geben die Seitenansicht und den Durchschnitt des Marotschen Trieurs, welcher nach dem eben geschilderten Prinzip konstruiert ist. Der Apparat wird durch die Handkurbel a in Bewegung gesetzt, welche sich auf der Welle des Zahnrades b befindet. Letztere setzt das Rad c und die durch die Trommel hindurchgehende Achse d in Umdrehung und somit das auf dieser befindliche Rad e. Durch dieses werden das Getriebe i und die Schraube j betrieben. Letztere liegt in der Mitte einer in dem Cylinder angebrachten Rinne, welche in gleicher Weise wie dieser in drei Abteilungen k, l und m geteilt ist. Das Getreide gelangt aus dem Rumpf n mittels des Trichters o in den Cylinder k. Derselbe ist an seinem innern Umfang mit Zellen von derartiger Größe versehen, daß sich nur Weizenkörner hineinlegen können. [273] Diese fallen bei der Drehung der Trommel in den Kanal 1, während Gerste, Hafer, zerschlagene Körner, Unkrautsamen etc. bis zu dem Punkt p gleiten, von wo sie in den Kasten 4 gelangen. In dem Kanal 1 befinden sich jetzt nur Weizen und die runden Körner von allen Größen. Die Schraube j schafft den Inhalt in den Cylinder l. Derselbe ist an seinem innern Umfang mit Aushöhlungen von derartiger Größe besetzt, daß sich die runden Körner von kleinstem und mittlerm Durchmesser hineinsetzen können, welche demnach in die Rinne 2 geworfen werden. In dieser Weise geht die Operation des Separierens weiter; alle übrigen Teile sind aus der Zeichnung verständlich und bedürfen keiner Erläuterung. Man kann mit dem Marotschen Sieb die Abscheidung in allervollkommenster Weise ausführen.

Die englischen Sortiermaschinen zur Herstellung eines guten Musters sind abweichend von der hier geschilderten Maschine konstruiert. Sie beruhen durchweg auf dem Prinzip der gewöhnlichen Siebtrommel, d. h. eines rotierenden Siebes mit allmählich sich verengernden oder erweiternden Durchgangsöffnungen, welch letztere stets verstellbar sind. Zuerst fanden diese regulierbaren Sortiertrommeln bei den kombinierten Dreschmaschinen Anwendung; in neuerer Zeit werden sie von vielen Fabrikanten auch als besondere Maschinen gefertigt, häufig mit der gewöhnlichen Windfege verbunden. Am beliebtesten sind die verstellbaren Cylindersiebe von Hornsby, Rainforth und Penney. Ein flaches Siebwerk englischer Konstruktion von Boby findet namentlich zum Sortieren der Gerste in den Mälzereien Anwendung.

Ganz originell ist die Getreidesortiermaschine von Josse in Ormesson konstruiert. Dieselbe hat die Aufgabe, leichte Teile, wie Spreu, Hülsen, Unkrautsämereien etc., abzusondern, was auch in bester Weise gelingt. Im Prinzip beruht der Apparat auf der Eigenschaft von Gemischen, sich bei schüttelnder Bewegung nach der spezifischen Schwere zu schichten; das gute Korn bleibt auf dem Boden einer schwach geneigten dreieckigen Platte liegen, während bei der Hin- und Herbewegung derselben die leichten Bestandteile sich auf der Oberfläche ansammeln. Die Platte wird durch drei federnde Stäbe getragen und entweder mittels einer Kurbel oder direkt hin- und hergeschüttelt. Sie ist an zwei Seiten mit einer Bande von 11 cm Höhe umgeben, während auf der hintern Seite nur eine Bande von 2 cm Höhe angebracht ist. In der Mitte der Platte befinden sich dreieckige Klötze, gegen welche das aufgegebene Material anprallt. Die schweren Körner gelangen allmählich in die Ausmündung, die leichtern werden durch das Anprallen zurückgeschleudert und treten an der hintern Seite über die niedrige Bande aus der Maschine. Fig. 5 stellt das Jossesche Sieb für den Betrieb mittels einer Handkurbel oder einer Riementransmission dar. Die Leistung des Josseschen Apparats beträgt 2,5 hl gereinigtes Getreide pro Stunde; die Separation ist eine vollkommene. – Die Maschinen zum Ausscheiden der Kleeseide (Cuscuta epithymum) von dem Kleesamen und der Luzerne, die Kleesamenputzmaschinen, finden in neuerer Zeit immer umfassendere Anwendung. Sie bestehen aus einem flachen oder cylindrischen Sieb mit derartig feinen Maschenöffnungen, daß der Seidesame hindurchtreten kann, dagegen der Kleesame längs des Siebes oder der Siebtrommel abgleitet. Einige Maschinen dieser Gattung wenden auch ein vollständiges System von verschiedenen Sieben an, wodurch die Maschine jedoch zu kompliziert wird und sich demnach nur für Saathandlungen, nicht aber für Wirtschaften eignet. Eine der bekanntesten Maschinen, von Schöll in Plieningen bei Stuttgart konstruiert, besteht aus einem flachen Sieb von 1,8 m Länge und 0,9 m Breite, welches aus Drahtmaschen, sieben auf das Zentimeter, von Messingdraht gebildet wird. Das Sieb hat eine schwach geneigte Lage und wird in schüttelnde Bewegung versetzt. Der Same gelangt auf dasselbe durch Vermittelung einer Zuführungswalze von einem Rumpf aus; die Trennung erfolgt derartig, daß die größern Körner, welche keinen Seidesamen enthalten, am Ende des Siebes herunterfallen, während die kleinern Körner durch das Sieb hindurchtreten. Sehr beliebt ist auch die nach dem Prinzip der Cylindertrommeln konstruierte Maschine von Pretzsch in Jena, welche eine fast vollkommene Abscheidung des Seidesamens von

Fig. 5.
Sortiermaschine von Josse.

dem Klee bewirkt. Vgl. Perels, Handbuch des landwirtschaftlichen Maschinenwesens, Bd. 2, S. 207–238 (2. Aufl., Jena 1880).