MKL1888:Gothaer

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gothaer“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 542
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Gothaer. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 542. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gothaer (Version vom 09.07.2021)

[542] Gothaer hießen die Abgeordneten der erbkaiserlichen Partei der deutschen Nationalversammlung, die nach dem Scheitern der in Frankfurt beschlossenen Reichsverfassung 26.–28. Juni 1849 in Gotha zusammenkamen und sich mit 130 von 148 Stimmen dahin vereinigten, das preußische Unionsprojekt vom Mai 1849 und die Wahlen zum Erfurter Parlament zu unterstützen; Gagern, Dahlmann, Beckerath, Beseler, J. Grimm, Mathy, R. Mohl, Simson, L. Häusser waren die hervorragendsten Häupter dieser durch die geistige Bedeutung und den Patriotismus ihrer Mitglieder ausgezeichneten Partei. Sie setzte auf dem Erfurter Parlament, das 20. März 1850 eröffnet wurde, 17. April die Annahme der vorgelegten unionistischen Verfassung durch; als das Parlament indes 29. April vertagt und nicht wieder zusammenberufen wurde, auch die preußisch-deutsche Union scheiterte, verlor die Bezeichnung G. ihren ursprünglichen Sinn, da sie keine parlamentarische Partei mehr bedeutete. Man nannte indes seitdem diejenigen Mitglieder der verschiedenen deutschen Landtage so, welche einem gemäßigten Liberalismus huldigten und für Deutschland eine bundesstaatliche Verfassung mit einem Parlament und dem Präsidium Preußens unter Ausschluß Österreichs, also das sogen. Kleindeutschland, erstrebten. In der Reaktionszeit der 50er Jahre sehr zurückgedrängt, spielte die Partei unter Georg v. Vinckes Leitung seit 1858 im preußischen Landtag unter der neuen Ära noch einmal eine Rolle, bis sie in Preußen durch die Fortschrittspartei, in Deutschland durch den Nationalverein, die ihre Tendenzen mit mehr Energie verfochten, beseitigt wurde und der Vergessenheit anheimfiel. Die jetzige nationalliberale Partei kann eine Wiederbelebung der G. genannt werden.