MKL1888:Gradmessungen
[593] Gradmessungen, Messungen eines bestimmten Bogens auf dem Umfang der Erde, sind schon seit alten Zeiten vorgenommen worden, um Größe und Gestalt der Erde zu ermitteln. Jede solche Messung besteht aus zwei verschiedenen Operationen, einer geodätischen, welche die absolute Länge des Bogens in einem bekannten Längenmaß, in Toisen, Meilen etc., bestimmt, und einer astronomischen, welche den Bogen nach Gradmaß mißt und damit sein Verhältnis zum ganzen Umfang feststellt. Die meisten G. sind auf Meridianen, also in der Richtung von Süden nach Norden, vorgenommen worden; in diesem Fall hat es der astronomische Teil der Arbeit mit der Ermittelung des Breitenunterschieds der beiden Endstationen zu thun, was man schon seit den ältesten Zeiten verhältnismäßig genau ausführen konnte. Später hat man auch Messungen in der Richtung eines Parallelkreises oder Längengradmessungen vorgenommen, bei denen es sich in astronomischer Hinsicht um Auffindung des Längenunterschieds der Endstationen handelt. Diese Aufgabe vermag man erst in neuerer Zeit mit befriedigender Genauigkeit zu lösen, namentlich seit Anwendung des elektrischen Telegraphen zu diesem Zweck.
Dem Altertum verdanken wir den ersten Versuch einer Bestimmung des Erdumfangs. Eratosthenes (276–194 v. Chr.) beobachtete nämlich zur Zeit des Sommersolstitiums in Alexandria die mittägige Zenithdistanz der Sonne = 7°12′, während an demselben Tag in der oberägyptischen Stadt Syene die Sonne im Zenith stand. Da er beide Orte auf demselben Meridian voraussetzte, so schloß er hieraus, daß ihre Entfernung ebenfalls 7°12′ oder der 50. Teil des Erdumfangs sei. Nun schätzte er aber diese Entfernung = 5000 Stadien und erhielt somit für den Erdumfang den Wert von 250,000 Stadien. Eine zweite Gradmessung aus dem Altertum ist die von Posidonius um 50 v. Chr. zwischen Rhodos und Alexandria ausgeführte. Der Breitenunterschied beider Stationen ergab sich durch Beobachtung des Sterns Kanopus gleich dem 48. Teil eines Kreises, und die Entfernung wurde nach der Dauer der Seereise = 5000 Stadien geschätzt, was 240,000 Stadien für den Erdumfang gab. Im Abendland wurden Arbeiten dieser Art erst nach dem Wiederaufblühen der Wissenschaften in Angriff genommen. Im J. 1525 bestimmte Fernel den Breitenunterschied zwischen [594] Paris und Amiens und ermittelte die Entfernung mittels Meßrades. Er erhielt, durch den Zufall begünstigt, den nahezu richtigen Wert von 56,746 Toisen für den Meridiangrad. Bis dahin stand der geodätische Teil der Gradmessung an Genauigkeit erheblich hinter dem astronomischen zurück. Bei diesem nämlich handelte es sich nur um Winkelmessungen, welche von den Arabern bereits mit einer Genauigkeit von 6 Minuten ausgeführt wurden. Zur Ermittelung der Entfernung aber mußte man sich der direkten Messung bedienen, die immer mit vielen Fehlerquellen behaftet ist. Eine neue Periode beginnt mit dem Niederländer Willebrord Snellius, welcher zuerst zeigte, wie man durch eine Triangulation, mittels Dreieckskette, auf dem Weg der Rechnung die Entfernung zweier weit entlegener Punkte ermitteln kann, nachdem man eine verhältnismäßig kurze Grundlinie und außerdem nur Winkel gemessen hat. Mit Hilfe einer Grundlinie von 326,4 Ruten rheinisch und Anwendung von 33 Dreiecken maß Snellius 1615 den Bogen Alkmar-Bergen op Zoom, erlangte indessen nur das ungenaue Resultat von 55,021 Toisen für den Meridiangrad. Eine spätere Revision durch Musschenbroek (1719) ergab den genauern Wert von 57,033 Toisen. Noch ist aus der Zeit nach Snellius die nach alter Art, aber sehr sorgfältig ausgeführte Kettenmessung des Engländers Norwood zu erwähnen: 1635 der Bogen London-York, 40 deutsche Meilen (57,424 Toisen).
Einen weit höhern Grad von Genauigkeit erlangten die Messungen durch Anwendung des Fernrohrs mit Fadenkreuz, eine Erfindung des Engländers Gascoigne (1640). So maß 1669 der Abbé Picard den Meridianbogen Amiens-Malvoisine und fand die Größe eines Grades = 57,060 Toisen, also den Erdumfang = 20,541,600 Toisen. Dieses Resultat diente Newton zur Grundlage bei seinen Arbeiten, die zur Entdeckung der allgemeinen Gravitation führten. – Während man bei den bisherigen G. aber die Erde als kugelförmig vorausgesetzt und nur ihre Größe gesucht hatte, trat nun ein neues Problem auf: Teils die von Richer 1672 in Cayenne beobachtete Verkürzung des Sekundenpendels in geringern Breiten, teils die theoretischen Arbeiten von Huygens und Newton hatten zu der Ansicht geführt, daß die Erde die Gestalt eines an den Polen abgeplatteten Rotationsellipsoids oder Sphäroids habe. Der von Picard gemessene Bogen war zu klein, um eine Bestätigung oder Widerlegung dieser Ansicht zu liefern. Die französische Akademie veranlaßte daher eine Fortsetzung der Picardschen Gradmessung nördlich bis Dünkirchen und südlich bis Collioure, zusammen 81/3°. Lahire übernahm 1683 den nördlichen, Dominique Cassini, später auch (1701) sein Sohn Jacques Cassini den südlichen Teil. 1718 war die Arbeit vollendet, und es ergab sich aus ihr eine Abnahme der Meridiangrade mit wachsender Breite; während nämlich auf dem südlichen Bogen 1° = 57,097 Toisen gefunden wurde, ergab er sich auf dem nördlichen = 56,960 Toisen. Nun müssen aber auf einem an den Polen abgeplatteten Rotationsellipsoid die Meridiangrade nach den Polen hin an Größe zunehmen. Die Franzosen schlossen daher, daß die Erde nicht an den Polen abgeplattet, sondern gerade umgekehrt in Richtung der Achse verlängert sei. Der hierdurch veranlaßte Streit zwischen Engländern und Franzosen führte zu zwei in der Breitenlage weit auseinander liegenden Expeditionen: die eine, am Äquator, aus Bouguer, La Condamine, Godin bestehend, maß unter Beihilfe des Spaniers Ulloa 1735–41 einen Bogen von 3°7′ (Tarqui-Couteschi) in Peru; die andre, Maupertuis, Clairaut, Lemonnier, Camus, Outhier, maß 1736 unter Mitwirkung von Celsius einen Gradbogen bei Torneå in Lappland. Diese einen entschieden größern Wert (57,438 Toisen) für den Meridiangrad liefernde Messung machte die Abplattung der Erde an den Polen gewiß. Die Messung in Peru ergab, dies Resultat bestätigend, am Äquator 56,753 Toisen. Von dieser Gradmessung hat die Toise du Pérou ihren Namen, die seitdem die Maßeinheit der höhern Geodäsie gebildet hat. Es wurde nämlich der eiserne Maßstab, der bei dieser Messung benutzt worden war, zum Normalmaßstab erklärt an Stelle des 1688 in eine Treppenstufe des Pariser Châtelet eingelassenen, und zwar sollte eine Toise seine Länge bei 13° R. sein. Inzwischen hatten Cassini de Thury und Lacaille bei einer Revision der ältern Messungen 1740 als mittlere Größe des Meridiangrads in Frankreich 57,012 Toisen gefunden, auch eine Zunahme der Größe der Grade mit wachsender Breite erkannt. Es folgten dann im vorigen Jahrhundert noch eine Anzahl G., sämtlich zu dem Zweck, die Größe der Abplattung der Erde, d. h. das Verhältnis der Differenz zwischen dem äquatorialen und polaren Halbmesser zum erstern, genauer zu ermitteln. Lacaille nahm die erste Gradmessung auf der südlichen Halbinsel vor, indem er 1751–53 am Kap der Guten Hoffnung einen Bogen von etwa 11/4° maß. Mason und Dixon maßen 1768 in Pennsylvanien einen Bogen von 1°28′45″ mit der Kette; in demselben Jahr nahm auch Beccaria bei Turin eine Meridianmessung vor. Alle diese Arbeiten wurden aber an Ausdehnung wie Genauigkeit übertroffen von der großen französischen Gradmessung, welche, 1792 von Méchain und Delambre begonnen, 1808 von Arago und Biot zu Ende geführt, einen Bogen von 12°22′13″ = 705,257,21 Toisen von Dünkirchen (51°2′9″ nördl. Br.) bis Formentera (38°39′56″ nördl. Br.) umfaßt. Hauptzweck dieses Unternehmens war die genaue Ermittelung der neuen französischen Längeneinheit, des Meters, welches nach Dekret vom 26. März 1791 der zehnmillionte Teil des Erdmeridianquadranten sein sollte. Aus den Messungen von Méchain und Delambre ergab sich das Meter = 443,296 Pariser Linien = 0,5130740 Toisen, und diese Länge wurde durch einen in Paris aufbewahrten Platinmaßstab bei der Temperatur von 0° C. fixiert. Bessel hat indessen später gezeigt, daß dieser Wert nicht ganz den Bestimmungen jenes Dekrets entspricht; es hat nämlich der Erdquadrant in Wirklichkeit 10,000,856 m statt 10,000,000, und das Meter müßte, um der gesetzlichen Bestimmung zu genügen, 443,334 Pariser Linien betragen, – Aus dem 19. Jahrh. ist zunächst die Revision der Maupertuisschen Gradmessung durch Svanberg und Ofverbone zu erwähnen; dieselben verlängerten 1801–1803 den Bogen bis zu 1°37′19,6″ von Malörn bis Pahtawara. In England wurde 1800 die von Roy begonnene Messung bis auf etwa 3° fortgesetzt, später aber mit der allgemeinen Triangulation Großbritanniens noch auf 10°21′31,4″ erweitert (von Dunnose auf der Insel Wight bis Saxaford [Shetlandinseln]). Die englische Gradmessung ist übrigens mit der französischen in Verbindung gesetzt worden, beide zusammen umfassen einen Bogen von 22°. Zu den größten Meridianmessungen gehört die zweite ostindische. 1802 bestimmte Lambton die Länge eines Bogens von 1°34′56,4″ zwischen Trivandeporum (11°44′53″ nördl. Br.) und Pandrin (13°19′49″ nördl. Br.), [595] und 1805 begann derselbe eine neue, später vom Obersten Everest auf 21°21′16″ erweiterte Messung, die von Punnä (8°9′32″ nördl. Br.) bis Kaliana (29°30′48″ nördl. Br.) reicht. In das zweite und dritte Jahrzehnt unsers Jahrhunderts fallen die G. Von Schumacher zwischen Lauenburg und Lyssabbel (1°31′53,3″), die von Gauß zwischen Göttingen und Altona (2°0′57,4″) und die von Bessel und Baeyer in Ostpreußen zwischen Trunz und Memel (1°30′29″); in das fünfte Jahrzehnt die etwa 41/2° umfassende Gradmessung am Kap der Guten Hoffnung, welche Maclear 1842–52 ausführte. Alle frühern Arbeiten dieser Art überragt aber an Ausdehnung die russisch-skandinavische, welche, 1817 vom General Tenner und dem Astronomen Wilh. Struve begonnen, in Schweden und Norwegen 1845–52 unter Selanders und Hansteens Leitung bis zum nördlichsten Punkt, Fuglenaes bei Hammerfest auf Kval-Ö (70°40′ nördl. Br.), und gleichzeitig bis 1853 in Bessarabien bis an die Donau, Staro-Nekrassowska bei Ismail (45°20′ nördl. Br.), = 1,447,786,78 Toisen fortgeführt wurde.
Nächst den Meridiangradmessungen sind auch noch eine Anzahl Längengradmessungen zu erwähnen. Die erste derartige Messung wurde 1733–34 von Cassini de Thury und Maraldi auf dem Parallel von Paris ausgeführt, dann folgten Messungen auf den Parallelen von Straßburg und von Brest. Im J. 1740 maßen Cassini de Thury und Lacaille einen Bogen von 1°53′9″ zwischen St.-Claire bei Cette und dem Berg Ste.-Victoire bei Aix. In Ostindien nahmen Burrow unter 23°18′ nördl. Br. und Lambton unter 12°32′30″ nördl. Br. solche Parallelbogenmessungen vor. Die erste derartige Arbeit von wissenschaftlicher Bedeutung ist aber die von 1811 bis in die 20er Jahre von Marennes (Gironde) nach Fiume, fast unterm Parallel von 45°, von Brousseaud und Largeteau, Plana und Carlini in einer Ausdehnung von 15°32′27″ ausgeführte Messung. Eine sehr genaue, auf den Parallelkreisen der Pyrenäen von Caraboeuf, Delcros und Peytier ausgeführte Messung ist besonders wichtig, weil sie zur Vergleichung des Niveaus des Atlantischen und Mittelmeers geführt hat. Auch in Großbritannien sind bei Gelegenheit der allgemeinen Triangulation mehrere Parallelkreisbogen gemessen worden, so zwischen Beachy Head und Dunnose (1°26′) und zwischen Dover und Falmouth (6°22′). In Frankreich wurde 1818–43 der Parallelbogen Paris-Brest durch Oberst Bonne gemessen, die östliche Fortsetzung bis Straßburg, zum Teil schon früher bearbeitet, wurde in den 20er Jahren vollendet, indessen ohne befriedigendes Resultat; später mit bessern Hilfsmitteln wieder aufgenommen und nach Osten über München bis Wien fortgesetzt, umfassen die Messungen jetzt einen Bogen von 20°44′. Endlich ist noch die große europäische Bogengradmessung nach Wilhelm Struves Plan unterm Parallel von 52° von Valentia an der Westküste Irlands bis nach Orsk im russischen Gouvernement Orenburg, 69 Längengrade, zu erwähnen. Die astronomischen Arbeiten wurden 1864–67 ausgeführt, die Feldarbeiten 1872 beendigt. Innerhalb des russischen Reichs allein wurden 428 Hauptdreiecke vermessen.
Was nun die Resultate dieser großartigen Arbeiten anlangt, so hat Bessel 1841 aus zehn G. die halbe Achse der Erde = 3,261,139,33 Toisen, den Äquatorialhalbmesser = 3,272,077,14 Toisen, die Länge des Meridianquadranten = 5,131,179,81 Toisen, die des Äquatorialgrads = 57,108,82 Toisen und die Abplattung = 1299,1528 abgeleitet, Airy aber 1849 als Resultat aus 14 Meridian- und 4 Längengradmessungen die halbe Achse = 20,853,810 englische Fuß, den Äquatorialhalbmesser aber = 20,923,713 Fuß, die Abplattung = 1299,33 berechnet. Da nach Oberst H. James 1 Toise = 6,39454378 engl. Fuß ist, so gibt die Airysche Rechnung für den kleinsten und größten Erdhalbmesser 3,261,188,4 und 3,272,119,6 Toisen. Beide Resultate stimmen ziemlich überein; im allgemeinen aber liefert jede Gradmessung einen etwas andern Wert für die Abplattung, die englische Gradmessung gibt z. B. nach James 1280,4. Der Versuch des russischen Generals v. Schubert (1859), diese Abweichung durch die Annahme zu erklären, daß die Erde ein dreiachsiges Ellipsoid sei, für dessen Achsen er Größe und Lage aus der russisch-skandinavischen und sieben andern G. berechnete, hat nur wenig Anklang gefunden, obwohl, wie Jacobi 1834 bemerkt hat, das dreiachsige Ellipsoid ebensowohl wie das Rotationsellipsoid den Gleichgewichtsbedingungen genügt. Im ganzen hält man an der Ansicht fest, daß die Erde die Form eines abgeplatteten Rotationsellipsoids besitzt, daß sich aber zahlreiche, durch Lotablenkungen zu konstatierende lokale Abweichungen von dieser Gestalt, wellen- und mantelförmige Erhöhungen und Vertiefungen, zeigen. Namentlich scheinen solche Abweichungen in Großbritannien in der lombardischen Ebene sowie im Gebiet der Alpen vorhanden zu sein.
Um nun eine möglichst genaue Kenntnis von der Krümmung der Erdoberfläche im mittlern Europa und den angrenzenden Meeresteilen zu erlangen, machte der General Baeyer 1861 den Vorschlag zu einer mitteleuropäischen Gradmessung. Im wesentlichen lief der Vorschlag auf eine Meridiangradmessung zwischen Christiania und Palermo hinaus, die durch Längengradmessungen mit der russisch-skandinavischen und der französischen Meridianmessung verbunden werden sollte. (Vgl. Baeyer, Über die Größe und Figur der Erde, Berl. 1861.) Die verschiedenen Regierungen gingen bereitwillig auf den Plan ein; schon 1862 fand eine Konferenz der preußischen, österreichischen und sächsischen Kommissare in Berlin statt, im Lauf des nächsten Sommers begannen die Arbeiten. 1864 wurde in Berlin die erste allgemeine organisierende Konferenz abgehalten, auf welcher 14 Staaten durch 24 Kommissare vertreten waren. Die wissenschaftliche Leitung wurde einer „permanenten Kommission“ von sieben Mitgliedern übertragen, der als ausführendes Organ das „Zentralbüreau der mitteleuropäischen Gradmessung“ mit General Baeyer an der Spitze zur Seite gestellt wurde. 1867 fand die zweite Konferenz in Berlin statt, und da inzwischen alle Staaten Europas, mit Ausnahme der Türkei und Griechenlands, ihre Teilnahme zugesagt hatten, so wurde der Name „Europäische Gradmessung“ für das Unternehmen adoptiert. Zwei Jahre darauf wurde in Preußen das „Geodätische Institut“ gegründet, welches die Arbeiten des Zentralbüreaus unter Mitwirkung der permanenten Kommission ausführt. Vgl. Geodätisches Institut. Weitere allgemeine Konferenzen fanden im Oktober 1871 in Wien, 1874 in Dresden, 1877 in Hamburg, 1880 in München, 1882 im Haag und 1883 in Rom statt. Die großartigen Dimensionen, welche das Unternehmen erhalten hat, haben seine Beendigung in weite Ferne gerückt. Es [596] sind aber schon umfangreiche Arbeiten ausgeführt, so eine Revision der französischen Messungen und deren Fortsetzung nach Algerien durch Périer, ferner eine völlige Ummessung des Adriatischen Meeres; in Aussicht steht die Ummessung des Mittelländischen Meeres, die Verlängerung des Bogens Nordkap-Ismail auf 40° bis nach Kleinasien hinein. Besondere Aufmerksamkeit hat man den Instrumenten, Beobachtungs- und Berechnungsmethoden zugewandt, auch arbeitet man an der Verbindung und Ausgleichung aller bereits vorhandenen geodätischen Arbeiten, namentlich derjenigen Triangulierungen, welche von der Gradmessung mitbenutzt werden, beschäftigt sich mit großartigen geometrischen Präzisionsnivellements und der hierdurch ermöglichten nivellitischen Verbindung der Pegelnullpunkte sowie mit der Ermittelung der relativen Meereshöhen, mit umfassenden Pendelversuchen, weitern Untersuchungen über lokale Lotablenkungen. Wie alle frühern größern G. einen fördernden Einfluß auf die Geodäsie geübt haben, der an Wichtigkeit die unmittelbaren Resultate rücksichtlich der Gestalt und Größe der Erde weit übertrifft, so wird dies in erhöhtem Maß bei der Europäischen Gradmessung der Fall sein. Über die jährlichen Fortschritte der Arbeiten geben die seit 1864 vom Zentralbüreau veröffentlichten „Berichte“ (Berlin) nähere Mitteilungen. Die Arbeiten der Europäischen Gradmessung über Maßvergleichung haben auch Anlaß gegeben zur Niedersetzung einer internationalen Kommission in Paris behufs Herstellung neuer Meterprototypen. Besondere Aufmerksamkeit widmet man den Pendelversuchen, die namentlich an den Küsten und auf Inseln stattzufinden haben, um auch hiernach weiterhin den Abplattungskoeffizienten immer näher zu präzisieren (die Pendelapparate ergaben bis jetzt nämlich: 1/289, während das Resultat der eigentlichen Gradmessung davon abweicht: 1/299).
Das beinahe abgeschlossene Präzisionsnivellement (1885) steht in Verbindung mit einer großen Anzahl Meereshöhenbeobachtungen mittels Mareographen (automatischen Flutmessern). Deutschland hat seit 1880 sich einen „Normalnullpunkt“ für sämtliche Höhenermittelungen an der Sternwarte zu Berlin festgestellt. Der geodätische Kongreß in Rom 1883 beschloß, den Meridian von Greenwich als Einheitsmeridian für alle internationalen Längenbestimmungen anzunehmen. Die Längengradmessung auf dem 52. Grad erstreckt sich jetzt von Valentia bis nach Sibirien hinein, der französische Bogen von Dünkirchen bis zur Sahara (27 Grad); der indische Bogen umfaßt 24, der russische 25 Gradbogen. Vgl. Sadebeck, Entwickelungsgang der Gradmessungsarbeiten (Berl. 1876); „Zusammenstellung der Litteratur der Gradmessungsarbeiten“ (das. 1876); die Berichte von Bruhns in Behm-Wagners „Geographischem Jahrbuch“; Bauernfeind, Elemente der Vermessungskunde (6. Aufl., Stuttg. 1879); Derselbe, Die Bedeutung moderner G. (Münch. 1866); Jordan, Handbuch der Vermessungskunde (Stuttg. 1878).