MKL1888:Helĭand
[353] Helĭand („Heiland“), Titel der altsächsischen Evangelienharmonie, die, vielleicht auf Veranlassung Ludwigs des Frommen, von einem sächsischen Geistlichen im Anfang des 9. Jahrh. in allitterierenden Versen nach Tatians „Evangelienharmonie“ mit selbständigen Abänderungen und Zugaben geschrieben worden ist. Das Werk, das umfangreichste und bedeutendste Denkmal der altsächsischen Mundart, ist von nicht geringem dichterischen Wert und gibt in seinen unverkennbar volksmäßigen Ausdrücken und Wendungen ein Bild der fast ganz untergegangenen epischen deutschen Volkspoesie jener frühen Zeit; allerdings ist der Verfall der alten Dichtungsform auch schon recht sichtbar. Von den beiden vorhandenen Handschriften des H. befindet sich die eine jetzt in München (früher zu Bamberg), die andre im Britischen Museum, ein Bruchstück in Prag. Herausgegeben ward das Gedicht von Schmeller (Stuttg. 1830; Wörterbuch und Grammatik dazu, 1859), dann von Köne (mit wörtlicher neuhochdeutscher Übersetzung, Münst. 1855), neuerdings in kritischer Bearbeitung von M. Heyne (mit ausführlichem Glossar, 3. Aufl. Paderb. 1883), von H. Rückert (Leipz. 1876), von Sievers (Halle 1878), von Behaghel (das. 1882). Neuhochdeutsche Übersetzungen lieferten Kannegießer (Berl. 1847), Grein (Rinteln 1854; neue Bearbeitung, Kass. 1869), Rapp (Stuttg. 1856) und Simrock (3. Aufl., Berl. 1882). Vgl. Behringer, Zur Würdigung des H. (Würzb. 1863); Windisch, Der H. und seine Quellen (Leipz. 1868); Grein, Die Quellen des H. (Kassel 1869); Vilmar, Deutsche Altertümer im H. (2. Aufl., Marb. 1862); Sievers, Der H. und die angelsächsische Genesis (Halle 1875).