MKL1888:Indikātor

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Indikātor“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 921922
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Indikātor. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 921–922. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Indik%C4%81tor (Version vom 27.11.2022)

[921] Indikātor (lat., „Anzeiger“), Instrument zur Untersuchung der Spannungsänderungen in solchen Maschinen und Apparaten, die mit gespannten Gasen oder Flüssigkeiten arbeiten. Das Wesentliche dieses von Watt erfundenen Instruments besteht darin, daß man den Dampf etc. vermittelst eines in einem kleinen Cylinder eingeschliffenen Kölbchens auf eine Spiralfeder drücken läßt. Ist nun die Feder so gewählt, daß die Größe ihrer Zusammendrückung dem auf sie ausgeübten Druck proportional ist, so wird man in dieser Größe ein Maß für die Intensität des Dampfdruckes haben. Um das Variieren des Druckes in den kleinsten Zeitintervallen bemerkbar zu machen, versieht man den kleinen Kolben des Instruments mit einer Kolbenstange, die entweder direkt einen zeichnenden Stift trägt, oder durch Vermittelung eines Mechanismus die Kolbenbewegung auf einen Schreibstift überträgt. Derselbe verzeichnet auf einem senkrecht zur Kolbenbewegung vorbeigeführten Papierstreifen sämtliche Kolbenstellungen in einer kontinuierlichen Kurve (Diagramm), deren Ordinaten, gemessen von der dem tiefsten Kolbenstand entsprechenden geraden Linie (der Atmosphärenlinie), die Größe der in jedem Moment herrschenden Spannung erkennen lassen, wenn man zuvor ermittelt hat, um wieviel die Feder des Apparats bei einem bekannten Druck zusammengedrückt wird. Handelt es sich um die Ermittelung der Spannungsänderungen strömender Gase und Flüssigkeiten in Röhrenleitungen, z. B. in den Windleitungen der Gebläse oder in einer Wasserleitung, so wird der Papierstreifen durch ein Uhrwerk mittels Walzen an dem Schreibstift fortwährend in derselben Richtung vorübergeführt. Sollen dagegen an einer Maschine (Dampf-, Gaskraftmaschine) Spannungsermittelungen vorgenommen werden, zu welchem Zweck die Indikatoren am häufigsten dienen, so wird die Bewegung des Papierstreifens von der betreffenden Maschine selbst ausgeführt. Derselbe ist dann um einen drehbaren Cylinder gelegt, der, nachdem er mit Hilfe einer umgeschlungenen Schnur von der Kolbenstange der zu untersuchenden Maschine bei deren Vorgang in einer Richtung herumgedreht ist, bei ihrem Rückgang, dem Druck einer Feder folgend, sich rückwärts dreht. Solche Indikatoren geben zugleich die von der Maschine verrichtete Arbeit an. Fig. 1 zeigt einen sehr gebräuchlichen, von Rosenkranz konstruierten I., der den Ausschlag der Feder mit Hilfe eines Hebelmechanismus zum Zweck größerer Deutlichkeit in vergrößertem Maßstab verzeichnet. b ist der kleine Kolben, der in dem Cylinder d von untenher durch den Dampfdruck bewegt wird, während von obenher auf ihn eine Feder drückt. Die Kolbenstange greift mit einer kleinen Bleuelstange mH an der Stange Hs an, welche unter der Einwirkung der gelenkig mit ihr verbundenen Stangen a und R nur solche Bewegungen machen kann, daß der Schreibstift s geradlinig und parallel zur Achse des Papiercylinders T geführt wird. Um letztern wird ein Papierstreifen gelegt und mittels der Federn f festgehalten. Die Drehung von T erfolgt durch eine um seinen untern Teil gewickelte Schnur i, welche, durch die Rollen rr geführt, von einem in Bewegung befindlichen Teil der Maschine (z. B. der Kolbenstange einer Dampfmaschine) aus angezogen wird. Der Kopf kD läßt sich derart um die Achse des Cylinders d drehen, daß man den Schreibstift s nach Belieben gegen den Papiercylinder drücken oder von ihm abheben kann. Ein Indikatorversuch wird mit diesem Instrument in folgender Weise vorgenommen. Zunächst wird dasselbe nach Verschluß des Absperrhahns L mit der Schraube S auf den Cylinder der zu untersuchenden Maschine, etwa einer Dampfmaschine, geschraubt und die Schnur i in passender Weise an dem Kreuzkopf der Maschine befestigt. Sogleich folgt dann der Cylinder T der Bewegung des Kolbens, indem er sich proportional zu dessen Verschiebungen hin- und herdreht. Dabei verzeichnet

Fig. 1.
Indikator von Rosenkranz.

der in seiner tiefsten Lage stehende Schreibstift, gegen den Papiercylinder T gedrückt, die Atmosphärenlinie. Dann öffnet man den Absperrhahn, und nun verzeichnet der Stift die auf einer Seite des Kolbens während seines Vor- und Rückganges im Dampfcylinder vorgehenden Druckveränderungen als Indikatordiagramme. Nun wird der Hahn wieder geschlossen und das Diagramm vom Cylinder abgelöst. Andre Formen des Indikators von Thompson, von Darke u. a. weichen im Prinzip von dem beschriebenen nicht ab, enthalten jedoch nicht unwesentliche konstruktive Verbesserungen in Bezug auf die Führung des Kolbens und des Schreibstiftes sowie auf die Bewegung und Papierbespannung der Papiertrommel. Eine neuere Form des Richardschen Indikators gestattet, eine ganze Reihe von Diagrammen hintereinander auf einem fortlaufenden Papierstreifen abzunehmen. Ein sehr wichtiger Hilfsapparat für Indikatorversuche ist der Staněksche Hubreduktionsapparat, [922] welcher die Bewegung des Maschinenkolbens in bequemster Weise mittels Schnüre und Rollen auf die Papiertrommel überträgt.

Bei einem Indikatordiagramm (Fig. 2) entsprechen die einzelnen Höhen oder Ordinaten dem jedesmaligen Dampfdruck, die zugehörigen Abscissen den vom Maschinenkolben zurückgelegten Wegen und der Flächeninhalt, der aus den in Atmosphären ausgedrückten Ordinaten und den auf den Maschinenkolbenhub reduzierten, in Metern ausgedrückten Abscissen entweder nach der Simpsonschen Regel zu berechnen, oder mit Hilfe eines Planimeters zu ermitteln ist, der von dem Dampf in der Maschine geleisteten Arbeit, deren absolutes Maß man erhält, wenn man den Flächeninhalt des Diagramms noch mit dem in Quadratzentimetern ausgedrückten Querschnitt des Maschinencylinders multipliziert. Die so erhaltene Arbeit heißt die indizierte Leistung der Maschine im Gegensatz zu der sogen. effektiven oder gebremsten Leistung, welche man mit Hilfe von Bremsdynamometern (s. Dynamometer) an der Schwungradwelle ermittelt. Erstere ist stets

Fig. 2.
Diagramm des Indikators.

größer als letztere, weil in jener die zur Überwindung der Nebenhindernisse (Reibung des Kolbens, der Stopfbüchse etc.) erforderliche Arbeit eingeschlossen ist. Man muß also bei der Beurteilung einer Maschinenleistung wohl unterscheiden, ob sie in indizierten oder in gebremsten Pferdekräften ausgedrückt ist.

Der I. ist nicht nur das wichtigste Instrument zur Ermittelung der Größe der Arbeitsleistung von allen mit eingeschlossenen Gasen oder Flüssigkeiten arbeitenden Maschinen, sondern auch das einzige, welches mit Hilfe der Diagramme einen genauen Einblick in die Spannungsverhältnisse im Maschinencylinder gestattet und dadurch eine Kontrolle für die richtige Dampfverteilung bietet. Vgl. Völckers-Ziebarth, Der I. (2. Aufl., Berl. 1878); Rosenkranz, Der I. (4. Aufl., das. 1884); Pichler, Der I. und sein Diagramm (Wien 1880); Riedler, Dampfmaschinen (im Bericht über die Pariser Weltausstellung, Wien 1878).

In der analytischen Chemie beim Titrierverfahren versteht man unter I. eine Substanz, welche der zu titrierenden Flüssigkeit zugesetzt wird, um durch eine ausfallende Reaktion (meist eine lebhafte Farbenveränderung) das Ende der Operation anzuzeigen. So setzt man beim Titrieren von Chlor etwas Chromsäuresalz als I. zu und erhält auf Zusatz von salpetersaurem Silber zunächst den weißen Niederschlag von Chlorsilber, bis das Chlor vollständig gefällt ist. Durch den nächsten Tropfen der Silberlösung wird dann aber rotes chromsaures Silber gefällt und dadurch das Ende der Operation scharf markiert. Vgl. Analyse, S. 527.