MKL1888:Jägerndorf

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Jägerndorf“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 9 (1887), Seite 131
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Jägerndorf. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 131. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:J%C3%A4gerndorf (Version vom 06.04.2022)

[131] Jägerndorf, ein teils zum preuß. Regierungsbezirk Oppeln, teils zu Österreichisch-Schlesien gehöriges Fürstentum, vormals ein Bestandteil des Herzogtums Ratibor-Troppau, seit 1377 besonderes Fürstentum, kam 1523 durch Kauf an den hohenzollernschen Markgrafen Georg den Frommen von Ansbach. Dessen Sohn Georg Friedrich überließ für den Fall seines Todes das Fürstentum 1596 dem Kurprinzen, spätern Kurfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg, der es seinem zweiten Sohn, Johann Georg, als Apanage zuteilte. Als letzterer 1621 als Anhänger Friedrichs V. von der Pfalz geächtet und seines Landes verlustig erklärt worden war, kam J. durch kaiserlichen Lehnsbrief vom 13. Mai 1622 an den Fürsten Karl von Liechtenstein. Nach dem kinderlosen Ableben des Markgrafen Ernst (1642), des Sohns des geächteten Johann Georg, gingen dessen Ansprüche an J. an Brandenburg über; der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm erklärte die Einziehung des Fürstentums für ungesetzlich und erneuerte 1683 bei Rückforderung der übrigen ihm durch Erbverbrüderung zustehenden schlesischen Fürstentümer auch seine Ansprüche auf J., Beuthen und Oderberg, erlangte aber als Entschädigung nur den Kreis Schwiebus, der auf Grund eines geheimen Vertrags mit dem damaligen Kurprinzen Friedrich 1694 wieder an den Kaiser zurückgegeben ward. Friedrich II. machte 1740 die Erbansprüche Preußens auf J. und die andern schlesischen Fürstentümer mit den Waffen geltend und erhielt im Frieden von Breslau (1742) den diesseit der Oppa gelegenen Teil des Fürstentums mit dem Hauptort Leobschütz. Vgl. Biermann, Geschichte der Herzogtümer Troppau und J. (Teschen 1874). – Die gleichnamige Stadt (tschech. Krnow), Hauptort des österreichisch gebliebenen Teils, liegt an der Oppa, am Fuß des Burgbergs und an der Mährisch-Schlesischen Zentralbahn, die sich hier an die Oberschlesische Bahn (J.-Ratibor) anschließt, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat ein fürstlich Liechtensteinsches Schloß, eine schöne Dekanatskirche mit 2 Türmen, eine Synagoge, Oberrealschule, Webschule, starke Fabrikation von Schafwollwaren (Modestoffen, 2500 Arbeiter), Wirkwaren, Papier, Orgeln (von vorzüglichem Ruf), Maschinen, Stärke und Likör und (1880) 11,792 Einw. J. wurde 1241 von den Tataren geplündert, sank sehr zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs und hob sich erst in neuerer Zeit wieder.