MKL1888:Juvenālis
[342] Juvenālis, Decimus Junius, röm. Dichter, um 47 v. Chr. zu Aquinum im Volskischen geboren, war der Sohn oder Pflegling eines wohlhabenden Freigelassenen, erwarb sich aber die Ritterwürde und soll, weil er den Einfluß eines Schauspielers auf die Regierung gerügt hatte, unter dem Vorwand der Übernahme eines militärischen Kommandos in eine entlegene Provinz (Ägypten oder Britannien?) verbannt worden sein, wahrscheinlich unter Trajan oder Hadrian. Er starb vermutlich um 130 im Exil. Erhalten sind seine 16 Satiren, welche die Grammatiker in fünf Bücher eingeteilt haben. Der Einfluß seiner frühern rhetorischen Studien verrät sich in dem durchgängigen Pathos, den langgedehnten Auseinandersetzungen, der Häufung der Beispiele und der sich breit machenden Gelehrsamkeit. Das Motiv seiner satirischen Darstellung ist der innere Unwille über die allseitige Verderbtheit, namentlich in der Zeit Domitians; sein Stoff sind die sozialen Laster Roms, deren Scheußlichkeit er in ihrer ganzen Nacktheit mit den grellsten Farben schildert. Man sieht es seinen Satiren an, daß sie erst in reiferm Alter verfaßt sind; denn nirgends ist etwas Jugendliches, nirgends Hoffnung und Vertrauen, allenthalben nur finstere Menschenverachtung bemerklich. Reiche Erfahrung und ehrenhafte Gesinnung sprechen aus seinen Gedichten, aber kein edler Geschmack. Neuere Ausgaben von Heinrich (Bonn 1839, 2 Bde.), O. Jahn (2. Aufl. von Bücheler, Berl. 1886, kritische Hauptausgabe mit den Scholien; Text 1868), Hermann (Leipz. 1854), Ribbeck (das. 1859), Weidner (das. 1873). Übersetzungen von Donner (Tübing. 1821), Weber (Halle 1838), Hausmann (mit lat. Text, Leipz. 1839), Häckermann (Greifsw. 1847), v. Siebold (mit lat. Text und Erläuterungen, Leipz. 1858), Berg (Stuttg. 1862), Hertzberg-Teuffel (das. 1864–1867) und Hilgers (in Iamben, das. 1876). Vgl. Völker, J., ein Lebens- und Charakterbild (Elberf. 1851); Munding, Über die Satiren des J. in religiöser und sittlicher Beziehung (Rottweil 1865); Ribbeck, Der echte und unechte J. (Berl. 1865); Widal, J. et ses satires (Par. 1869); Dötsch, J., ein Sittenrichter seiner Zeit (Leipz. 1874).