Zum Inhalt springen

MKL1888:Katarrh

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Katarrh“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Katarrh“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 9 (1887), Seite 607
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Katarrh
Wiktionary-Logo
Wiktionary: Katarrh
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Katarrh. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 607. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Katarrh (Version vom 15.11.2024)

[607] Katarrh (v. griech. katarrhein, „herabfließen“), im allgemeinen diejenigen Entzündungen der verschiedenen Schleimhäute des Körpers, welche mit Absonderung von Schleim und Eiter auf der freien Schleimhautfläche einhergehen. Anatomisch gibt sich der K. zu erkennen durch Rötung (Blutüberfüllung) und Schwellung der Schleimhaut, welche mehr oder weniger durchfeuchtet erscheint, und deren Oberfläche mit einer Lage grauen, trüben oder glasigen Schleims, unter Umständen mit Eiter überzogen ist. Es findet dabei eine beschleunigte und massenhafte Abstoßung der Epithelzellen der Schleimhaut statt, welche sich mit dem Schleim, dem überreichlich gebildeten Absonderungsprodukt der Schleimhaut und ihrer Drüsen, vermischen. Unter Umständen erscheint der Schleim sehr verdünnt, wässerig durch reichliche Beimengung des aus den Blutgefäßen der kranken Schleimhaut stammenden Serums. Die Ursachen sind Reize vielerlei Art, namentlich oft Erkältung bei scharfen Ostwinden, Berührung mit reizenden Dämpfen, Jodgebrauch und sehr oft die Anwesenheit von krankheitserregenden Bakterien. Der K. verläuft bald akut, bald chronisch. Der chronische K. geht zwar auch mit mehr oder minder reichlicher Produktion eines oft sehr zähen und glasigen Schleims einher, aber die Schleimhaut erscheint dabei gewöhnlich nicht gerötet, sondern eher schiefergrau gefärbt. Die Katarrhe der verschiedenen Schleimhäute führen zum Teil besondere Namen, z. B. K. der Nasenschleimhaut oder Schnupfen, K. der Harnröhre oder Tripper, K. der Gebärmutter und Scheidenschleimhaut oder weißer Fluß etc. Über Darmkatarrh s. Darmentzündung. Wenn man von K. schlechthin spricht, so versteht man darunter die leichtern akuten Entzündungen der Schleimhaut der größern Luftwege, des Kehlkopfes, der Luftröhre und ihrer Äste; s. Bronchialkatarrh.

Höhere Grade von K., namentlich von Magendarm- und Bronchialkatarrh, treten unter Fieberbewegungen ein (Katarrhfieber, Febris catarrhalis). Am Tag ist der Kranke müde, zerschlagen und mehr zu Frost geneigt; gegen Abend kommt trockne Hitze, die von leichten Frostschauern unterbrochen ist. Tritt Schweiß danach ein, so folgt oft große Erleichterung. Der Appetit fehlt meist ganz, da auch Geschmack und Geruch gestört sind; der Stuhlgang ist oft verstopft. Der Kopf ist eingenommen, die Augen sind oft angegriffen. Ein lästiges Gefühl von Kitzel und Wundsein nebst Hitze und Trockenheit ist im Rachen, im Kehlkopf und in der Luftröhre vorhanden. Der Husten ist trocken, schmerzhaft, nachts besonders heftig in verschieden lange dauernden Anfällen; jeder etwas kältere Luftzug ruft ihn hervor. Der Auswurf ist anfangs dünnschleimig, schaumig, wird aber unter Nachlaß aller Symptome nach mehreren Tagen allmählich etwas fester und reichlicher, bis er zuletzt ganz dick, eiterähnlich wird (sputa cocta). Was die Behandlung der gewöhnlichen leichtern Fälle von K. anbetrifft, so ist warmer schleimiger Thee von Altheewurzel, Leinsamen, Wollkrautblume etc. ein beliebtes und brauchbares Hausmittel. Zeigen sich die ersten Symptome eines Katarrhs, so kann man durch ein warmes Bad von 30° R., ein Dampfbad, einige Gläser heißen Punsches oder Grogs dem Ausbruch desselben zuvorkommen und die Erkrankung gleichsam abschneiden. Besonders zu beachten ist die Einatmung einer gleichmäßig warmen und feuchten Luft. Hautreize als ableitende Mittel, wie Blasenpflaster u. dgl., sind von zweifelhafter Wirkung. Morphium in kleinen Dosen lindert sehr häufig die Reizbarkeit der Bronchien und erleichtert den Husten. Ein epidemischer K. ist die Influenza (s. Grippe).