MKL1888:Kobell

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kobell“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 9 (1887), Seite 895
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Kobell. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 895. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kobell (Version vom 27.07.2021)

[895] Kobell, 1) Ferdinand, Maler und Kupferstecher, geb. 7. Juni 1740 zu Mannheim, studierte anfangs in Heidelberg, bis er durch ein Landschaftsgemälde dem Kurfürsten von Bayern bekannt und durch denselben in den Stand gesetzt wurde, ausschließlich seiner Neigung zur Malerei zu leben. Er begab sich zur weitern Ausbildung nach Paris und ward 1798 Kabinettsmaler und Direktor der Galerie zu Mannheim. Er starb 1. Febr. 1799 in München. Seine Gemälde, meist in Berchems Manier gemalt, zeichnen sich durch effektvolle Behandlung, der ein glückliches Naturstudium zu Grunde liegt, wie durch fleißige Ausführung, seine radierten Blätter durch Leichtigkeit der Darstellung aus. Von seinen Radierungen, etwa 300, gab Frauenholz in Nürnberg 1809 eine Sammlung heraus unter dem Titel: „Œuvres complètes de F. K.“, eine solche von 178 Blättern Kugler (Stuttg. 1842). Das Verzeichnis seiner Arbeiten verfaßte S. v. Stengel (Nürnb. 1822).

2) Franz, Maler, Bruder des vorigen, geb. 1749 zu Mannheim, bildete sich erst in Mainz für den Kaufmannsstand aus, kehrte aber nach vier Jahren nach Mannheim zurück, um sich der Kunst zu widmen. Kurfürst Karl Theodor sandte ihn 1776 nach Italien, wo sich K. mit Studien nach der Natur und nach Baudenkmälern bis 1785 beschäftigte; er lebte dann in München, wo er als Hofmaler 1822 starb. Die Zahl seiner Landschaften in Öl ist äußerst gering, die seiner Handzeichnungen aber beläuft sich auf 20,000 Blätter.

3) Hendrik, holländ. Maler, geb. 1751 zu Rotterdam, malte und radierte Marinen, welche sich durch Gewandtheit der Ausführung und Lebendigkeit der Schilderung auszeichnen, und starb nach längerm Aufenthalt in England 1782 in seiner Vaterstadt. – Sein Sohn Jan, geb. 1782 zu Utrecht, bildete sich bei W. R. van der Wall, vornehmlich aber durch Studien nach Paul Potter zum Tier- und Landschaftsmaler aus und starb 14. Sept. 1814 in Amsterdam.

4) Wilhelm von, Maler und Radierer, Sohn von K. 1), geb. 6. April 1766 zu Mannheim, war Schüler seines Vaters, studierte dann die Werke der Mannheimer und Düsseldorfer Galerie, besonders die von Wouwerman, und ward 1808 Professor an der Akademie der Künste zu München, wo er, in den Ruhestand versetzt, 15. Juli 1855 starb. Man hat von ihm Schlachtenbilder, Landschaften, Tierstücke u. a. Im Bankettsaal des Festsaalbaues führte er einen Cyklus von Schlachtenszenen aus. Seine Zeichnung ist sehr gewissenhaft, doch leiden seine größern Bilder an trockner Behandlung. Lebendiger sind seine Radierungen und seine Aquatintablätter nach andern Meistern.

5) Franz, Ritter von, Mineralog und Dichter, Sohn Franz v. Kobells (geb. 1779, gest. 1850 als bayrischer Staatsrat), Enkel von K. 1), geb. 19. Juli 1803 zu München, studierte in Landshut besonders Mineralogie und Chemie, wurde 1823 Adjunkt beim Konservatorium der mineralogischen Staatssammlungen zu München, 1826 Professor der Mineralogie daselbst, 1849 Konservator der mineralogischen Staatssammlungen und starb 11. Nov. 1882 in München. K. ist als einer der vorzüglichsten Vertreter der eigentlich mineralogischen und kristallographischen Zweige der Anorganologie anzusehen; er bereicherte die Mineralogie durch viele Untersuchungen, durch die Erfindung des Stauroskops (1855) und mehrere wichtige neue Methoden. Er schrieb: „Charakteristik der Mineralien“ (Nürnb. 1830–31, 2 Bde.); „Tafeln zur Bestimmung der Mineralien mittels chemischer Versuche“ (Münch. 1833, 12. Aufl. 1884; in viele fremde Sprachen übersetzt); „Grundzüge der Mineralogie“ (Nürnb. 1838); „Die Mineralogie, leichtfaßlich dargestellt“ (das. 1847; 5. Aufl., Leipz. 1878); „Skizzen aus dem Steinreich“ (Münch. 1850); „Die Mineralogie, populäre Vorträge“ (Frankf. 1862); „Die Mineralnamen und die mineralogische Nomenklatur“ (Münch. 1853); „Die Galvanographie“ (deren Erfinder K. ist; das. 1842, 2. Aufl. 1846); „Über die Bildung galvanischer Kupferplatten“ (das. 1851); „Geschichte der Mineralogie“ (das. 1864); „Zur Berechnung der Kristallformen“ (das. 1867). Als Dichter und namentlich als Volksdichter zeichnet er sich, abgesehen von der Gewandtheit, die er in Behandlung zweier ganz verschiedener Dialekte besitzt, durch Phantasie, Innigkeit, Zartheit, echt komische Kraft und einen ergötzlichen Humor aus. Es gehören hierher seine „Gedichte in hochdeutscher, oberbayrischer und pfälzischer Mundart“, die zuerst (Münch. 1839–1841) zusammen, später getrennt erschienen: „Hochdeutsche Gedichte“ (das. 1852), „Gedichte in oberbayrischer Mundart“ (9. Aufl., Stuttg. 1882), „Gedichte in pfälzischer Mundart“ (6. Aufl., das. 1876); „Schnadahüpfln und Sprüchln“ (Münch. 1846); „Oberbayrische Lieder mit ihren Singweisen“ (das. 1860); „P’älzische G’schichte“ (das. 1863); „Schnadahüpfln und Geschichtln“ (das. 1872); „Der Hansl’ vo’ Finsterwald“, „Der schwarzi Veitl“, „’S Kranzner-Resei“ (2. Aufl., das. 1876); „Oberbayrische Volksstücke“ (2. Aufl., das. 1879). Noch veröffentlichte er: „Die Urzeit der Erde“, Gedicht (Münch. 1856); „Wildanger, Skizzen aus dem Gebiet der Jagd und ihrer Geschichte“ (Stuttg. 1859); „Erinnerungen in Gedichten und Liedern“ (Münch. 1882). Vgl. Luise v. Kobell, Franz v. K. (Münch. 1884); Haushofer, F. v. K., eine Denkschrift (das. 1884).