MKL1888:Kormoran

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kormoran“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 9495
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Kormoran. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 94–95. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kormoran (Version vom 15.09.2022)

[94] Kormoran (Scharbe, Phalacrocorax Briss.), Gattung aus der Ordnung der Schwimmvögel und der Familie der Pelikane (Pelecanidae), sehr gestreckt gebaute Vögel mit kleinem Kopf, mittellangem, zusammengedrücktem, starkhakigem Schnabel, langem, schlankem, dünnem Hals, mäßig langen, spitzen Flügeln, mittellangem, abgerundetem Schwanz, sehr kurzem, kräftigem Lauf, langen Zehen mit Schwimmhäuten, ausdehnbarem Kehlsack und nackter Kehle. Der K. (Wasser- oder Seerabe, Scholver, Haldenente, P. Carbo Dumort., s. Tafel „Schwimmvögel III“) ist 92 cm lang, 150 cm breit, auf Oberkopf, Hals, Brust, Bauch und Unterrücken glänzend schwarzgrün, metallisch schimmernd, auf dem Vorderrücken und den Flügeln bräunlich geschuppt, bronzeglänzend, Schwingen und Steuerfedern schwarz, an der Kehle und den Weichen weiß, mit meergrünen Augen, schwarzem, an der Wurzel gelblichem Schnabel, nackter, gelber Kehl- und Gesichtshaut und schwarzen Füßen. Während der Zeit der Fortpflanzung entwickeln sich besonders beim männlichen K. sehr bald ausfallende, weiße, haarartige Federn am Kopf. Der K. findet [95] sich in Europa bis zum mittlern Norwegen, in Mittelasien und Nordamerika und geht im Winter südlich bis Nordafrika, Westindien und Südasien. Er lebt an bewaldeten Flüssen und Seen, oft in unmittelbarer Nähe von Ortschaften, zahlreicher an schwer zugänglichen Küsten und auf felsigen Inseln, meist in großen Scharen, fast nie einzeln, schwimmt und taucht sehr behend, bewegt sich auch auf Bäumen, auf denen er nachts ruht, recht gewandt, auf dem Boden aber ungeschickt watschelnd. Er ist klug, mißtrauisch, zudringlich und frech, gegen andre Vögel boshaft, nährt sich von Fischen, frißt aber auch Vögel und schadet im Binnenland durch ungeheure Gefräßigkeit. Er nistet auf Bäumen, aber auch in Felsenlöchern, vertreibt Krähen und Reiher aus deren Ansiedelungen und ist dann schwer wieder auszurotten. Im April legt das Weibchen 3–4 bläulichgrünweiße, schwach blau und gelb gefleckte Eier (s. Tafel „Eier II“), welche beide Eltern in vier Wochen ausbrüten. Im Juni brüten sie zum zweitenmal. In der Gefangenschaft halten sie gut aus und schreiten auch zur Fortpflanzung. Lappländer und Araber genießen das sehr fette Fleisch. Der K. wird seit undenklichen Zeiten besonders in China zur Fischjagd benutzt. In Europa durch die Holländer im Beginn des 17. Jahrh. eingeführt, ist diese Kunst in England und Frankreich viel geübt worden. In England erlosch der Sport mit dem Fall der Stuarts, in Frankreich hielt er sich bis zur Regierung Ludwigs XV. In Holland verschwand er nie ganz, und dort hat er sich auch jetzt wieder zuerst zu verbreiten begonnen. Die Jagd mit dem K. ist ein höchst interessanter Sport, dessen Ausübung nur wenig Schwierigkeiten darbietet. Ohne viel Mühe lassen sich die Vögel zur Jagd abrichten.