MKL1888:Lachmann

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Lachmann“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 382383
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Lachmann. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 382–383. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Lachmann (Version vom 20.08.2021)

[382] Lachmann, Karl Konrad Friedrich Wilhelm, berühmter Philolog, geb. 4. März 1793 zu Braunschweig und auf dem Catharineum daselbst gebildet, widmete sich seit 1809 in Leipzig klassischen, dann in Göttingen unter Benecke auch germanistischen Studien, habilitierte sich 1815 in Göttingen, trat aber bald darauf als freiwilliger Jäger ein, wurde 1816 Kollaborator am Friedrichswerderschen Gymnasium zu Berlin und Privatdozent an der dortigen Universität, übernahm noch im Sommer desselben Jahrs die Stelle eines Oberlehrers am Friedrichs-Gymnasium zu Königsberg und 1818 eine außerordentliche Professur an der Universität daselbst, wurde 1825 außerordentlicher, 1827 ordentlicher Professor in Berlin, 1830 Mitglied der Akademie der Wissenschaften und starb 13. März 1851 daselbst. L. ist der Begründer der modernen diplomatischen Kritik, indem er sie von subjektivem Belieben auf feste Normen zurückführte, nicht bloß auf dem Gebiet der klassischen, sondern auch der altdeutschen Litteratur. In ersterer Beziehung sind vor allem hervorzuheben seine „Betrachtungen über Homers Ilias“ (Abhandlungen der Berliner Akademie 1837, 1841 u. 1843; gesammelt mit Zusätzen von Haupt, Berl. 1847; 3. Aufl. 1874), in denen die Ilias in einzelne Lieder zerlegt wird, und seine bahnbrechende Ausgabe des Lucretius (das. 1850; 1. Bd.: Text, 4. Aufl. 1871; 2. Bd.: Kommentar, 4. Aufl. 1882), sodann die Ausgaben des Properz (Leipz. 1816; neue Ausg., Berl. 1829), Tibull (das. 1829), Catull (das. 1829, 3. Aufl. 1874), [383] des Neuen Testaments (kleinere Ausg., das. 1831, 3. Aufl. 1846; größere mit Buttmann, das. 1842–1850, 2 Bde.), des Genesios (Bonn 1834), Terentianus Maurus (Berl. 1836), Gajus (Bonn 1841 u. Berl. 1842), Babrios (das. 1845), Avianus (das. 1845), der römischen Feldmesser (mit Blume, Th. Mommsen, Rudorff, das. 1848–52, 2 Bde.), des Lucilius (aus seinem Nachlaß hrsg. v. Vahlen, das. 1876) und die Abhandlungen: „Observationes criticae“ (Götting. 1815), „De choricis systematis tragicorum graecorum“ (Berl. 1819), „De mensura tragoediarum“ (das. 1822) u. a.; auch gab er die „Philologischen Abhandlungen“ seines Freundes Klenze heraus (das. 1839). Von seinen germanistischen Schriften nennen wir an erster Stelle seine Arbeiten über das Nibelungenlied, die in letzter Zeit freilich zum Teil sehr bestritten wurden (s. Nibelungenlied): die Abhandlung „Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts der Nibelunge Noth“ (Götting. 1816) sowie die Ausgabe von „Der Nibelunge Noth und die Klage“ (Berl. 1826, 5. Ausg. 1878; 10. Abdruck des Textes, 1881; Anmerkungen und Lesarten dazu, 1837), neben der auch die zum Jubiläum der Erfindung der Buchdruckerkunst veranstaltete Prachtausgabe: „Zwanzig alte Lieder von den Nibelungen“ (das. 1840), welche nur die von L. für echt erklärten Lieder enthält, zu erwähnen ist. Außerdem gab er heraus: „Auswahl aus den hochdeutschen Dichtern des 13. Jahrhunderts“ (Berl. 1820), „Specimina linguae francicae“ (das. 1825), Walther von der Vogelweide (das. 1827; 5. Aufl. von Müllenhoff, 1875), Hartmanns „Iwein“ (mit Benecke, das. 1827; 4. Aufl. 1877), Wolfram von Eschenbach (das. 1833, 4. Aufl. 1879), Hartmanns „Gregor“ (das. 1838), Ulrich von Lichtenstein (mit Th. v. Karajan, das. 1841) und veröffentlichte Abhandlungen: „Über die Leiche der deutschen Dichter des 12. und 13. Jahrhunderts“ (1829), „Über althochdeutsche Betonung und Verskunst“ (1831), wodurch er der eigentliche Begründer der deutschen Metrik ward; „Über das Hildebrandslied“ (1833), „Über Singen und Sagen“ (1833), „Über den Eingang des Parzival“ (1835) u. a. Auch verdanken wir ihm eine Übersetzung von Shakespeares Sonetten (Berl. 1820) und „Macbeth“ (das. 1829) sowie eine kritische Ausgabe von Lessings sämtlichen Werken (Leipz. 1838–40, 13 Bde.; neue Aufl. von Maltzahn, 1853–57, 12 Bde.). Aus seinem Nachlaß veröffentlichte M. Haupt einige von L. hergestellte ältere Minnesänger („Des Minnesangs Frühling“, Leipz. 1857). Seine „Kleinen Schriften“ wurden von Müllenhoff und Vahlen (Berl. 1876, 2 Bde.) herausgegeben. Vgl. M. Hertz, Karl L. (Berl. 1851); J. Grimm, Rede auf L. (das. 1851, abgedruckt in den „Kleinen Schriften“, Bd. 1).