MKL1888:Lachner

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Lachner“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 383
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Lachner. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 383. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Lachner (Version vom 20.08.2021)

[383] Lachner, 1) Franz, Komponist, geb. 2. April 1804 zu Rain in Oberbayern, erhielt von seinem Vater, dem dortigen Organisten, den ersten musikalischen Unterricht, besuchte dann das Gymnasium zu Neuburg an der Donau, widmete sich aber daneben unter Eisenhofer dem Studium der Komposition und setzte dieses 1822–23 in München, dann in Wien unter der Anleitung des Abtes Stadler und Sechters fort. 1824 ward er Organist an der evangelischen Kirche zu Wien, und 1826 erhielt er die Kapellmeisterstelle am Kärntnerthortheater, welche er 1834 mit der gleichen Stelle in Mannheim vertauschte, worauf er aus Anlaß seiner „Sinfonia appassionata“, die in Wien 1835 den großen Preis gewann, 1836 als Hofkapellmeister nach München berufen wurde. Hier wurde er 1852 zum Generalmusikdirektor ernannt, fand sich aber 1867, nachdem mit Richard Wagners Ankunft in München eine neue Musikrichtung eingeschlagen war, bewogen, seine Entlassung zu nehmen. L. ist, was Gewandtheit der formellen Beherrschung und ansprechende melodiöse Erfindung betrifft, den bedeutendern Vokal- und Instrumentalkomponisten der neuern Zeit beizuzählen und berührt sich sowohl mit Beethoven als mit Franz Schubert, mit welchen beiden Meistern er während seines Wiener Aufenthalts auch in persönlichem Verkehr stand. An den letztern erinnert er vielfach durch seine Lieder, in welcher Gattung er sich besonders heimisch zeigt. Von seinen größern Kompositionen sind zu nennen: das Oratorium „Moses“, die Kantate „Die vier Menschenalter“, mehrere Messen und sonstige Kirchensachen, neun Symphonien, zahlreiche Streichquartette, Trios, Sonaten sowie die Opern: „Die Bürgschaft“, „Alidia“, „Der Guß des Perseus“ und „Katharina Cornaro“, von denen sich die letztere eine Zeitlang auf dem Repertoire erhielt. Der glücklichen Idee, die seit Haydn in Vergessenheit geratene Form der Orchestersuite wieder zu beleben, dankte er noch in vorgerücktem Alter die glänzendsten Komponistenerfolge. Seine Werke dieser Gattung, sechs an der Zahl, überragen an Frische der Erfindung und geistvoller Arbeit fast alle seine frühern und haben auch über Deutschlands Grenzen hinaus warme Verehrer gefunden.

2) Ignaz, Komponist, Bruder des vorigen, geb. 11. Sept. 1807 zu Rain, wurde von seinem Vater zum Violinspieler ausgebildet und fand, nachdem er schon als sechsjähriger Knabe mit Beifall öffentlich aufgetreten war, im Alter von 15 Jahren am Isarthortheater in München eine Anstellung. 1826 wurde er Organist an der reformierten Kirche zu Wien, dann Orchestermitglied am Hofoperntheater, 1831 Musikdirektor zu Stuttgart und bald darauf zu München, 1853 Kapellmeister zu Hamburg und 1861 Kapellmeister am Stadttheater zu Frankfurt a. M., aus welcher Stellung er 1875 in den Ruhestand trat. Von seinen Kompositionen haben besonders die zu Alpenszenen (z. B. „Das letzte Fensterln“) Glück gemacht. Außerdem schrieb er zwei Opern, Sonaten, Streichquartette etc. und viele Lieder.

3) Vinzenz, ebenfalls Komponist, Bruder des vorigen, geb. 19. Juli 1811 zu Rain, besuchte das Gymnasium zu Augsburg, widmete sich später ausschließlich der Musik, erhielt 1830 des vorigen Stelle an der reformierten Kirche und am Hoftheater in Wien und ging 1836 als Kapellmeister nach Mannheim, wo er, seit 1873 pensioniert, jetzt noch lebt. Von seinen Kompositionen wurden eine Festouvertüre und ein Klavierquartett mit Preisen gekrönt. Außerdem schrieb er Symphonien, Konzertouvertüren, ein Streichquintett, Klavierstücke sowie ein- und mehrstimmige Gesänge, unter denen besonders seine komischen Männerchöre beliebt sind.