MKL1888:Landgesetzgebung

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Landgesetzgebung“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 17 (Supplement, 1890), Seite 518519
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Landgesetzgebung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 17, Seite 518–519. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Landgesetzgebung (Version vom 02.03.2024)

[518]  Landgesetzgebung, welche die Besiedelung und Niederlassung auf noch uubesessenen und unkultivierten Teilen des Landes regelt. Meist gestattet sie den Landerwerb bis zu einem gewissen Maximalumfang gegen niedern Preis und unter der Bedingung, daß das Ganze eingezäunt, wenigstens ein Teil kultiviert, ein gewisser Aufwand für Verbesserungen gemacht wird, und daß der Ansiedler die Bewirtschaftung selbst betreibt, auf seinem neuen Heim wohne oder auch den Wohnsitz nicht über eine gewisse Zeit unterbreche. Solche Gesetze haben nur für die neuen Erdteile Bedeutung. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika legte den Grund zu denselben das Gesetz vom 4. Mai 1785 „zur Sicherstellung einer Methode der Vermessung und Verwertung der Ländereien in westlichen Territorien“. Demselben folgten 2. Juni 1862 ein Vorkaufsgesetz, wonach der erste Ansiedler einen Anspruch auf Vorkauf von 160 Acres zum eignen Gebrauch und zum Regierungsminimalpreis von 11/4 Dollar für den Acre hat; das Heimstättegesetz vom 25. Mai 1862 (vgl. Heimstättegesetze, Bd. 8); das Holzkulturgesetz vom 3. März 1873, nach welchem jeder 21 Jahre alte Bürger 160 Acres waldloses Prärieland unentgeltlich erhält, wenn er wenigstens 10 Acres mit Wald bepflanzt und 8 Jahre lang kultiviert; das Steppenlandgesetz vom 3. März 1877, nach dem er bis zu 640 Acres Steppenland, das nur durch Bewässerung wirtschaftlich verwendbar gemacht werden kann, zum Minimalpreis erlangt, wenn er vor Ablauf von 3 Jahren die Bewässerung ausgeführt und 20 Proz. des Kaufpreises eingezahlt hat. Bis 1886 waren 444 Mill. Hektar Regierungsland bereits besiedelt. In 33 Staaten und Territorien ist alles öffentliche Land vergeben, in den 15 übrigen ist nicht mehr ganz die Hälfte noch unbesiedelt. In Kanada wurde ein neues Gesetz 25. Mai 1883 erlassen, welches die Besiedelungsfrist auf 3 Jahre herabsetzte und auch sonst noch günstigere Bedingungen für die Ansiedler gewährte. Doch geraten die letztern vielfach in Abhängigkeit von Kolonisationsgesellschaften, welche das Land zu niederm Preis von der Regierang übernehmen und an die Ansiedler weiter vergeben. In Mexiko kann nach dem Gesetz vom 15. Dez. 1883 nach Ablauf von 5 Jahren eine Heimstätte in einer Größe bis zu 100 Hektar erworben werden, wenn der Besitzer sie selbst bebaut und wenigstens ein Zehntel kultiviert. Der Ansiedler ist militär- und steuerfrei. In Brasilien werden nach dem Gesetz vom 4. Okt. 1886 Lose in der Größe von 25 Hektar gebildet, von denen bis zu 4 zum Minimalpreis von 6–8 Milreis (12–17 Mk.) für 1 Hektar erworben werden können. Verkauf und hypothekarische Belastung sind gestattet, sofern nur den gestellten Ansiedelungsbedingungen genügt wird. Chile verlangt seit 1884, um sich untüchtiger Kolonisten zu erwehren, von Ansiedlern, welche 20–40 Hektar urbar zu machendes Land unentgeltlich, andres zum Minimalpreis von 160 Mk. für 1 Hektar erhalten, den Nachweis von Kenntnissen des Ackerbaues und eines kleinen Kapitalbesitzes.

Die L. der australischen Kolonien ist derjenigen Nordamerikas nachgebildet. In der Kolonie Victoria kann nach den Landakten von 1869, 1878 und 1880 jede über 18 Jahre alte männliche oder unverheiratete weibliche Person 320 Acres Land an sich nehmen. Nach 3 Jahren erlangt der Ansiedler das Eigentumsrecht, wenn er 21/2 Jahre auf dem Gut wohnt, es einzäunt, ein Zehntel kultiviert, Verbesserungen im Wert von 20 Shill. pro Acre durchführt, während dieser Zeit jährlich 2 Shill. und nach Ablauf derselben 14 Shill. pro Acre zahlt. Statt dessen kann auch ein Pachtvertrag auf die Dauer von 7 Jahren gegen eine jährliche Pacht von 2 Shill. pro Acre abgeschlossen werden, nach dessen Erlöschung das Land wieder Freigut wird. Neusüdwales gestattet nach Gesetzen von 1861 und 1875 jeder männlichen oder [519] unverheirateten weiblichen Person über 16 Jahren, sich eine Landfläche von 40–640 Acres auszusuchen gegen sofortige Barzahlung von 25 Proz. des Minimalpreises (5 Shill. für 1 Acre) unter der Bedingung, 3 Jahre auf dem Gut zu wohnen, Verbesserungen in der Höhe von 20 Shill. pro Acre anzubringen etc. Waldungen sind von der Okkupation ausgeschlossen; Abholzungen dürfen nur auf Grund besonderer Erlaubnis erfolgen. In Auckland und Westland (Neuseeland) können über 18 Jahre alte Personen 50–75 Acres, jüngere Leute nur 20–30 Acres erhalten gegen Erstattung der Vermessungskosten und unter der Bedingung, daß binnen 5 Jahren ein Haus gebaut und wenigstens 1/3 des offenen, bez. 1/5 des Waldlandes kultiviert wird. In den andern Provinzen von Neuseeland können bis zu 320 Acres, in Queensland bis zu 160 Acres unter ähnlichen Bedingungen wie in Victoria erworben werden. Im Zentraldistrikt von Westaustralien ist bei zehnjähriger Besiedelungsfrist 1/4 des verlangten Landes zu verbessern und für den Acre eine jährliche Rente von 1 Shill. zu zahlen. Selbstbebauung wird nicht verlangt, auch ist eine Maximalgrenze für die zu erwerbende Landfläche festgesetzt. In den übrigen Distrikten der Kolonie, welche viel unbrauchbares Land enthält, darf Land im Barverkauf nur in Komplexen von mehr als 400 Acres abgegeben werden. Tasmania gibt dem Ansiedler bis zu 320 Acres gegen einen binnen 14 Jahren zu zahlenden Preis von 1 Pfd. Sterl. pro Acre unter der Bedingung, daß 1/4 der Fläche verbessert wird, aber ohne Wohnzwang. In Südaustralien können bis zu 3200 Acres zu einem Minimalpreis von 1 Pfd. Sterl. für den Acre erworben werden. Vgl. Roßmann in Schmollers „Jahrbuch für Gesetzgebung etc.“, 1889, Heft 2; Sering, Die landwirtschaftliche Konkurrenz Nordamerikas (Leipz. 1887); „Deutsche Kolonialzeitung“ 1884 ff.