MKL1888:Lhassa

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Lhassa“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 756
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Lhassa. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 756. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Lhassa (Version vom 16.04.2023)

[756] Lhassa (Lhasa, Hlassa, „Göttersitz“), Hauptstadt von Tibet und religiöse Metropole des lamaitischen Buddhismus, nördlich der Hauptkette des Himalaja, unter 29°39′ nördl. Br. und 91°5′ östl. L. v. Gr., 3632 m ü. M., rechts am Kitschu, einem Zufluß des Sanpo, mit 15,000 Einw. (wovon 9000 weiblichen Geschlechts), wozu noch 18,000 Priester und Mönche in Stadt und Umgegend kommen; durch die flottierende Bevölkerung steigt die Einwohnerzahl aber auf 50–80,000 Seelen. Die eigentliche Stadt hat nur einen Umfang von 6–7 km, sie ist auch nicht, wie andre chinesische Städte, mit Mauern umgeben; die Straßen sind breit, gerade und ziemlich sauber, während die der mit zahlreichen Gärten ausgestatteten Vorstädte entsetzlich schmutzig sind. Die Häuser, meist hoch und gut gebaut, sind aus Steinen oder Lehm, in einem Viertel aber ganz aus Rinder- und Widderhörnern aufgeführt. Die bedeutendsten Gebäude der Stadt sind die Tempel, von denen der merkwürdigste etwas westlich auf einem 100 m hohen Plateau, dem Potala, liegt. Hier ist der großartige Palast des Dalai Lama, in dessen mit größter Pracht ausgeschmücktem Mittelbau die 22 m hohe Statue der Dschamba errichtet ist, und den zahlreiche kleinere Bauten für die vielen Lamas, welche dem Oberpriester zu dienen haben, umgeben. Noch erheben sich in der wohlkultivierten Ebene, in welcher L. liegt, eine ganze Anzahl andrer Klöster mit 200 bis zu 5500 Mönchen. Die Stadt ist Sitz eines chinesischen Gouverneurs und hat eine Garnison von 500 chinesischen und 1000 tibetischen Soldaten, etwas Metallindustrie, Weberei und Färberei und einen ansehnlichen Handel mit China, der Mongolei, Kaschmir, Indien, der zum nicht geringen Teil von Mohammedanern (Katschi aus Kaschmir) betrieben wird, welche ihren eignen Gouverneur in der Stadt haben. L. ist uns zwar bereits durch den Mönch Odorico di Pordenone, welcher Tibet 1316–30 durchzog, bekannt geworden; Genaueres haben wir aber erst in neuester Zeit durch die indischen Punditen (Nain Singh 1866 und 1875, A. K. 1879–80) erfahren.