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MKL1888:Licinĭus

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Licinĭus“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Licinĭus“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 10 (1888), Seite 768769
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Licinĭus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 768–769. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Licin%C4%ADus (Version vom 24.11.2022)

[768] Licinĭus, berühmtes röm. plebejisches Geschlecht, stammte wahrscheinlich aus Etrurien. Merkwürdig:

1) Gajus L. Calvus Stolo, mit patrizischen Familien verschwägert, hat sich durch die Gesetzesanträge berühmt gemacht, die er als Volkstribun in Gemeinschaft mit seinem Kollegen L. Sextius nach zehnjährigem Kampf 367 v. Chr. durchsetzte (Liciniae leges). Es waren drei Anträge, welche die beiden Tribunen und zwar zum erstenmal 376 stellten: 1) es soll kein römischer Bürger über 500 Morgen Ackerland vom Ager publicus besitzen, und keiner soll von großem Vieh über 100, von kleinem über 500 Stück auf die Gemeindetrift treiben; 2) was die verschuldeten Plebejer bis jetzt an Zinsen bezahlt haben, soll vom Kapital abgezogen und der Rest der Schuld in drei gleichen Raten innerhalb dreier Jahre abgezahlt werden; 3) einer der Konsuln soll immer ein Plebejer sein. [769] Fünf Jahre lang hintertrieben die beiden Gesetzgeber, um die Patrizier zur Annahme ihrer Anträge zu nötigen, die Wahl aller kurulischen Magistrate, und zehn Jahre lang wurden sie immer aufs neue zu Tribunen gewählt, bis endlich 367 sämtliche Anträge durchgingen. Zum Dank dafür wurde L. 364 und zum zweitenmal 361 zum Konsul gewählt. 357 wurde er zu einer Buße von 10,000 As verurteilt, weil er nebst seinem Sohn 1000 Morgen Felder besitze und durch Entlassung seines Sohns aus der väterlichen Gewalt das Gesetz umgangen habe.

2) Gajus L. Macer, geboren um 107 v. Chr., Volkstribun 73, erwies sich in diesem Amt als eifriger Verfechter der Sache des Volkes, erhielt die Prätur und dann eine Provinz, wurde aber wegen Erpressung 66 vom Prätor Cicero verklagt und verurteilt, worauf er sich selbst den Tod gab. Er verfaßte eine römische Geschichte von den ältesten Zeiten wahrscheinlich bis auf seine Zeit herab, in der er auch von Urkunden Gebrauch machte, die aber bis auf unbedeutende Fragmente verloren ist.

3) Gajus L. Macer Calvus, Sohn des vorigen, geb. 82 v. Chr., gestorben vor 47, wird sowohl als Redner wie als lyrischer Dichter gerühmt. In ersterer Eigenschaft bildete er mit Curio und Brutus eine Art Gegenpartei gegen Cicero, indem er nach einer einfachern und präzisern Redeweise strebte, die man die attische nannte. Er war ein Freund des Catullus, mit dessen Poesie die seinige Ähnlichkeit besaß. Eine Sammlung der dürftigen Bruchstücke seiner Gedichte enthält L. Müllers Ausgabe des Catull (Leipz. 1870). Vgl. Weichert in „Poetarum latinorum vitae“ (Leipz. 1830).

Außerdem zählte das Licinische Geschlecht noch mehrere namhafte Männer mit den Familiennamen Crassus, Lucullus, Murena, Nerva (s. d.). Auch der Dichter Archias (s. d.) führte diesen Geschlechtsnamen.

Licinĭus, röm. Kaiser, in Dacien aus niederm Stand geboren, durchlief alle Stufen militärischer Würden und wurde vom Kaiser Galerius 307 n. Chr. zum Augustus an Severus’ Statt erhoben und mit der Regierung von Illyrien beauftragt. 313 vermählte er sich mit der Schwester Konstantins, Constantia. Durch die Niederlage und den Tod Maximins wurde er alleiniger Beherrscher des Ostens. Bald aber erfolgte ein Zusammenstoß mit seinem Schwager Konstantin, dem Beherrscher des Westens. Bei Cibalis in Pannonien kam es 315 zu einer blutigen Schlacht, infolge deren sich L. über Sirmium nach Thrakien zurückzog. Eine zweite Schlacht in Thrakien führte zu einem Frieden, in welchem L. Illyrien an Konstantin abtrat. Aber schon 323 kam es zu neuen Feindseligkeiten. L. ward bei Adrianopel und zum zweitenmal bei Chalcedon geschlagen, geriet sodann in die Hände des Siegers und wurde von diesem, gegen das gegebene Versprechen, zu Thessalonika 324 getötet. Vgl. Antoniades, Kaiser L. (Münch. 1884).