MKL1888:Lysĭas

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Lysĭas“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 17
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Lysĭas. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 17. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Lys%C4%ADas (Version vom 21.11.2023)

[17] Lysĭas, der dritte unter den zehn attischen Rednern, um 440 v. Chr. zu Athen als der Sohn des Kephalos geboren, eines reichen Syrakusaners, der sich auf Perikles’ Rat in Athen niedergelassen hatte, ging, 15 Jahre alt, mit seinen beiden Brüdern nach Thurii in Italien, wo er den Unterricht des Rhetors Tisias von Syrakus genoß. 412 nach Athen zurückgekehrt, betrieb er mit seinem ältesten Bruder, Polemarchos, eine bedeutende Schildfabrik im Piräeus. Unter der Herrschaft der Dreißig Tyrannen (404) wurden die Brüder als Gegner der Regierung angeklagt, ihr Vermögen konfisziert und Polemarchos hingerichtet; L. rettete sich kaum durch die Flucht nach Megara. Nach dem Sturz der Dreißig Tyrannen, zu dem er eifrig mitgewirkt hatte, lebte er wieder in Athen der lohnenden Beschäftigung, für andre Gerichtsreden zu schreiben, nachdem er durch die Anklage des Eratosthenes, des Mörders seines Bruders, seinen Ruf als Redner begründet hatte. Hochangesehen starb er im 83. Lebensjahr. Im Altertum schrieb man ihm 425 Reden zu, von welchen jedoch 233 für unecht galten. Erhalten sind, außer zahlreichen, zum Teil umfänglichen Bruchstücken, 31 Reden, darunter 5 sicher unechte und 4 sehr verdächtige. Nur eine derselben hat er selbst gehalten, die erwähnte gegen Eratosthenes. Meist der gerichtlichen Gattung angehörig, zeichnen sie sich durch Reinheit und Schlichtheit der Sprache, Sachgemäßheit der Ausdrucksweise, methodische Behandlung des Stoffes, bei aller Knappheit überaus lichtvolle und anschauliche Darstellung und eine außerordentliche Kunst der Charakterzeichnung aus. Herausgegeben außer in den Sammlungen der Redner von Westermann (Leipz. 1854), Scheibe (das. 1855), Cobet (Amsterd. 1863), in Auswahl von Frohberger (Leipz. 1866–71, 3 Tle.), Rauchenstein und Fuhr (9. Aufl., Berl. 1886). Übersetzungen von Falck (Bresl. 1843), Baur (4. Aufl., Stuttg. 1884) u. a. Vgl. Hölscher, De vita et scriptis Lysiae (Berl. 1837); Blaß, Die attische Beredsamkeit, Bd. 1 (2. Aufl., Leipz. 1885).