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MKL1888:Mühlhausen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mühlhausen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Mühlhausen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 11 (1888), Seite 854855
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Mühlhausen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 854–855. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:M%C3%BChlhausen (Version vom 23.02.2024)

[854] Mühlhausen, 1) M. in Thüringen, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Erfurt, ehemals freie Reichsstadt, an der Unstrut und der Linie Gotha-Leinefelde der Preußischen Staatsbahn, 206 m ü. M., hat

Wappen von Mühlhausen i. Th.

5 Vorstädte, 7 Thore, 4 evang. Kirchen (darunter die fünfschiffige Marien- oder Frauenkirche aus dem 14. Jahrh. und die Blasiuskirche aus dem 12. Jahrh., mit alten Glasmalereien), eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein altertümliches Rathaus, ein Theater, ein Waisenhaus etc. und 1885 mit der Garnison (3 Eskadrons Ulanen Nr. 6) 25,141 meist evang. Einwohner, welche Fabrikation von wollenen, halb- und baumwollenen Stoffen, von Strumpfwaren, Näh- und Stickmaschinen, Holzwaren und Möbeln, Leder, Leim, Kesseln und Bierapparaten, Wollgarnspinnerei, Färberei, Bierbrauerei etc. betreiben. Der Handel, besonders lebhaft in Getreide, Handelsfrüchten (Anis, Koriander etc.), Gartenerzeugnissen, Vieh, Wolle etc., wird durch eine Handelskammer, eine Reichsbanknebenstelle und 3 andre Bankinstitute unterstützt. M. ist Sitz eines Amtsgerichts und hat ein Gymnasium, ein Realprogymnasium und eine Musikschule. – M., ursprünglich ein königliches Kammergut, erhielt zu Anfang des 13. Jahrh. Stadtrecht und dann Münz- und Zollrecht. Gegen die Burg, auf der ein königlicher Burggraf waltete, schloß sich die Stadt um die Mitte des 13. Jahrh. durch Mauern ab. 1251 erhielt sie das Recht, den Schultheißen zu ernennen, und wurde dadurch freie Reichsstadt, wenn auch jenes Amt noch im 14. Jahrh. eine Zeitlang an den Fürsten von Henneberg verpfändet war. Inzwischen hatte auch die Burggrafschaft ihr Ende erreicht, und ihre Befugnisse wurden von der Stadt erworben. Unter Karl IV. erhielten die Zünfte Vertretung im Rat. Aus den Stürmen des Bauernkriegs, während dessen Thomas Münzer M. zum Schauplatz seiner Agitation machte, rettete die Stadt ihre damals sehr bedrohte Freiheit und nahm erst 1556 die Reformation an. Durch den Ankauf der Liegenschaften des Deutschen Ritterordens (1599) erwarb die Stadt einen großen Grundbesitz (im ganzen 220 qkm). Auf dem Fürstentag zu M. (März 1620) gab der Kurfürst von Sachsen die Sache der Union preis und erklärte sich mit den rheinischen Erzbischöfen für den Kaiser. 1802 kam M. an Preußen, 1807 an Westfalen und 1815 abermals an Preußen. Vgl. Herquet, Urkundenbuch der ehemaligen freien Reichsstadt M. (Halle 1874); Pfaff, Chronik der Stadt M. in Thüringen (Nordhaus. 1874); Stephan, Verfassungsgeschichte der Reichsstadt M. (Sondersh. 1886 ff.). – 2) M. in Ostpreußen, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, Kreis Preußisch-Holland, an der Linie Dirschau-Seepothen der Preußischen Staatsbahn, 45 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, Bierbrauerei, Töpferei, Gerberei, eine Dampfschneidemühle, Holzhandel und (1885) 2439 meist evang. Einwohner. – 3) M. (tschechisch Milevsko), Stadt im südlichen Böhmen, an der Staatsbahnlinie Tabor-Pisek, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine Dekaneikirche, Bierbrauerei, Spiritusfabrikation, [855] Töpferei und (1880) 2728 Einw. – 4) Stadt im Elsaß, s. Mülhausen.