MKL1888:Maßmann
[326] Maßmann, Hans Ferdinand, Forscher auf dem Gebiet der altdeutschen Sprache und Litteratur und Förderer der Turnkunst, geb. 15. Aug. 1797 zu Berlin, begann hier seit 1814 das Studium der Theologie, trat 1815 unter die freiwilligen Jäger und setzte nach seiner Rückkehr aus Frankreich im Herbst seine Studien in Berlin, dann in Jena fort, wo er der Burschenschaft angehörte und bei dem Wartburgfest, das er auch in einer Schrift schilderte, besonders thätig war. Deswegen besonders wurde er später in die Untersuchungen wegen demagogischer Umtriebe verwickelt. In den folgenden Jahren lebte er in Breslau, Magdeburg, Erlangen, Nürnberg und Berlin, teils an Turnanstalten und Schulen thätig, teils mit naturwissenschaftlichen und altdeutschen Studien beschäftigt. 1826 nach München berufen, wirkte er dort als Turnlehrer beim Kadettenkorps und als Leiter der Schulturnanstalt, später auch als Professor der altdeutschen Litteratur, Ministerialreferent für Schulwesen und Mitglied der Akademie der Wissenschaften. 1843 ward er nach Berlin berufen, um die Einrichtung des allgemeinen Turnunterrichts im preußischen Staat auszuführen, und erhielt 1846 zugleich eine Professur der altdeutschen Sprache und Litteratur an der dortigen Universität. Die Ausführung seines turnerischen Auftrags scheiterte hauptsächlich deswegen, weil M., ohne die Macht von Jahns Persönlichkeit zu besitzen und ohne die ganz verschiedenen Verhältnisse zu berücksichtigen, doch das Turnen in dem Massenbetrieb zu erwecken hoffte, wie er es aus der Zeit der Befreiungskriege unter Jahn kannte. Er wurde 1851 zur Disposition gestellt, lebte seitdem in Berlin und starb 3. Aug. 1874 in Muskau, wo sein Grab seit 1877 ein von seiten der Turngenossen errichtetes Denkmal schmückt. Von seinen turnerischen Schriften ist hervorzuheben: „Altes und Neues vom Turnen“ (Berl. 1849, 2 Hefte); auch dichtete er unter anderm das Lied „Ich hab’ mich ergeben“. Seine sonstigen zahlreichen Publikationen bestehen zunächst in Ausgaben älterer deutscher Sprachdenkmäler, wovon wir nennen: „Deutsche Gedichte des 12. Jahrhunderts“ (Quedlinb. 1837, 2 Bde.); „Deutsche Abschwörungs-, Beicht-, Buß- und Betformeln des 8.–13. Jahrhunderts“ (das. 1839); „St. Alexius’ Leben“ (das. 1843); „Tristan“ von Gottfried von Straßburg (Stuttg. 1843); „Kaiserchronik“ (Quedlinb. 1849–53, 3 Bde.) etc. Um das Gotische machte er sich durch die Ausgabe der „Auslegung des Evangeliums Johannis“ (Münch. 1834), der „Gotischen Urkunden zu Neapel und Arezzo“ (Wien 1834) und der Schriften des Ulfilas (Stuttg. 1855–56, 2 Bde.), um das Althochdeutsche durch seine „Erläuterungen zum Wessobrunner Gebet des 8. Jahrhunderts“ (Berl. 1824), die Herausgabe der „Fragmenta theodisca“ (Wien 1841) und die eines „Index“ zu Graffs „Althochdeutschem Sprachschatz“ (Berl. 1846) verdient. Einen schätzbaren Beitrag zur römischen Epigraphik lieferte er im „Libellus aurarius“ (Leipz. 1841). Ausgezeichnet durch einen reichen Kommentar ist seine Ausgabe der „Germania“ des Tacitus (Quedlinb. 1847). Ferner veröffentlichte er: „Geschichte des mittelalterlichen Schachspiels“ (Quedlinb. 1839); „Litteratur der Totentänze“ (Leipz. 1840); „Der Egerstein in Westfalen“ (Weimar 1846); „Die Baseler Totentänze“ (Stuttg. 1847) u. a.