MKL1888:Mahlsteuer
[98] Mahlsteuer. Eine Aufwandsteuer auf Mehlfrüchte ist zwar wegen des ausgedehnten Konsums der letztern sehr einträglich, doch führt dieselbe leicht zu einer ungleichmäßigen Belastung, teils weil der Mehlverbrauch ein ungleichmäßiger und der Steuerfuß der Qualität schwer anzupassen ist (Schwarzbrot der Armen, Weißbrot der Wohlhabenden), teils weil einer Besteuerung des gesamten Konsums zu große Schwierigkeiten im Weg stehen. Wird die M. als Thorsteuer erhoben, so bleibt der Verbrauch der offenen Orte und des platten Landes unbelastet. In dieser Form eignet sich darum auch die Besteuerung von Mehl und Getreide nur für Gemeindezwecke (Oktroi). Die andre in der Praxis vorkommende Form der Erhebung, die M., welche an den Prozeß des Getreidemahlens anknüpft und mit dem Verbot der Handmühlen, des nächtlichen Mahlens und der Annahme von zu vermahlendem Getreide ohne Bescheinigung über bezahlte Accise verbunden werden muß, führt da zu großen Schwierigkeiten und Kosten, wo zahlreiche Mühlen im Land zerstreut sich vorfinden. Diese Schwierigkeiten mindern sich um so mehr, je mehr mit Verbesserung des Mühlenwesens die kleinen Wassermühlen durch große, insbesondere durch Dampfmühlen, verdrängt werden. Die früher in Preußen in größern Städten bestandene M. wurde 1875 aufgehoben. Gegenwärtig ist Mehl und Getreide in Deutschland, England und Rußland keiner Binnensteuer unterworfen. Italien hat die 1869 eingeführte M. 1884 wieder aufgehoben; Österreich erhebt eine solche Steuer als Thorsteuer.