MKL1888:Maifest

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Maifest“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 108
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Maifest. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 108. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Maifest (Version vom 20.11.2023)

[108] Maifest, eine altherkömmliche, durch das ganze nordwestliche Europa verbreitete und früher außerordentlich volkstümliche Feier des neuerwachenden Lebens in der Natur. Dieselbe zerfiel in zwei getrennte Teile, deren erster, die Vertreibung des Winters, an vielen Orten bereits in den Fastenzeiten oder zu Ostern stattfand. Der Winter, durch eine Puppe in Gestalt eines alten Mannes dargestellt, wurde hierbei bekämpft, in dramatischen Spielen besiegt und endlich mit allerlei Zeremonien verbrannt, ins Wasser gestürzt oder aufgehängt. Um damit symbolisch auch alles Ungemach, Krankheit und Tod, die der Winter im Gefolge führt, mit zu verbannen, ward diese Zeremonie auch das Todaustragen genannt. Auf die Verbannung des Winters folgt dann die Einführung des heitern Frühlingsdämons, hier und da am 1. Mai, an andern Orten am Pfingstfest etc. Die Hauptrolle dabei spielt meist das Gesundheits- und Fruchtbarkeitssymbol des Maibaums, gewöhnlich eine stattliche Birke mit eben entfaltetem Blätterschmuck (Maien), die feierlich eingeholt, dann, mit Bändern, Kränzen, Kronen etc. aufgeputzt, in Prozession von Haus zu Haus geführt und schließlich auf einem Hauptplatz eingepflanzt wird, um darum zu tanzen oder die üblichen Spiele zu begehen. An vielen Orten wird der Mai auch noch durch Puppen oder junge Leute personifiziert, die gänzlich in grünes Laub gekleidet werden und danach verschiedene Namen (grüner Georg, Pfingstlümmel, Gras- oder Lattichkönig etc.) erhalten. Nach dem Maibaum findet dann zunächst ein Wettrennen zu Pferde statt, womit in Thüringen, Bayern etc. ein Kranz- oder Bosselstechen verbunden wird. Der Sieger ist für das nächste Jahr Mai-, Blumengraf oder Pfingstkönig, der sich alsbald auch eine Pfingstkönigin wählt und alle beim M. stattfindenden Umzüge und Unterhaltungen als Anführer zu leiten hat. Die wichtigste der weitern Zeremonien besteht in einem Umzug durch die Ortschaft und um die Saatfelder, der gewöhnlich mit Musik und Pomp zu Pferde geschieht (Umritt, Mai- oder Pfingstritt), und mit welchem in Hannover und Westfalen zugleich der erste allgemeine Austrieb des Viehs (Wettaustreiben) stattfindet. Auch das Maientrinken, das der heil. Walpurgis gewidmete Minnetrinken im Maitau, durch welches man sich neue Kraft und Gesundheit für das ganze Jahr zu erwerben hoffte, war weit verbreitet. Ausführliche Schilderungen aller dieser und vieler andrer Gebräuche, die auf sehr alte Zeit zurückgehen, findet man in Mannhardts „Wald- und Feldkulte“ (Berl. 1875–77, 2 Bde.) und in Rochholz’ „Drei Gaugöttinnen“ (Leipz. 1870). Vgl. auch Pabst, Die Volksfeste der Maigrafen (Berl. 1865).