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MKL1888:Mansfeld

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mansfeld“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 201203
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Mansfeld. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 201–203. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mansfeld (Version vom 18.12.2023)

[201] Mansfeld, ehemalige deutsche Grafschaft des obersächsischen Kreises, 1100 qkm (20 QM.) groß mit 50,000 Einw. und einem eignen Grafengeschlecht, das 1780 erlosch, gehört jetzt zum preußischen Regierungsbezirk Merseburg und ist in den Mansfelder Gebirgskreis, Mansfelder Seekreis und Kreis Sangerhausen geteilt, deren Hauptstädte M., Eisleben und Sangerhausen sind.

Mansfeld (Thalmansfeld), Hauptstadt des Mansfelder Gebirgskreises im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, am Thalbach, hat eine evang. Kirche mit einem Gemälde von Lukas Cranach, eine „Lutherschule“, Luthers Vaterhaus (jetzt Wohnung für zwei Diakonissen), ein Johanniter-Siechenhaus, ein Amtsgericht, Kunsttischlerei, Lohgerberei, Holzhandel, Bergbau und (1885) 2515 meist evang. Einwohner. Dabei auf steilem Berg das gräfliche Stammschloß, das im Dreißigjährigen Krieg 1635 von den Schweden erobert und bis 1650 besetzt gehalten, darauf 1674 zum größten Teil geschleift wurde. Die Reste kamen später in Privatbesitz und wurden 1860–61 restauriert.

Mansfeld, deutsches Grafengeschlecht, nach dem alten Schloß M. in der gleichnamigen deutschen Grafschaft (s. oben) benannt. Als der Ahnherr des Stammes wird Hoyer von M. 1060 genannt. Geschichtlich bedeutend ist Graf Hoyer, ein treuer Anhänger Kaiser Heinrichs V. Derselbe überfiel den Pfalzgrafen Siegfried, Wiprecht von Groitzsch und Ludwig den Springer 1113 bei Warnstedt und fiel 11. Febr. 1115 in der Schlacht am Welfesholz gegen die Sachsen in einem Einzelkampf mit Wiprecht dem jüngern von Groitzsch. Sein Andenken lebt in manchen Sagen [202] und Liedern fort. Die beiden Linien, welche Hoyers Enkel Ulrich und Burkhard bei der Teilung ihres Erbes gründeten, starben frühzeitig aus: die erstere im Lauf des 14. Jahrh., die letztere noch mit dem Stifter selbst, der nur zwei Töchter hinterließ. Durch die Vermählung einer derselben, Sophie, mit Burkhard von Querfurt (1219) gingen die Besitzungen ihres Vaters an das querfurtische Geschlecht über, und Sophiens Sohn Burkhard (I.), der auch Burggraf zu Magdeburg war, wird daher als Stifter der mansfeldisch-querfurtischen Linie aufgeführt (1264). Die Reichsunmittelbarkeit ging im 15. Jahrh. verloren, und die Grafschaft M. wurde Lehen teils von Kursachsen, teils von Magdeburg und Halberstadt. Der erweiterte Besitzstand führte früh zu Teilungen, deren folgenreichste die von 1475 ward. Infolge derselben wurde Albrecht der Stifter der vorderortischen, Ernst der Stifter der hinterortischen Linie. Die letztere teilte sich nochmals in die mittelortische oder schraplausche und in die hinterortische Nebenlinie, von denen die erstere 1567, die andre 1666 erlosch. Von den sechs Nebenlinien, in welche sich die vorderortische wieder spaltete, hat sich die bornstädtische, die 1600 in den Reichsfürstenstand erhoben wurde, am längsten erhalten. Sie erlosch 31. März 1780 mit Joseph Wenzel, Fürsten von Fondi und Grafen von M., k. k. Kämmerer. Die mansfeldischen Lehen, welche der großen Schulden der Familie halber bereits im 16. Jahrh. von den Lehnsherren sequestriert worden waren, fielen hierauf zu 3/5 an Kursachsen und zu 2/5 an Preußen, die Allodialgüter in Böhmen aber durch Vermählung von Joseph Wenzels Halbschwester an das Haus Colloredo, das fortan das mansfeldische Wappen und den Namen Colloredo-M. annahm. Vgl. Niemann, Geschichte der Grafen von M. (Aschersl. 1834). Die namhaftesten Sprößlinge des Geschlechts sind:

1) Albrecht, Graf, geb. 1480, schloß sich mit seinem Bruder Gebhard 1519 der Reformation an und erscheint mit jenem bei allen wichtigern Verhandlungen jener Zeit, so bei denen zu Schmalkalden (1530 und 1537) und zu Köln. Während des Schmalkaldischen Kriegs geächtet und seiner Besitzungen beraubt, begab sich Albrecht nach Bremen, vor dessen Thoren er 24. Mai 1547 dem kaiserlichen Heer unter Erich von Braunschweig eine große Niederlage beibrachte. Später zeichnete er sich bei der Verteidigung von Magdeburg rühmlich aus. Er starb 4. März 1560. – Sein Sohn Volradt beteiligte sich erst an den Kriegen in Deutschland und kämpfte dann als Führer deutscher Hilfstruppen auf der Seite der Hugenotten in Frankreich, zeichnete sich im Treffen von Moncontour (3. Okt. 1569) aus und starb 1578.

2) Peter Ernst I., Graf, später Fürst von, geb. 15. Juli 1517, neunter Sohn des Grafen Ernst (gest. 1532) und Begründer des belgischen Zweigs (Heldrungen) seiner Familie, kam in seinem 14. Jahr an den Hof Ferdinands I., folgte 1535 Karl V. gegen Tunis, zeichnete sich 1543 als Führer einer Reiterkompanie bei der Belagerung von Landrecies aus und stieg bis zum Oberstleutnant. 1545 erhob ihn der Kaiser zum Statthalter des Herzogtums Luxemburg und der Grafschaft Chiny; 1551 fiel er in Frankreich ein, geriet aber, in Ivry eingeschlossen, 1552 in französische Gefangenschaft, aus der er sich erst 1557 durch eine große Geldsumme loskaufte, und focht dann bei St.-Quentin mit. Beim Ausbruch der Unruhen in den Niederlanden blieb er König Philipp treu, befehligte 1566 die Truppen in Brüssel, 1567 in Antwerpen, ward 1569 von Alba mit 5000 Mann dem König von Frankreich zu Hilfe gesendet, wo er sich bei Moncontour auszeichnete, wurde dann General der spanischen Armee und von Requesens in den Großen Staatsrat gezogen. Im März 1579 wirkte er mit bei der Belagerung Maastrichts, das er 29. Juni erstürmte; dann focht er glücklich in Geldern, Hennegau, Artois und andern Provinzen, eroberte im Dezember 1588 nach langer Belagerung die Stadt Wachtendonk, worauf ihm zu verschiedenen Malen die Geschäfte eines Oberstatthalters übertragen wurden. 1594 erhielt er die Fürstenwürde. Schon hochbejahrt, begleitete er noch den Erzherzog Albrecht in die Picardie und zur Belagerung von Calais; 1597 zog er sich von allen öffentlichen Geschäften zurück und starb 22. Mai 1604 in Luxemburg, wo er in dem von ihm erbauten Palast eine große Sammlung von Kunstaltertümern aufgehäuft hatte.

3) Karl von, Sohn des vorigen, geb. 1543, wurde in Frankreich erzogen und that auch dort seine ersten Dienste, wurde darauf vom König Philipp II. zum General und Admiral der niederländischen Meere ernannt und mit spanischen Hilfsvölkern nach Ungarn geschickt, wo er 1595 den Sieg von Gran erfocht. Er starb kurz darauf 24. Aug. 1595 in Komorn.

4) Peter Ernst II., gewöhnlich nur Ernst von M. genannt, einer der kühnsten Parteigänger des Dreißigjährigen Kriegs, geb. 1580 zu Luxemburg, Sohn von M. 2) aus einer kirchlich nicht sanktionierten Verbindung mit einer schönen Niederländerin, Anna van Bentzerath, verrichtete erst, wiewohl von unansehnlichem, ja häßlichem Äußern, am Hof seines Vaters zu Luxemburg Pagendienste, focht früh unter seinem Bruder Karl in Ungarn und zeichnete sich dann in spanischen Diensten bei der Belagerung von Ostende (1601–1604) aus. Beim Ausbruch des jülich-klevischen Erbfolgestreits (1609) ging er in des Erzherzogs Leopold Dienste über und machte sich durch Raub und Plünderung gefürchtet. 1610 in Schleiden überfallen und gefangen, wurde er von Leopold trotz früherer Versprechungen nicht losgekauft, auch für neue Dienste nur mit Hohn und Spott belohnt, weshalb er mit seinen Truppen im Elsaß zur Union überging. Dem Herzog Karl Emanuel von Savoyen 1613 zu Hilfe geschickt, focht er gegen die Spanier. 1617 nach Deutschland zurückgekehrt, um neue Truppen zu werben, trat er als General der Artillerie und Oberst eines Infanterieregiments 1618 in die Dienste der böhmischen Rebellen und ward dafür vom Kaiser in die Reichsacht erklärt. Gekränkter Ehrgeiz und Erbitterung über verletzende Zurücksetzungen bewogen ihn 1620 zur Unthätigkeit in Pilsen; er unterhandelte nach beiden Seiten, bis die Schlacht am Weißen Berg der Herrschaft Friedrichs V. ein Ende machte. Nach der Kapitulation Pilsens 1620 zog er einen großen Teil des zersprengten Böhmenheers sowie englische und pfälzische Hilfsvölker an sich, welche er durch den Krieg selbst ernährte, behauptete sich zunächst bis zum Herbst 1621 in der Oberpfalz, wandte sich dann nach dem Rhein, entsetzte das von den Spaniern hart bedrängte Frankenthal, drang ins Bistum Speier ein, focht glücklich gegen Tilly und Don Gonzalez de Cordova, brandschatzte allenthalben und bezog dann zu Hagenau Winterquartiere. Im Frühjahr 1622 setzte er über den Rhein, vereinigte sich mit dem Markgrafen von Baden und schlug Tilly bei Wiesloch 27. April. Unklugerweise trennte er sich aber wieder vom Markgrafen und unternahm ziel- und erfolglose Züge durch Elsaß und Hessen. Nachdem er sich mit Christian von Braunschweig nach dessen Niederlage bei [203] Höchst (20. Juni 1622) vereinigt, traten beide Heerführer, als Pfalzgraf Friedrich wider Erwarten die Waffen niederlegte, in die Dienste der Generalstaaten, bahnten sich mit den Waffen in der Hand den Weg durch die spanischen Niederlande, indem sie Cordova bei Fleurus 29. Aug. schlugen, und vereinigten sich mit dem Prinzen Moritz von Oranien zu Rozendaal. Von den Generalstaaten im November nach Ostfriesland geschickt, um den Grafen Enno wegen seines Einverständnisses mit den Spaniern zu züchtigen, nahm M. alle festen Plätze daselbst ein und Enno selbst gefangen. Mehrere Monate blieb er in dieser Grafschaft, wo sein zuchtloses Kriegsvolk aufs entsetzlichste hauste, bis er, mit schwerem Geld abgefunden, im Juli 1623 sein bereits in Auflösung begriffenes Heer entließ. Er zog sich nun als Privatmann nach dem Haag zurück, ging aber bald nach Paris und von da nach London, wo er vom König glänzend empfangen und reich beschenkt wurde. Mit 12,000 Mann in England geworbener Truppen kam er im Februar 1625 wieder nach dem Festland, zunächst nach den Niederlanden, dann an die untere Elbe. Nach Beginn des niedersächsischen Kriegs brach M. im Februar 1626 mit 12,000 Mann aus seinem Winterlager bei Lübeck auf, fiel in das Anhaltische ein und griff Wallenstein 25. April in seiner Stellung an der Dessauer Brücke an, erlitt aber eine vollständige Niederlage. Schnell warb er in der Mark Brandenburg wieder ein Heer von 12,000 Mann, das durch französische Subsidien unterhalten wurde, zog 5000 Dänen unter Johann Ernst dem jüngern von Weimar an sich und brach nun mit diesem 30. Juni d. J. aus seinem Hauptquartier zu Havelberg auf, um in die Erbländer des Kaisers einzufallen und Wallenstein vom dänischen Hauptheer in Niedersachsen abzuziehen. Durch Schlesien setzte er unter steten Verfolgungen des Feindes seinen Marsch nach Mähren und Ungarn fort, wo er sich mit Bethlen Gabor von Siebenbürgen vereinigte. Als dieser aber mit dem Kaiser Frieden schloß, wandte er sich durch das türkische Gebiet nach Venedig. Doch ereilte ihn der Tod 29. Nov. d. J. in dem bosnischen Dorf Rakowitza bei Sarajewo. Er erwartete denselben in vollem Waffenschmuck und stehend, auf zwei Diener gestützt. Sein Leichnam wurde zu Spalato begraben. Vgl. Reuß, Graf Ernst von M. im böhmischen Krieg 1618–21 (Braunschw. 1865); Villermont, Ernest de M. (Brüssel 1866, 2 Bde.); Ütterodt zu Scharffenberg, Ernst Graf zu M. 1580–1626 (mit Originalbriefen Mansfelds und Tillys, Gotha 1867); Großmann, Des Grafen E. v. M. letzte Pläne und Thaten (Bresl. 1876); E. Fischer, Des Mansfelders Tod (Programm, Berl. 1878).