MKL1888:Marienbad

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marienbad“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 244245
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Marienbad. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 244–245. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Marienbad (Version vom 30.01.2024)

[244] Marienbad, s. v. w. Wasserbad, s. Bad, S. 225.

Marienbad, Stadt und berühmter Badeort in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Tepl, 628 m ü. M., Station der Staatsbahnlinie Pilsen-Eger, liegt in einem anmutigen, grünen Thalkessel, welcher ringsum von den waldigen Ausläufern des böhmischen Mittelgebirges umgeben und nur gegen S. offen ist. Die Stadt besitzt eine schöne, 1849 vollendete kath. Kirche, eine evangelische und eine anglikan. Kirche und eine Synagoge, ein Theater, ein Kurhaus, 3 Badehäuser, 2 Krankenhäuser, ist Sitz eines Bezirksgerichts und zählt (1880) 2009 Einw. Die Heilquellen von M. waren zwar schon seit langer Zeit unter dem Namen der Auschowitzer Salzquellen (nach einem Dorf südlich von M.) bekannt; aber erst infolge der eifrigen und unablässigen Bemühungen Nehrs (gest. 1820), dessen Bronzedenkmal die Kolonnade des Kreuzbrunnens ziert, und des Abtes Reitenberger (dem gleichfalls eine Bronzebüste auf der Kreuzbrunnenpromenade errichtet wurde) des Prämonstratenserstifts Tepl, in dessen Besitz sich sämtliche Quellen und Badeanstalten von M. befinden, wurden 1807–1808 die ersten Badeeinrichtungen geschaffen. M. selbst hat acht benutzte Quellen; die Umgegend ist aber sehr reich an solchen, die noch nicht gefaßt und benutzt sind. Unter den erstern sind vier alkalische Glaubersalzquellen von 9–12° C. (Kreuz-, Ferdinands-, Alexandrinen- und Waldquelle), zwei alkalische Eisensäuerlinge von 8–9° C. (Karolinen- und Ambrosiusquelle) sowie eine erdige, der Wildunger sehr ähnliche Quelle (Rudolfsquelle). Der Kreuz- und der Ferdinandsbrunnen kommen aus halb verwittertem porphyrartigen Granit hervor, die übrigen entspringen in Moorboden. Alle Quellen werden vorwiegend zur Trinkkur benutzt; zum Baden dienen der Ambrosius- und Ferdinandsbrunnen und [245] die Marienquelle. Außerdem kommen noch Moorbäder, kohlensaure Gas- und russische Dampfbäder in Anwendung. Für die Moorbäder wird die Masse, welche eine Temperatur von 35–38° C. hat und schwefelsaures Eisen, Natronsalz und andre Substanzen enthält, aus dem Moorlager am Berg Podhorn und aus dem neuen Moorlager in nächster Nähe von M. gewonnen. Die Zusammensetzung der Quellen ist der Hauptsache nach folgende: Der Kreuzbrunnen, enthält in einem Liter (1000 g) Wasser 4,755 schwefelsaures Natron (Glaubersalz), 1,633 Chlornatrium (Kochsalz), 1,128 kohlensaures Natron und 0,499 kohlensaure Kalkerde, 0,417 kohlensaure Magnesia, 0,051 schwefelsaures Kali, 0,034 kohlensaures Eisenoxydul etc. und 1,889 Kohlensäure. Der Ferdinandsbrunnen ist reicher an den genannten Bestandteilen, enthält 0,082 Eisen und 1,850 Kohlensäure. Der Ambrosiusbrunnen ist sehr reich an doppeltkohlensaurem Eisenoxydul (0,166 in 1000 Teilen Wasser). Die glaubersalzhaltigen Quellen von M. (am meisten benutzt werden der Kreuz- und der Ferdinandsbrunnen) erweisen sich als heilsam namentlich bei Leberanschwellung, Hämorrhoiden, chronischen Katarrhen des Magens, des Darms und der Gallenwege, bei Gallensteinen, chronischen Katarrhen der Respirationsorgane, chronischer Gebärmutterentzündung, Menstruationsstörungen, Zuckerharnruhr und Gicht, die Rudolfsquelle bei chronischen Leiden der Harnorgane. Der Ambrosiusbrunnen hat die gewöhnlichen Wirkungen der Eisenquellen. Die mittlere Temperatur von M. beträgt 7,5° C., die Zahl der jährlichen Kurgäste durchschnittlich 14,000 (nächst Karlsbad die stärkste Frequenz unter den österreichischen Bädern). Vom Kreuz- und Ferdinandsbrunnen werden jährlich ca. 1 Mill. Flaschen, dann namhafte Quantitäten durch Abdampfen gewonnenen Brunnensalzes und Brunnensalzzeltchen versendet; auch die Rudolfsquelle und den Ambrosiusbrunnen gebraucht man in der Ferne. M. besitzt in der Umgebung eine Reihe schöner Spaziergänge und Aussichtspunkte, unter welchen die Friedrich-Wilhelmshöhe, der Mecserytempel, die Carolahöhe, Bellevue, der Kaiserturm und die Hohendorfer Höhe zu den beliebtesten gehören. In weiterer Entfernung liegen: 4 km östlich der basaltische, in zwei Gipfel gespaltene, 840 m hohe Podhorn mit schöner Aussicht; 13 km östlich Stift und Stadt Tepl; 8 km nordwestlich der aufstrebende Badeort Königswart. Vgl. Kisch, Der Kurort M. (Wien 1870); Derselbe, M., seine Umgebung und Heilmittel (4. Aufl., Marienb. 1882); Derselbe, Ärztlicher Ratgeber für kranke Frauen in M. (das. 1884); Lucca, Zur Orientierung in M. (11. Aufl., das. 1883); Sterk, Marienbad (2. Aufl., Wien 1887).