MKL1888:Martinitz

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Martinitz“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 300
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Martinitz. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 300. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Martinitz (Version vom 19.01.2024)

[300] Martinitz, böhm. Adelsgeschlecht, dessen Name sich an die Burg M. bei Wotitz knüpft, und das seit Johann Bořita (gest. 1479), 1453–61 Obersthofmarschall und später Obersthofmeister der zweiten Gattin König Georgs von Böhmen, Johanna von Rozmital, mit Sicherheit sich verfolgen läßt. Bořita blieb dann längere Zeit der bevorzugte Familienname des Geschlechts. Der eigentliche Begründer des Glanzes und der Gütermacht des Hauses wurde Jaroslaw Bořita von M., genannt „Smečansky“ nach der seit 1765 erbauten Familienburg Smečno, geb. 6. Jan. 1582, gest. 21. Nov. 1649. Mit 21 Jahren kaiserlicher Rat, 1609 Hofmarschall, erlangte er als eifriger Katholik 1616 das Burggrafenamt auf dem Karlstein und wurde gleich darauf Mitglied der königlichen Statthalterei. Der protestantischen Oppositionspartei nächst Slawata am meisten verhaßt, ward er 23. Mai 1618 nebst Slawata und Fabricius aus dem Fenster des Prager Schlosses in den Burggraben hinabgeworfen. Er kam glücklich mit dem Leben davon, indem auch die nachgesendeten Schüsse nicht trafen, fand bei Gräfin Polyxena Lobkowitz ein sicheres Asyl und dann die Gelegenheit, aus Böhmen nach Bayern zu entweichen. Als Märtyrer der Regierungspartei ward M. nach der Schlacht am Weißen Berg in den Reichsgrafenstand erhoben und 1624 zum Oberstlandrichter, 1625 zum Oberstlandkämmerer, 1628 zum Obersthofmeister und 1638 zum Oberstburggrafen Böhmens ernannt. In den Abend seines Lebens fällt die Überrumpelung Prags durch die Schweden (12. Juli 1648), wobei M. verwundet und gefangen genommen wurde. Er starb 11. Nov. 1649. – Sein erster Sohn, Georg Adam I. (geb. 1602, gest. 6. Nov. 1651), 1644 Oberstkanzler von Böhmen und gleich dem Vater Ritter des Goldenen Vlieses, starb kinderlos; sein zweiter Sohn, Bernhard Ignaz (gest. 7. Jan. 1685), 1651 Oberstburggraf und Statthaltereirat, wissenschaftlich gebildet und der Kirche sehr hold, verlor früh seinen einzigen Sohn. So kam das Fideikommiß an die Seitenverwandtschaft. – Der letzte Sproß des Hauses M. im Mannesstamm ist Franz Karl, Graf von M., gest. 29. Nov. 1789 in Kosmanos, dessen Tochter Maria Anna 1791 den Grafen Karl Jos. von Clam, Freiherrn von Höchenberg, ehelichte und seit 1792 die Vereinigung der Wappen und Namen Clam-Martinitz bewirkte.