MKL1888:Marx

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marx“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 302303
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Marx. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 302–303. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Marx (Version vom 19.01.2024)

[302] Marx, 1) Adolf Bernhard, Musiktheoretiker, geb. 15. Mai 1799 zu Halle, studierte nach dem Wunsch seines Vaters Jurisprudenz, widmete sich aber, nachdem er als Referendar in Halle und Naumburg seine beiden ersten Opern komponiert und sich, um Gelegenheit zu weiterer musikalischer Ausbildung zu erhalten, nach Berlin hatte versetzen lassen, hier bald ausschließlich der Musik, zunächst in Ermangelung jeglicher Subsistenzmittel als Privatlehrer im Klavierspiel, in der Komposition und im Gesang. 1824 begründete er die „Berliner allgemeine musikalische Zeitung“, welche er bis 1832 redigierte; auch wurde er Mitarbeiter an Gottfried Webers „Cäcilia“ sowie später an dem Schillingschen „Universallexikon der Tonkunst“. 1830 wurde er zum Professor der Musik an der Universität zu Berlin und bald darauf auch zum Universitätsmusikdirektor ernannt, welche Ämter er bis zu seinem am 17. Mai 1866 erfolgten Tod bekleidete. Von M.’ zahlreichen, zum Teil bahnbrechenden musikwissenschaftlichen Arbeiten sind zu erwähnen: „Die Kunst des Gesangs“ (Berl. 1826); „Über Malerei in der Tonkunst“ (das. 1828); „Über die Geltung Händelscher Sologesänge für unsre Zeit“ (das. 1828); „Die alte Musiklehre im Streit mit unsrer Zeit“ (Leipz. 1841); „Die Musik des 19. Jahrhunderts und ihre Pflege“ (das. 1855, 2. Aufl. 1873); „Vollständige Chorschule“ (das. 1860); „Anleitung zum Vortrag Beethovenscher Klavierwerke“ (das. 1863, 2. Aufl. 1875); namentlich aber seine allbekannten Hauptwerke: „Die Lehre von der musikalischen Komposition“ (4 Bde., das. 1837–47 u. öfter; Bd. 1, 9. Aufl. von H. Riemann, 1887) und „Allgemeine Musiklehre“ (das. 1839, 10. Aufl. 1884). Auch seine biographischen Werke: „Ludw. van Beethoven, Leben und Schaffen“ (Berl. 1858; 4. Aufl. von Behncke, 1884, 2 Bde.) und „Gluck und die Oper“ (das. 1862, 2 Bde.) sowie das nach seinem Tod erschienene Werk „Das Ideal und die Gegenwart“ (Jena 1867) haben allgemeine Anerkennung gefunden. Von M.’ Kompositionen (darunter die Oratorien: „Mose“ und „Johannes der Täufer“, Musik zu Goethes „Jery und Bätely“ sowie kleinere Vokal- und Instrumentalkompositionen) hat keine einen nachhaltigen Erfolg gehabt. Dagegen war seine Lehrthätigkeit eine äußerst erfolgreiche, namentlich von 1850 bis 1855, wo er als Mitdirektor an dem von ihm in Gemeinschaft mit Th. Kullak und Jul. Stern gegründeten Konservatorium wirkte. Auch veröffentlichte er „Erinnerungen“ (Berl. 1865, 2 Bde.).

2) Karl, sozialistischer Agitator und Schriftsteller, geb. 5. Mai 1818 zu Trier, wo sein Vater Advokat war, aus ursprünglich jüdischer Familie (Mordechai), studierte in Bonn und Berlin Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie, wurde 1842 Mitarbeiter, dann Redakteur der damals von Camphausen, Hansemann u. a. begründeten liberalen „Rheinischen Zeitung“; die radikale Richtung, welche er der Zeitung gab, bewirkte jedoch schon im folgenden Jahr ihre Unterdrückung. M. siedelte hierauf nach Paris über und gab dort mit Arnold Ruge u. a. 1843 „Deutsch-französische Jahrbücher“ und seit 1. Jan. 1844 das extrem sozialistische Blatt „Vorwärts“ heraus. Er veröffentlichte in den Jahrbüchern unter anderm: „Einleitung zur Kritik der Hegelschen Philosophie“ und 1845 mit Fr. Engels „Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik“, eine Streitschrift gegen Bruno Bauer zur Aufklärung des Publikums über „die Illusionen der spekulativen Philosophie“ und über „die Idee des Kommunismus als die Idee des neuen Weltzustandes“. Im Januar 1845 aus Paris ausgewiesen, begab sich M. nach Brüssel und begann dort mit Fr. Engels sich der praktischen Agitation zu widmen. Er wurde Vizepräsident der Deutschen in der Internationalen demokratischen Gesellschaft und Mitglied des seit 1836 bestehenden kommunistischen geheimen „Bundes der Gerechten“. 1847 erschienen von ihm: „Discours sur le libre échange“ und „Misère de la philosophie. Réponse à la philosophie de la misère de Proudhon“ (Brüssel 1847, deutsch 1885); 1848 veröffentlichte er mit Fr. Engels „Das kommunistische Manifest“, in welchem er seine materialistische Geschichtstheorie entwickelte und sein sozialistisches Programm aufstellte. Nach dem Ausbruch der Februarrevolution wurde M. Diktator des Geheimbundes. Im Begriff, als solcher nach Paris zu reisen, wurde er verhaftet und zur Abreise nach Deutschland gezwungen. Als auch hier die Revolution ausbrach, ging M. nach Köln, gab dort seit 1. Juni 1848 die „Neue Rheinische Zeitung“ heraus und wurde einer der Führer der revolutionären Bewegung in der Rheinprovinz. Am 16. Mai 1849 ausgewiesen, wandte sich [303] M. zunächst nach Baden, dann nach der Pfalz, später nach Paris. Auch von dort ausgewiesen, nahm er bis zu seinem Tod seinen Aufenthalt in London, nach verschiedenen Richtungen litterarisch thätig, besonders für amerikanische Zeitungen, aber zugleich im Verkehr mit den radikalen Flüchtlingen aller Länder für seine revolutionären und sozialistischen Ideen agitierend. Unter anderm erschienen: „Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte“ (1852); „Enthüllungen über den Kommunistenprozeß zu Köln“ (1853); „Zur Kritik der politischen Ökonomie“ (Berl. 1859), eine wissenschaftliche Darstellung der Marxschen Werttheorie und Geldlehre. Am 28. Sept. 1864 setzte M. auf einem Meeting in London den Beschluß der Gründung einer internationalen Arbeiterassociation durch, welche 1866 nach seinem Plan errichtet und von ihm bis 1872 geleitet wurde (vgl. Internationale). In den 60er Jahren war sein Hauptbestreben darauf gerichtet, in Deutschland eine revolutionäre sozialdemokratische Partei gegenüber den Lassalleanern zu schaffen, da er das Programm des ihm von 1848 her befreundeten Lassalle mißbilligte. Unter seiner Ägide gründete sein Freund und Schüler W. Liebknecht (s. d.) 1869 die sozialdemokratische Arbeiterpartei, welche sich später (1875) mit den radikalen Lassalleanern zur sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands vereinigte. Er starb 14. März 1883 in London. Von seinem unvollendet hinterlassenen Hauptwerk: „Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie“, erschien 1867 der erste Band (3. Aufl., Hamb. 1883), die Grundlagen seiner sozialistischen Anschauungen und die Hauptzüge seiner Kritik der bestehenden Gesellschaft, der kapitalistischen Produktionsweise und ihrer Folgen darlegend. Der zweite Band erschien 1883, herausgegeben von Fr. Engels; ein dritter Band soll noch erscheinen. Das Werk ist zwar das wissenschaftlich bedeutendste der sozialistischen Litteratur, aber doch von viel geringerm Wert, als M. und seine Anhänger wähnen. M. war seit 1843 mit Jenny von Westphalen (gest. 6. Dez. 1881 in London), einer Schwester des spätern preußischen Ministers des Innern im Ministerium Manteuffel, verheiratet. Er hinterließ drei Töchter, von denen eine an Longuet, die zweite an Lafargue, die dritte an Aveling verheiratet ist. Seine drei Schwiegersöhne sind Agitatoren der Sozialdemokratie, die beiden erstern in Frankreich, der dritte in England. Vgl. K. Groß, Karl M. (Leipz. 1885); G. Adler, Die Grundlagen der Karl Marxschen Kritik der bestehenden Volkswirtschaft (Tübing. 1887).

3) Friedrich, Dichter, geb. 1830 zu Steinfeld in Kärnten, besuchte das Gymnasium zu Laibach, trat in die Armee ein und zog mit derselben als Kadett 1849 nach Italien, wo er bald zum Offizier avancierte und auch nach dem Frieden fast ein Jahrzehnt lang verblieb. In der Folge lebte er in verschiedenen Garnisonen, schied nach 1866 aus dem aktiven Dienst, trat aber 1871 als Hauptmann bei der Landwehr wieder ein und lebt seit 1882 als Major zu Weißenkirchen in Mähren. Er veröffentlichte: „Erste Lieder“ (Wien 1858), die Gedichtsammlung „Gemüt und Welt“ (Graz 1862; 3. Aufl., Leipz. 1877), die in Graz mit Erfolg aufgeführten dramatischen Dichtungen: „Olympias“ (Wien 1863; neue Aufl., Leipz. 1870) und „Jacobäa von Bayern“ (das. 1869) und den Roman „Clarisse“ (Neutitschein 1878), in allen Produkten ein sinniges Gemüt und vorzügliche Form bewährend. Ferner schrieb er: „Alessandro Poerio“, Lebensbild (Graz 1868), und übersetzte: „Ausgewählte Gedichte“ von Longfellow (Hamb. 1868) sowie den „König Nal“ von De Gubernatis (das. 1870).