MKL1888:Maryland

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Maryland“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 303304
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Maryland. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 303–304. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Maryland (Version vom 19.01.2024)

[303] Maryland (spr. mehrländ, abgekürzt Md.), 1) nordamerikan. Freistaat, der südlichste der Mittelstaaten der Union, grenzt im N. an Pennsylvanien, im O. an Delaware und den Atlantischen Ozean, im SW. und W. an Virginia, von dem er durch den Potomacfluß getrennt ist. Das Land im O., zu beiden Seiten der tief einschneidenden Chesapeakebai, das sogen. Flutwassergebiet, ist im allgemeinen ein ebenes, fruchtbares Alluvialland; Mergel und Muschelkalk, vorzügliche Porzellanerde, Thon und Sumpfeisenerze kommen vor. In den Wäldern wachsen Eichen, Hickorys, Kastanien, Walnußbäume, Zedern, Fichten und Buchen. Weizen, Mais, Tabak und im S. Baumwolle und Flachs werden angebaut; auch die Weinrebe gedeiht an der Ostküste. Der nördliche und westliche Teil des Staats ist ein von dem Blue Ridge und den Alleghanies durchzogenes Hügelland mit fruchtbaren Thälern, saftigen Weiden und schönen Wäldern (namentlich auch Ahornen). Steinkohlen, Eisenerze und Kupfer finden sich hier vor. Die Chesapeakebai selbst trägt in nicht geringem Grad zu dem Reichtum des Landes bei, denn sie birgt vorzügliche Austern, Fische, Krabben und die geschätzten Terrapins (Wasserschildkröten), und ihre Ufer sind von zahlreichen Wasservögeln bevölkert (darunter die als Leckerbissen beliebten Canvasback Ducks). Die Bai kann von den größten Schiffen befahren werden und hat verschiedene Einschnitte, die Häfen für Schiffe bilden. Die sich in sie ergießenden Flüsse sind weit ins Land hinein schiffbar. Die wichtigsten unter ihnen sind der Potomac, welcher die Grenze gegen Virginia bildet, und der Susquehanna, welcher ins nördliche Ende der Bai fließt. Das Klima ist mild, und die Sommerhitze wird durch Seewinde gemäßigt. Die Winter sind jedoch streng genug, um den Hafen von Baltimore zeitweilig mit Eis zu bedecken. Die mittlere Jahrestemperatur an der Küste ist etwa 13° C. (Sommer 23, Winter 0° C.). Regen fällt reichlich (jährlich 1100 mm). M. hat ein Areal von 26,831 qkm (487,3 QM.) mit 1870: 780,894, 1880 aber 934,943 Einw., wovon 210,230 Farbige und 82,806 Ausländer, einschließlich von 45,481 Deutschen. Die öffentlichen Schulen wurden 1885 von 176,393 Kindern besucht. Für die höhere und Fachbildung sorgen die Universität von M. in Baltimore, 9 Colleges und anderweitige Anstalten mit zusammen 1303 Studenten. Indes können fast 60 Proz. der über zehn Jahre alten Farbigen nicht lesen. Von der gesamten Oberfläche des Staats sind 49 Proz. angebaut, 26 Proz. bestehen aus Wald. Den Wert der landwirtschaftlichen Produkte schätzte man 1880 auf 29 Mill. Dollar. Mais, Weizen, Hafer, Kartoffeln und Tabak (1880: 11,830,000 kg) sind die Hauptprodukte. Die Fischereien, [304] von 26,010 Personen betrieben, ergaben 1880 einen Ertrag von 5¼ Mill. Doll., zu neun Zehnteln aus Austern bestehend. Der Bergbau lieferte 1880: 2,227,844 Ton. Steinkohlen, 57,940 T. Eisenerz, 672 T. Zink und 15,000 kg Kupfer. Gewerbliche Anstalten gab es 1880: 6787 mit 74,945 Arbeitern, die für 67 Mill. Doll. Rohmaterial verbrauchten und für 107 Mill. Doll. Ware herstellten. Das Einmachen von Obst und Gemüse beschäftigte 14,998 Menschen, die Schneiderei 11,294, die Baumwollfabriken 4055, die Gießereien und Maschinenbau 3150 und die Stahl- und Eisenhütten 2763. Dem Handel dienen (1886) 1914 km Eisenbahnen, 310 km Kanäle und 2233 Schiffe von 144,881 Ton. Gehalt. Vom Staat werden unterhalten: ein Gefängnis, ein Zuchthaus, Anstalten für Blinde, Taubstumme und Irrsinnige und eine Besserungsanstalt für jugendliche Verbrecher. Die Verfassung war anfangs sehr konservativ, hat aber öftere Modifikationen erfahren (zuletzt im September 1867) und ist gegenwärtig eine ganz demokratische. An der Spitze der Regierung steht ein Gouverneur, welcher vom Volk auf vier Jahre gewählt wird. Ihm zur Seite steht als Gesetzgebender Körper ein Senat von 26 Mitgliedern (auf vier Jahre gewählt) und das Repräsentantenhaus von 85 Mitgliedern (auf zwei Jahre gewählt). Geistliche sind nicht wählbar. Jeder freie Bürger der Vereinigten Staaten, der ein Jahr lang in M. gewohnt hat und 21 Jahre alt ist, ist zur Wahl berechtigt. Auch alle richterlichen Beamten (mit Ausnahme der Friedensrichter, welche der Gouverneur ernennt) sowie die meisten exekutiven werden jetzt vom Volk erwählt, so daß die Gewalt des Gouverneurs eine sehr beschränkte ist. Die richterliche Gewalt ist einem Appellationsgericht (Court of appeals), dessen Mitglieder nach Distrikten vom Volk auf 15 Jahre gewählt werden, und verschiedenen Untergerichten übergeben. Die Staatsschuld betrug 1885: 11 Mill. Doll. Die Staatseinnahme war 1886: 8,876,648 Doll., und die Finanzen befinden sich in gutem Zustand. An Steuern für Staats- und Lokalzwecke wurden 1880 erhoben 5,437,462 Doll. In politischer Beziehung ist der Staat in 21 Grafschaften eingeteilt. Hauptstadt ist Annapolis, die größte Stadt aber Baltimore (232,313 Einw.). S. die Spezialkarte „Vereinigte Staaten“, östl. Hälfte. – M. wurde, nachdem daselbst schon früher von einem Kapitän Clayborne mit Kolonisten aus Virginia eine Ansiedelung gegründet worden, 1631 von König Karl I. an Lord Baltimore (s. d.) verliehen, der jedoch vor Ausfertigung des Patents starb, worauf dasselbe seinem ältesten Sohn, Cecil Calvert, gegeben ward, der 1634 mit etwa 200 Personen, die, wie er selbst, Katholiken waren, die Kolonisation mit Gründung der Town St. Mary’s an der Nordseite des Potomacflusses begann und die Kolonie zu Ehren der Königin M. nannte. Später ward nach längern, durch einen Einfall von Virginiern unter Clayborne veranlaßten innern Kämpfen für alle Einwanderer Freiheit des Kultus erklärt, wodurch die Bevölkerung schnell wuchs. Schon 1650 erhielt die Kolonie eine Verfassung, welche die Legislatur in die Hände zweier Häuser legte. Unter Cromwell wurde die katholische Familie der Calvert der Regierung beraubt, durch Karl II. aber wieder eingesetzt, dann nochmals vertrieben, aber 1716, nachdem das damalige Haupt derselben zum Protestantismus übergetreten war, abermals restituiert. Durch die Erhebung gegen England, an welcher M. von Anfang an lebhaften Anteil nahm, wurde die Familie Calvert für immer beseitigt und durch Konvention vom 28. April 1788 die Verfassung der Vereinigten Staaten angenommen. 1790 trat M. den Bundesdistrikt Columbia an die Union ab. Im jüngsten Bürgerkrieg stellte sich M. auf die Seite der Nordstaaten. Vgl. Browne und Scharf, History of M. (Baltimore 1878).

2) Teil der Republik Liberia (s. d.).