MKL1888:Midhat Pascha

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Midhat Pascha“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 592
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Midhat Pascha. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 592. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Midhat_Pascha (Version vom 26.08.2021)

[592] Midhat Pascha, türk. Staatsmann, geb. 1825 in Bulgarien von türkischen, der islamitischen Sekte der Bektasch angehörigen Eltern, trat um 1840 als Schreiber (Kiatib) zu Rustschuk in den Staatsdienst, rückte aber erst, als er Fuad Paschas Gunst errang, rascher vorwärts. Als Fuad Großwesir geworden, ernannte er M. 1865 zum Wali des neuen Donauwilajets (Bulgarien), wo er in kurzer Zeit durch vortreffliche Verwaltung große Erfolge erzielte. 1867 wurde er als Minister ohne Portefeuille in das Ministerium berufen, aber 1868 zum Wali von Irak Arabi in Bagdad ernannt. Hier errichtete er eine türkische Dampfschiffahrtskompanie und begann die Wiederherstellung der alten Bewässerung des Landes, um die frühere Fruchtbarkeit zurückzurufen. Aber bereits 1872 ward er als Führer der türkischen Reformpartei wieder ins Ministerium berufen und 1. Aug. nach Mahmud Nedim Paschas Sturz zum Großwesir ernannt. Indes konnte er den Sultan Abd ul Asis nicht für seine Reformideen gewinnen, fiel durch seine selbständige Haltung bald in Ungnade und wurde im Oktober bereits entlassen. Im August 1875 zum Justizminister ernannt, stürzte er den russisch gesinnten Großwesir Mahmud Nedim 11. Mai 1876 durch die Bewegung der Softas, hatte auch an der Entthronung des Sultans Abd ul Asis 30. Mai hervorragenden Anteil und wurde Präsident des Staatsrats. Am 16. Dez. ward er zum Großwesir ernannt, und 23. Dez. verkündete er eine konstitutionelle Verfassung, deren Entwurf er schon 1. Juni veröffentlicht hatte. Voll Vertrauen auf die Wirkung dieses Schrittes setzte er die Ablehnung der Vorschläge der Konferenz der Großmächte durch den großen Nationalrat durch, was den Ausbruch des Kriegs mit Rußland zur verhängnisvollen Folge hatte. Als M. jedoch durch sein Selbstbewußtsein die Eifersucht des Sultans erregte und in seiner Erregung über die Mißwirtschaft der Günstlinge Abd ul Hamids sich zu unvorsichtigen Äußerungen fortreißen ließ, ward er 5. Febr. 1877 vom Sultan als Hochverräter zum Tod verurteilt, aber zum Exil begnadigt und sofort auf einem Dampfer nach Italien geschafft, von wo er sich über Paris nach England begab. Erst 1878 ward ihm die Rückkehr gestattet und anfangs Kreta als Aufenthaltsort angewiesen; im November erwirkte der Einfluß Englands seine Ernennung zum Generalgouverneur von Syrien. Da er sich hier etwas unbotmäßig benahm, wurde er 1880 als Wali nach Smyrna versetzt und 1881 wegen Anteils an der Ermordung des Sultans Abd ul Asis zum Tod verurteilt, aber zu lebenslänglicher Verbannung nach Taif in Arabien begnadigt. Hier starb er 8. Mai 1884 infolge der Entbehrungen, die er erdulden mußte. Vgl. Léouzon le Duc, M. (Par. 1877).