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MKL1888:Mineralwässer

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mineralwässer“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 651656
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Mineralwässer. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 651–656. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mineralw%C3%A4sser (Version vom 12.02.2023)

[651] Mineralwässer (Mineral- oder Heilquellen, Gesundbrunnen), Quellwässer, welche sich von den gewöhnlichen Quellwässern, sei es durch das Vorkommen von besondern Bestandteilen, sei es durch einen hohen Gehalt an Stoffen, welche in andern Quellwässern nur in geringen Spuren vorhanden sind, sei es durch eine höhere Temperatur, auszeichnen. Die Wichtigkeit eines Gehalts des Wassers an Jod und Brom, die Steigerung der Menge des keiner Quelle fehlenden Chlornatriums bis zur Hervorbringung einer Solquelle und die Wildbäder, deren Wasser sich eben nur durch die hohe Temperatur auszeichnen, während der Gehalt an gelösten Stoffen ein ganz geringer ist, sind Beispiele für die verschiedenen Eigenschaften, welche ein Quellwasser zum Mineralwasser machen können. Als Hauptbestandteile der M. sind aufzuführen: Chloride, Schwefelsäure-, Kohlensäure- und Doppeltkohlensäuresalze sowie Sulfurete von Kalium, Natrium, Magnesium, Calcium, Strontium, Eisen und Mangan. Ammoniak kommt selten vor, Rubidium und Cäsium nur in Spuren, Lithium, Baryum, Aluminium, aber auch Kupfer, Blei, Zink in geringer Menge. Wichtig ist ein Brom- und Jodgehalt, außerdem kommt sehr regelmäßig Kieselsäure vor, seltener Fluor, Phosphorsäure, Salpetersäure, arsenige Säure, Borsäure, freie Schwefel- und Salzsäure etc. Organische Stoffe finden sich immer nur in geringer Menge, und ihre Natur ist noch sehr wenig erforscht. An Gasen enthalten die M. gelöst: Sauerstoff, Stickstoff, Schwefelwasserstoff, Kohlenoxysulfid und gewöhnlich Kohlensäure, diese bisweilen in sehr großer Menge. Nach ihren Bestandteilen kann man die M. in folgender Weise gruppieren: A. Alkalische M. (Natropegae) enthalten vorzugsweise kohlensaures Natron und Kohlensäure, [652] außerdem kohlensauren Kalk, kohlensaure Magnesia, schwefelsaures Natron und Chlornatrium. a) Einfache Säuerlinge mit wenig festen Bestandteilen und nicht unter 400 ccm Kohlensäure in 1 Lit.: Heppinger, Apollinaris- und Landskroner Brunnen im Ahrthal, die Säuerlinge des Laacher Sees, die Wernarzer und Sinnberger Quelle bei Brückenau, Liebwerda, Marienquelle in Marienbad, Dorotheenau bei Karlsbad. b) Alkalische Säuerlinge mit bedeutendem Gehalt an kohlensaurem Natron und Kohlensäure und sehr untergeordneten Mengen andrer Bestandteile: Vichy, Neuenahr, Mont Dore, Néris, Chaudes-Aigues, Bilin, Fachingen, Geilnau, Gießhübel, Preblau, Borszek, Elöpatak, Rodna. c) Alkalisch-muriatische Säuerlinge enthalten neben kohlensaurem Natron auch Kochsalz: Ems, Luhatschowitz (jod- und bromreich), Selters, Gleichenberg, Weilbach (Lithionquelle), Raisbach bei Bonn, Krankenheil. B. Glaubersalzwässer enthalten neben kohlensaurem vorwaltend schwefelsaures Natron: Karlsbad, Bertrich, Marienbad, Tarasp-Schuls, Ofen, Salzbrunn, Rohitsch, Salzquelle in Franzensbad. C. Eisenwässer (Chalybopegae) mit einem Gehalt an Eisensalzen (meist doppeltkohlensaurem Eisenoxydul) von nicht weniger als 0,06 in 1 Lit. a) Reine Eisenquellen sind arm an festen Bestandteilen, reich an Kohlensäure: Schwalbach, Spaa, Altwasser, Brückenau, Reinerz, Liebenstein, Königswerth, Ambrosius- und Karolinenquelle in Marienbad, Hofgeismar, Schandau, Freienwalde, Niederlangenau, Steben. b) Alkalische und alkalisch-salinische Eisensäuerlinge enthalten außer kohlensaurem Eisenoxydul noch kohlensaures, schwefelsaures Natron und Kohlensäure in hervorragender Menge: Franzensbad, Elster, Kudowa, Flinsberg, Bartfeld. c) Erdig-salinische Eisensäuerlinge enthalten neben kohlensaurem Eisenoxydul und schwefelsaurem Natron noch kohlensauren und schwefelsauren Kalk: Pyrmont, Driburg, Rippoldsau, Petersthal, Griesbach, Freiersbach, Antogast, Schuls, Charlottenbrunn, Wildungen, Contrexéville. d) Eisenwässer mit schwefelsaurem Eisenoxydul: Alexisbad, Muskau, Mitterbad und Ratzes in Tirol. D. Kochsalzwässer (Halopegae) mit vorherrschendem Gehalt an Kochsalz und andern Chloriden enthalten in untergeordneter Menge schwefelsaure Alkalien und Erdsalze, kohlensaure Erdsalze und kohlensaures Eisenoxydul. a) Einfache Kochsalzwässer mit geringem Kochsalzgehalt: Kissingen, Homburg, Kronthal, Mergentheim, Neuhaus bei Aschaffenburg, Kannstatt, Aachen, Burtscheid, Mehadia, Wiesbaden, Baden-Baden, Bourbonne les Bains, Mondorf, Soden. b) Solen mit bedeutendem Kochsalzgehalt: Nauheim, Öynhausen, Soden, Ischl, Reichenhall, Arnstadt, Salzungen, Wittekind, Jaxtfeld, Kösen, Sulza, Juliushall, Frankenhausen, Beringer Brunnen, Hubertusbrunnen, Hall in Württemberg, Hall bei Innsbruck, Salzhausen. c) Jod- und bromhaltige Solen mit bedeutendem Jod- und Bromgehalt: Kreuznach, Elmen, Dürkheim, Adelheidsquelle, Hall in Oberösterreich, Salzbrunn, Wildegg, Königsdorf-Jastrzemb. E. Bitterwässer (Picropegae) enthalten vorwiegend Bitter- und Glaubersalz: Püllna, Saidschütz, Sedlitz, Gran, Ivanda, Budapest (Hunyadi), Birmensdorf und Mülligen in der Schweiz, Friedrichshall und Alap in Ungarn. F. Schwefelwässer (Theiopegae) riechen deutlich nach Schwefelwasserstoff und enthalten lösliche Schwefelmetalle: Stachelberg, Le Prese, Heustrich in der Schweiz, Barèges, Eaux-Chaudes, Bagnères de Luchon, Amélie les Bains, Aix, Eaux Bonnes. G. Erdige oder kalkhaltige M. enthalten vorwiegend kohlensauren und schwefelsauren Kalk, Chlorcalcium. a) Einfache erdige M.: Leuk, Bormio, Lippspringe, Bath, Weißenburg in Bern, Saxon in Wallis. b) Erdige M. mit erheblichem Gehalt an Schwefelwasserstoff: Baden bei Wien, Baden im Aargau, Schinznach, Trentschin, Teplitz, die Euganeischen Thermen oder Bäder von Abano, Nenndorf, Eilsen, Meinberg, Langenbrücken, Boll, Reutlingen, Wipfeld, Hechingen. H. Indifferente Thermen, Wildbäder (Akratothermen), sind arm an festen und gasförmigen Bestandteilen, nur Stickgas entwickelt sich aus den meisten in bedeutender Menge; sie wirken wohl hauptsächlich durch ihre hohe Temperatur: Plombières 19–65°, Topuszko 49–55°, Banis 30–50°, Teplitz 39–49,4°, Wildbad Gastein 35–48°, Warmbrunn 35–40,5°, Römerbad bei Tüffer 37,5°, Wildbad in Württemberg 35–38,4°, Pfäfers und Ragaz 34–35°, Neuhaus 35°, Schlangenbad 27–30,5°, Landeck 17,5–29°, Johannesbad 29°, Tobelbad 25–29°, Liebenzell 22,5–25°.

Die Bestandteile der M. entstammen, wie die der Quellen überhaupt, den von den versinkenden atmosphärischen Niederschlägen berührten Gesteinen, wobei sich dadurch, daß das Wasser in den verschlagenen Schlangenwegen, welche seinen unterirdischen Lauf charakterisieren, eine große Menge Gestein auslaugen kann, Konzentrationsprozesse in dem Sinn abspielen können, daß ein in den Gesteinen weitverbreiteter, aber nur in Spuren vorkommender Bestandteil sich im Quellwasser in relativ viel bedeutenderer Menge vorfindet. So entstammen die Solen nicht immer unterirdischen Salzlagern, sondern sie entspringen mitunter auch aus kristallinischen Gesteinen, den in denselben zwar unbedeutenden, aber weitverbreiteten Chlornatriumgehalt sammelnd. Auch die Erhöhung der Temperatur bei den sogen. Thermen ist nur auf eine Wärmezufuhr aus den vom Wasser bespülten Gesteinen zurückführbar; das Wasser versinkt bis zu denjenigen Tiefen der Erdrinde, bei denen durch die erfahrungsmäßige Wärmezunahme nach dem Erdinnern zu die Temperatur der Quelle herrscht; benutzt dann die Quelle beim Aufsteigen eine Spalte, also einen bequemen, rasch zurücklegbaren Weg, so wird sie ohne wesentlichen Wärmeverlust an der Erdoberfläche ankommen mit dem der tiefsten Stelle ihres unterirdischen Laufes entsprechenden Wärmegrad. Wechselt die Natur der Gesteine, welche vom versinkenden Wasser berührt werden, so kann sich eine Mannigfaltigkeit von chemischen Prozessen abspielen. So kann mit Sauerstoff beladenes Wasser in der Tiefe auf Schwefeleisen, in Kalkstein eingeschlossen, stoßen; dieses liefert bei der Oxydation nicht nur leicht lösliches Eisensulfat, sondern auch Schwefelsäure, die dann auf das Calciumcarbonat einwirken wird und das Wasser mit Kohlensäure anreichert, für welche es aber auch noch andre Abstammung geben kann: unterirdische Ansammlungen gasförmiger Kohlensäure vulkanischen Ursprungs oder Zufuhr aus den obersten Schichten der Erde, deren Vegetationshülle reichlichst Kohlensäure, vom Wasser in die Tiefe entführt, liefern kann. Mit Kohlensäure auf irgend einem Weg versehen, wird das Wasser alle von ihm berieselten kohlensauren Gesteine stark auflösen, als doppeltkohlensaure Salze an die Erdoberfläche transportieren. Spielt sich der oben erwähnte Oxydationsprozeß von Doppelschwefeleisen in dolomitischen Gesteinen ab, so sind die Bedingungen zur Bildung von Bitterwässern gegeben; wirkt die auf diesem Wege gebildete [653] Schwefelsäure auf alkalihaltige Silikate ein, so entstehen Glaubersalzquellen. Mit Sulfaten, etwa mit Gips, beladene Wässer können beim Durchsinken bituminöser Schichten eine Reduktion der Sulfate erleiden und die neugebildeten Schwefelverbindungen eine Schwefelwasserstoffquelle veranlassen. Charakteristisch sind ferner für gewisse M. die Absätze, die sie an ihrer Austrittsstelle liefern, so namentlich der Schwefel für die Schwefelwasserstoffquellen, die kohlensauren Salze als solche oder wie das Eisencarbonat weiter oxydiert (zu Eisenhydroxyd) für die Säuerlinge. In diesen Absätzen finden sich nicht selten die im Quellwasser nur in sehr geringen Spuren auftretenden Körper in wägbarer Menge (so z. B. Arsen in den Eisenabsätzen).

Die M. werden zum Teil direkt an der Quelle getrunken (Brunnenkur) oder zum Baden benutzt,

Fig. 1. Kohlensäure-Entwickelungsapparat.

vielfach aber auch auf Krüge oder Flaschen gefüllt und verschickt. Wird hierbei nicht genügend Rücksicht auf die Beschaffenheit des Wassers genommen, so kann dasselbe in kurzer Zeit sich zersetzen. Als Schutzmittel wirkt stets die freie Kohlensäure, welche die Kohlensäuresalze der alkalischen Erden und des Eisens in Lösung erhält und durch ihren Druck den Zutritt der Luft in die Flaschen hindert. Man hat deshalb mehrfach angefangen, beim Füllen der Flaschen Vorkehrungen zu treffen, durch welche die im Mineralwasser enthaltene freie Kohlensäure am Entweichen gehindert wird.

Künstliche Mineralwässer.

Der gesteigerte Konsum der M. hat dazu geführt, die natürlichen M. nachzuahmen, durch künstliche zu ersetzen. Indem man genau die Analyse der M. und das Verhalten der nachgewiesenen Stoffe berücksichtigt, gelangt man zu Nachbildungen, welche die natürlichen M. in vielen Fällen vollständig zu ersetzen im stande sind und stets gleiche Beschaffenheit haben, während die natürlichen M. in verschiedenen Jahren oder Jahreszeiten erhebliche Schwankungen in ihrer Zusammensetzung zeigen. In neuerer Zeit hat man gleichsam neue M. geschaffen, indem man Mischungen herstellte, die sich nicht in der Natur vorfinden u. für manche Fälle oft viel zweckmäßiger zusammengesetzt sind als die natürlichen M., bei denen gewisse Bestandteile unangenehme Nebenwirkungen hervorbringen können.

Die Fabrikation der künstlichen M. erfolgt im allgemeinen in der Weise, daß man sehr reines (destilliertes) Wasser mit den der Analyse entsprechenden Ingredienzien versetzt, dann mit Kohlensäure unter einem Druck von mehreren Atmosphären sättigt und das fertige Wasser auf Flaschen füllt. Bei fabrikmäßigem Betrieb benutzt man zur Entwickelung der Kohlensäure Apparate mit Rührwerk, z. B. einen innen verzinnten und mit Blei ausgelegten kupfernen Cylinder A (Fig. 1), durch dessen Deckel, mit Stopfbüchsen o gedichtet, eine durch die Kurbel p drehbare Messingwelle n geht, an der ein vierarmiger, mit Blei

Fig. 2. Apparat zur Darstellung künstlicher Mineralwässer.

beschlagener hölzerner Rührapparat befestigt ist. In der Mitte des Entwickelungsgefäßes erhebt sich ein Cylinder, welcher das Bleigefäß B zur Aufnahme der Säure enthält. Die Öffnung a im Boden desselben kann durch das Stangenventil b mittels der Kurbel e geöffnet und geschlossen werden. Die kleine Öffnung c dient zur Druckausgleichung, die Verschraubung f zum Einfüllen der Säure, m ist ein Manometer, h dient zum Einfüllen des Kohlensäuresalzes, als welches man Magnesit, auch Kreide oder Kalkstein benutzt, l zum Ablassen der Lösung nach vollendeter Entwickelung. Die Kohlensäure entweicht durch das mit Hahn z versehene Rohr r, während i ein Sicherheitsventil ist. Die Kohlensäure passiert ein oder mehrere halb mit Wasser gefüllte Waschgefäße und wird auch, wenn nötig, mit Eisenvitriollösung, Sodalösung, neutraler Eisenchloridlösung, übermangansaurem Kali oder Öl gewaschen, passiert auch wohl ein Gefäß mit frisch ausgeglühter Holzkohle. Man sammelt die Kohlensäure in Gasometern von gewöhnlicher Konstruktion und treibt sie durch eine Druckpumpe in ein kupfernes, innen verzinntes Mischgefäß, in welchem ein Rührwerk das Gas mit dem Wasser, welches bereits die dem Mineralwasser eigentümlichen [654] Salze enthält, innig mischt, um die Lösung zu befördern.

Häufig werden zur Darstellung der M. auch sogen. Selbstentwickler benutzt, Apparate ohne Gasometer und Pumpen, welche billiger in der Anschaffung sind und Betriebskraft ersparen, dagegen mehr Kohlensäure verbrauchen, da vor jeder neuen Füllung die in sämtlichen Behältern enthaltene hochgespannte Kohlensäure verloren geht. Dieser Übelstand wird indes durch neue Konstruktionen vermieden. Der Apparat von Kropff (Fig. 2) besteht aus dem Entwickler AB von oben angegebener Konstruktion, den drei Waschflaschen C und dem Mischgefäß D. Der Rest der Kohlensäure wird mittels der Pumpe F durch das vierte Waschgefäß C ebenfalls nach D gepreßt. E ist die Abfüllvorrichtung. Für Schankstätten füllt man die M. in kupferne, innen verzinnte Cylinder (Büffetten), welche durch ein Rohr mit den Schanksäulen verbunden werden. Der Druck der Kohlensäure treibt das Wasser durch das bis auf den Boden des Cylinders reichende Steigrohr heraus. Den Druck der Kohlensäure gibt man bei Kurbrunnen nicht über 3 Atmosphären, bei solchen mit 0,75–1 Proz. und mehr Salzgehalt nur zu 2 Atmosphären, während er bei den Luxusgetränken auf 3,5–4 Atmosphären gesteigert wird. Zu statten kommt dieser hohe Druck dem Konsumenten durchaus nicht, denn wie hoch derselbe auch sei, so entweicht doch sofort beim Eingießen des Wassers der größte Teil der Kohlensäure, und es bleibt nur das 1,5fache Volumen des Wassers, entsprechend einem Druck von etwa 3/4 Atmosphäre, zurück, welches sich in wenigen Minuten noch weiter auf 1 Volumen reduziert. Lufthaltiges Wasser braust und zischt übrigens viel stärker als luftfreies. In den Ballons oder Küvetten für glasweisen Ausschank muß man einen Druck von 5 bis 6 Atmosphären geben. Die Luxus- oder Erfrischungsgetränke (kohlensaures Wasser, Selterwasser, Sodawasser) erfordern nicht eine genau bestimmte Zusammensetzung, sondern nur einen reinen, angenehmen, nicht zu salzigen Geschmack und starken Kohlensäuregehalt. Man bereitet sie mit gewöhnlichem Wasser und gibt etwa auf 1000 Teile

Fig. 3. Garnitur der
Siphonflasche.
Fig. 4. Gas­krug.

desselben 1,5–3 Teile trocknes kohlensaures Natron. Sie werden auf Flaschen, Ballons oder sogen. Siphonflaschen (Fig. 3) gefüllt, d. h. auf größere Flaschen, auf deren Hals g luftdicht eine Metallgarnitur ab befestigt ist, die, durch den Gummiring c gedichtet, ein bis auf den Boden der Flasche reichendes Rohr (Steigrohr) f, ein seitliches Abflußrohr k und den Verschlußmechanismus enthält. Sobald letzterer durch Druck auf den Knopf d geöffnet wird, treibt der Druck der Kohlensäure das Wasser durch das Steig- u. Abflußrohr heraus, ohne daß aus dem in der Flasche verbleibenden Rest mehr Kohlensäure entweichen kann, als das Volumen des abgelassenen Wassers beträgt. Zur Bereitung schäumender Getränke im kleinen dienen die Gaskrüge (Fig. 4), starke Flaschen aus Steingut mit Siphonverschluß cde und einer horizontalen, fein durchlöcherten Querwand A, welche eine kleine Kammer B am Boden der Flasche gegen den übrigen Raum derselben abgrenzt. Zu dieser Kammer führt eine seitliche Öffnung b mit Schraubenverschluß. Man füllt die obere Kammer der Flasche bis auf einen kleinen Raum mit Wasser, verschließt sie durch einen Pfropfen mit Steigrohr, welcher durch eine Schraube befestigt wird, gibt auf je 500 g des eingefüllten Wassers 10 g Weinsäurekristalle, 8,75 g doppeltkohlensaures Natron in Stücken und 125 g Wasser in die untere Kammer, verschließt diese ebenfalls und läßt die Flasche unter zeitweiliger Bewegung einige Stunden stehen. Die Brausepulvermischung zersetzt sich dann, und die entwickelte Kohlensäure entweicht durch a und löst sich in dem Wasser. Füllt man statt des letztern Limonade in die Flasche, so erhält man eine Brauselimonade (limonade gazeuse), und bei Anwendung von Wein Champagner. Die Herstellung künstlicher M. soll schon Thurneissern 1560 versucht haben, ein einigermaßen brauchbares Produkt erhielt aber erst Venel 1750, welcher in verschlossenen Gefäßen Sodalösung mit Salzsäure mischte. Priestley schlug 1772 vor, Wasser direkt mit Kohlensäure zu sättigen, und 1774 gab Bergman Vorschriften zur Nachahmung des Wassers von Selters und Pyrmont auf Grund von Analysen. Meyer stellte 1787 in Stettin Selterwasser im großen dar, und Paul errichtete 1799 eine Mineralwasserfabrik in Paris und preßte die Kohlensäure mit einer Pumpe in das Wasser. Das größte Verdienst um diesen Industriezweig erwarb sich Struve, welcher 1821 eine Fabrik für künstliche M. in Dresden errichtete. Vgl. die Lehrbücher zur Fabrikation der M. von Greßler (Halle 1867), Lachapelle und Glover (Berl. 1869), Schultze (das. 1870), Hager (2. Aufl., das. 1870), Hirsch (Braunschw. 1876), Meitz (Wien 1881); Raspe, Heilquellenanalysen für normale Verhältnisse und zur Mineralwasserfabrikation, auf zehntausend berechnet (Dresd. 1885).

Gebrauch der Mineralwässer. Diätetisches.

Die M. sind sehr zusammengesetzte Arzneikörper, und ihre Heilwirkungen beruhen, wenn man von dem Einfluß des reinen Wassers auf den Stoffwechsel, die Wärmeproduktion, die Ausscheidungen etc. absieht, auf den in denselben enthaltenen Arzneistoffen (Salzen, Gasen); die Eisenwässer haben im wesentlichen die Wirkung des Eisens, die Jodwässer die des Jods etc. Diese Auffassung hat gewiß ihre physiologische Berechtigung, aber trotzdem sind Einwendungen dagegen wiederholt erhoben worden. Hat der aus den ältesten Zeiten bis in dieses Jahrhundert fortgepflanzte Glaube an einen in den Mineralwässern wirkenden Geist, den „Brunnengeist“, oder an ein in denselben vorhandenes „Leben“ als Ausfluß des „innern Erdlebens“, auch keine Anhänger mehr, so ist doch die Behauptung, daß die Wirkung der aus den Mineralwässern dargestellten Bestandteile die Wirkung der letztern als solcher nicht ganz zu decken vermöge, nicht widerlegt. Möglich ist ja immerhin, daß die chemischen Analysen immer noch nicht vollkommen genug ausgeführt worden sind; die Hauptschwierigkeit für die Entscheidung darüber liegt aber in der bei jeder Brunnenkur vorhandenen Mitwirkung zahlloser äußerer und zufälliger Einflüsse: der Diät, des Klimas, der Lebensweise, der Methode der Anwendung etc. Die Frage hängt eng zusammen mit der ebenfalls oft ventilierten, ob die [655] sogen. künstlichen M. die natürlichen vollständig zu ersetzen geeignet seien. Die Mehrzahl der Ärzte leugnet nicht die Verwendbarkeit der künstlichen M., zieht denselben aber doch die natürlichen, auch wenn sie nicht an der Quelle getrunken werden können, mit Entschiedenheit vor.

Die Wildbäder wirken hauptsächlich durch ihre Temperatur reizmindernd oder erregend auf das Hautnervensystem; richtig angewandt, erhöhen sie die Leistungsfähigkeit des Nervensystems und dadurch des ganzen Körpers. Man benutzt sie deshalb bei Erschöpfung und Überreizung des Nervensystems, Hysterie, Hypochondrie, Neuralgien, Krampfformen, Rückenmarksleiden, Gicht, Rheumatismus, Dysmenorrhöe, bei manchen Exanthemen, Prurigo, nach Schußwunden und Knochenbrüchen. Die einfachen Säuerlinge dienen als tägliches Getränk, die gehaltreichern wirken bei Verdauungsstörungen, Magen- und Darmkatarrh und bei Katarrhen der Atmungsorgane günstig. Die Kochsalzquellen wirken wesentlich restaurativ, ihr Kochsalzgehalt bewirkt eine Aufbesserung des gesamten Ernährungszustandes und Regelung der Schleimhautfunktionen. Sie befördern die Aufsaugung entzündlicher Exsudate und wirken günstig bei Magen- und Darmkatarrh, habitueller Stuhlverstopfung, Zirkulationsstörungen in den Unterleibsorganen, Hämorrhoiden, Katarrh der Atmungsorgane, Skrofulose, Blutarmut und allgemeiner Schwäche der Ernährung. In Form von Bädern beleben und kräftigen sie das Nervensystem, erhöhen die Widerstandsfähigkeit, begünstigen die Ernährung und vermindern die Kalkphosphatabscheidung. Die Solbäder werden bei Skrofulose, Anämie, Hautschwäche, Rheumatismus, Gicht, Herzkrankheiten, Neurosen, Ekzemen, Knochenleiden, Rhachitis und bei Exsudaten in den Pleurahöhlen benutzt. Jodtrinkquellen wirken besonders bei Drüsenverhärtungen und Skrofulose, bei den verschiedenen Folgekrankheiten der Syphilis, Katarrh der Harnröhre, auch bei gewissen Formen des Magenkatarrhs günstig. Die alkalischen Quellen scheinen die Oxydation im Blut zu steigern, den Eiweißumsatz im Körper zu erhöhen und wirken energisch auf die Sekretionsverhältnisse aller Schleimhäute, sie sind ausgezeichnete antikatarrhalische Mittel. Die einfachen alkalischen Quellen benutzt man auch bei Hyperämie und Schwellung der Leber, Fettleber, Stauung in den Unterleibsvenen, Hämorrhoiden, Gallen- und Nierensteinen, Blasensteinen, Rheumatismus, Gicht, Zuckerharnruhr und gewissen Frauenkrankheiten. Lithiongehalt bedingt die Anwendung gegen Gicht, harnsaure Sedimente, Nieren- und Blasenleiden, Muskelrheumatismus. Bei den alkalisch-sulfatischen Quellen wirkt das Glaubersalz abführend, und sie dienen daher bei Magen- und Darmkatarrh, Magengeschwür, plethorischen Zuständen, Leberanschwellung, Fettsucht, Diabetes und Skrofulose. Sie dürfen nicht angewandt werden bei großer Schwäche und Blutarmut, entzündlichen Organreizungen, Verdacht der Lungenschwindsucht, Neigung zu Kongestionen und Blutungen, schwerer Erkrankung innerer Organe. Bitterwässer wirken durch ihren Gehalt an Glauber- und Bittersalz und werden angewandt, wo man gelind abführen oder entziehend auf die Ernährung des Körpers wirken will. Die alkalisch-erdigen Quellen haben großen Erfolg bei gewissen Formen von Schleimhautkatarrhen, namentlich auch der Harnwege. Eisenquellen sind überall am Platz, wo man eine Verminderung der Zahl und der Leistungsfähigkeit der Blutkörperchen annehmen muß, also bei Anämie, Entwickelungschlorose, Malaria etc., chronischen Erkrankungen des Nervensystems, Geschlechtskrankheiten, allgemeinen Schwächezuständen, nur dürfen nicht Störungen der Magenverdauung, Neigung zu Kongestionen nach Brust und Kopf oder zu große Erregbarkeit des Gefäßsystems zugegen sein. Die Wirkung der Schwefelwässer scheint wesentlich in der Herbeiführung eines raschen Zerfalls der Blutkörperchen zu bestehen, und zwar bezieht sich dieser Vorgang auf das Pfortadersystem und die Leber. Jedenfalls bewirken die Schwefelwässer Anschwellung der Leber und allgemeine Blutarmut. Man benutzt sie daher bei kräftigen Individuen mit Blutfülle und trägem Blutlauf im Pfortadergebiet, Hämorrhoiden, Leberanschwellung etc., bei chronischen Katarrhen der Schleimhäute, namentlich der Atmungsorgane. Als Bäder dienen sie bei Hautkrankheiten, veralteten Geschwüren, Drüsen- und Knochenleiden, Rheumatismus, chronischer Metallvergiftung und besonders bei Syphilis.

Die Gebrauchsweise der M. richtet sich nach der Krankheit und der Individualität des Kranken. Die Zeit vom Mai bis Oktober ist für die Brunnenkuren in unserm Klima im allgemeinen die geeignetste; doch können dieselben unter Umständen auch recht wohl, wie es in England Sitte ist, im Winter unternommen werden. Dieselben werden fast ausschließlich bei langwierigen chronischen Krankheiten in Anwendung gezogen. Die Dauer einer Brunnenkur wird einzig und allein bedingt durch die sich dabei einstellenden Erscheinungen; meistens muß dieselbe mehrere Jahre hintereinander wiederholt werden. Die M. werden entweder getrunken, oder äußerlich angewendet in Form von Bädern, Klystieren, Einspritzungen, Douchen, Umschlägen; meistens werden beide Gebrauchsweisen kombiniert. Das Wasser wird gewöhnlich morgens nüchtern in Gaben von 60–90 g und in einer Gesamtquantität von 400–1600 g je nach der Wirkung und dem Krankheitsfall getrunken. Unter keinen Umständen läßt sich die Dauer der Kur durch Vermehrung der Becherzahl abkürzen. Werden größere Mengen auf einmal nicht vertragen, so können auch im Lauf des Tags zwei- bis dreistündlich kleinere Mengen oder noch einige Becher in den Abendstunden genommen werden. Während des Trinkens ist eine mäßige Bewegung ohne jede Erhitzung und Ermüdung notwendig. Der letzte Becher muß mindestens 1–2 Stunden vor dem Frühstück getrunken werden. Nur in den seltenen Fällen, wo das Mineralwasser bei nüchternem Magen absolut nicht vertragen wird, ist es gestattet, 1–2 Stunden vor dem Trinken ein leichtes Frühstück einzunehmen. – Auch die Bäder werden gewöhnlich des Morgens genommen; nur in Fällen, wo nach dem Bad eine längere Transpiration unterhalten werden soll, oder bei feuchtkalter Witterung kann das Baden am Abend angemessener erscheinen. Von größter Wichtigkeit bei dem Gebrauch der M. sind: strenge Diät, geistige und körperliche Ruhe, günstige äußere Verhältnisse in Bezug auf Wohnung etc. Unter Umständen ist es notwendig, der Brunnenkur eine sogen. Nachkur folgen zu lassen; besonders nach dem Gebrauch von auflösenden und abführenden Mineralwässern, von Solquellen etc. ist es üblich, namentlich eisenhaltige Wässer zur Verbesserung der Blutmischung und zur Anregung der Nerventhätigkeit zu verordnen. Dies ist aber keineswegs in allen Fällen ratsam; die beste Nachkur ist meistens eine noch längere Zeit beobachtete zweckmäßige Diät und ein geregeltes, von Sorgen und körperlichen Anstrengungen freies [656] Leben, Landaufenthalt etc. (s. Bad). Litteratur s. bei Balneologie.