MKL1888:Misiónes

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Misiónes“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 674
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Misiónes. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 674. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Misi%C3%B3nes (Version vom 20.01.2023)

[674] Misiónes, 1) der Name, mit dem man noch jetzt das Gebiet am Parana und Uruguay bezeichnet, in welchem die Jesuiten im 16. Jahrh. ihre Missionen der Guarani anlegten. Von den Portugiesen um 1631 aus ihren Ansiedelungen am obern Parana (oberhalb der Guairafälle) vertrieben, zogen sie mit 12,000 ihrer Neophiten flußabwärts und ließen sich dort nieder, wo der Parana sich dem Uruguay am meisten nähert. Im Lauf der Zeit entstanden in dieser Gegend 33 größere Ansiedelungen (Reducciones), nämlich die 11 M. del Paraguay, im jetzigen Paraguay, auf der Nordseite des Parana, die 15 M. occidentales, zwischen dem Paraguay und Uruguay, und die 7 M. orientales, am Ostufer des Uruguay. Als Spanien 1750 dieses vielgeschmähte „Reich der Jesuiten“ an Portugal abtrat, lebten dort 100,000 Guarani und andre Indianer in Frieden und Wohlstand, allerdings unter eigentümlich kommunistisch-patriarchalischen Einrichtungen, die aber den Verhältnissen vollkommen entsprachen. Die Guarani setzten der Abtretung mit Erfolg bewaffneten Widerstand entgegen. Als Spanien 1765 die Jesuiten aus seinen amerikanischen Besitzungen vertrieb, wurden die M. unfähigen Franziskanern und habgierigen Beamten überliefert und gerieten in Verfall. Schließlich verwüsteten die Portugiesen (1817–19) auf barbarische Weise die M. occidentales, und in den spätern Bürgerkriegen schwand der letzte Rest des Wohlstandes. Die großartigen Ruinen von Kirchen und andern Gebäuden bezeugen die ehemalige Blüte des Landes. Vgl. Martin de Moussy, Mémoire historique sur la décadence et la ruine des missions des Jésuites etc. (Par. 1868). – 2) Territorium der Argentinischen Republik, den größern Teil der ehemaligen M. occidentales zwischen Parana und Uruguay umfassend, eins der gesegnetsten Länder Südamerikas. Das Territorium ist 61,337 qkm (1114 QM.) groß und hatte 1879: 32,472 Einw., unter denen 879 Europäer waren. In jüngerer Zeit sind dort Zuckerplantagen entstanden, und auch Baumwolle, Mandioka, Orangen, Wein etc. werden angebaut. Yerba-maté und Bauholz gelangen zur Ausfuhr. Hauptort ist Posadas am Parana. Vgl. R. Lista, El Territorio de las M. (Buenos Ayres 1883).