MKL1888:Mohrrübe

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mohrrübe“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 713714
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Mohrrübe. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 713–714. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mohrr%C3%BCbe (Version vom 21.01.2023)

[713] Mohrrübe (Möhre, Daucus L.), Gattung aus der Familie der Umbelliferen, ein- oder zweijährige, gewöhnlich borstig rauhhaarige Kräuter mit mehrfach fiederteiligen Blättern mit schmalen oder kleinen Segmenten, vielblätterigen oder fehlenden Hüllen und Hüllchen, weißen Blüten, oft brauner Gipfel- oder Zentralblüte und vom Rücken zusammengedrückter, stachliger Frucht. Etwa 20 Arten. Die gemeine M. (gelbe Rübe, D. Carota L.), zweijährig, 30–60 cm hoch, mit gefurchtem, steifhaarigem Stengel, doppelt oder dreifach gefiederten Blättern mit fiederspaltigen Blättchen und länglich lanzettlichen Zipfeln, vielblätterigen Hüllen und Hüllchen, drei- oder fiederspaltigen Hüllblättchen, wächst in Europa, Nordasien und Nordamerika und wird vielfach der Wurzel halber angebaut, welche, ursprünglich dürr und holzig, durch die Kultur fleischig, süß schmeckend, rot oder gelb geworden ist. Die M. gedeiht in jedem gut zubereiteten, dungkräftigen Boden, wenn derselbe nicht zu bindig ist, und liebt hauptsächlich Tiefgrundigkeit, Frische und Lockerheit und sonnige Lage; am besten gedeiht sie auf Kalk- und Sandmergel, während bei Mangel an Kalk der Zuckergehalt sinkt. Da die M. sehr langsam wächst und leicht vom Unkraut erstickt wird, so bringt man sie gern nach Hackfrüchten und bearbeitet den Boden im Herbst sehr tief, selbst durch Rigolen, und im Frühjahr nochmals. Bei den Futtermöhren kommt es hauptsächlich auf großen Ertrag an; die zartern, zuckerreichen Möhren, welche sich allmählich zuspitzen, und die noch feinern Karoten (Karotten) oder Hornmöhren, welche kurz, unten rundlich abgestumpft sind und in ein dünnes Würzelchen [714] auslaufen, werden gegessen. Zur Aussaat mischt man den Samen mit feuchtem Sand, läßt ihn keimen und säet ihn dann in Reihen, die 20–45 cm voneinander entfernt sind, wobei man die Samen am besten in 2–3 cm tiefe, 8–18 cm voneinander entfernte Löcher legt und mit guter Komposterde deckt. Jäten, Behacken, Verstellen und abermaliges Behacken bilden die weitere Bearbeitung. Vor der Ernte schneidet man das Kraut ab und hebt dann die Rüben bei trocknem Wetter aus. Sie lassen sich bei zweckmäßiger Lagerung recht gut bis zum Frühjahr aufbewahren. Samenmöhren werden sorgfältig im Keller überwintert. Man beschneidet sie bis gegen die Herzblätter, steckt sie in kaum angefeuchteten Sand und setzt sie zur Zeit der Baumblüte an sonnigen, geschützten Stellen in Gärten fußweit voneinander. Von der großen Futtermöhre hat man über 1200 Ztr. vom Hektar geerntet, doch gilt als Mittel ein Ertrag von 600–640 Ztr. Feinde der M. sind: die Möhrenfliege (Pslia rosae Fabr.), deren Larve, wie der Engerling und der Drahtwurm (Elater segetis L.), die Wurzeln beschädigt, die Raupe der Flöhkrauteule (Mamestra persicariae L.), welche das Kraut abfrißt, die Mohnblattlaus (Aphis papaveris Fabr.), welche die obern Stengelteile aussaugt. Im Gemenge mit Trockenfutter sind die Mohrrüben ein gedeihliches Futter für alle Haustiere und eignen sich auch zur Mästung; besonders sind sie für Schafmütter und Lämmer, für Pferde und Geflügel sehr zu empfehlen, auch für Kühe und Schweine jedem andern Wurzelgewächs, besonders den Kartoffeln, vorzuziehen. Auch das Kraut wird von Kühen gern gefressen. Möhren enthalten 86–88 Proz. Wasser, 1,0–1,5 Eiweiß, 0,2–0,26 Fett, 2 Zucker, 6,4–9 sonstige stickstofffreie Extraktivstoffe, 1,2 Rohfaser, 0,8 Proz. Asche. Der gelbe Farbstoff ist Karotin C18H24O, welcher in dunkelroten Tafeln kristallisiert, veilchenartig riecht, sich leicht in Benzol und fetten Ölen, schwer in Alkohol und Äther, nicht in Wasser löst, bei 168° schmilzt und sich am Licht zersetzt. Außerdem enthalten die Mohrrüben ein ätherisches Öl. Aus dem Saft bereitet man auf dem Land einen Sirup (Succus Dauci); geröstete Mohrrüben dienen als Kaffeesurrogat. Die Überführung der wilden Form der M. in die Kulturform gelingt in wenigen Generationen. Schon die Griechen und Römer zogen die M. in ihren Gärten, und auch Karl d. Gr. empfahl sie als Kulturpflanze. S. Tafel „Nahrungsmittel“.