MKL1888:Morphologīe

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Morphologīe“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 813
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Morphologīe. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 813. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Morpholog%C4%ABe (Version vom 23.02.2022)

[813] Morphologīe (griech.), die „Lehre von der Gestalt“ der Naturwesen, sowohl im Ganzen als in ihren Teilen oder Organen und ihrer Entwickelung. Da die Formen der Organe und des ganzen Organismus durch die Lebensweise bedingt werden, so haben einige neuere Naturforscher die M. als eine Unterabteilung der Physiologie auffassen wollen, was aber nicht statthaft ist, da viele Gestaltungsverhältnisse nicht bloß durch die gegenwärtige Lebensweise, sondern auch durch die der Vorfahren bestimmt werden, indem selbst Organe, die physiologisch nicht mehr fungieren, doch morphologisch noch auftreten und durch Vererbung erhalten werden. Die wichtigsten der hier in Betracht kommenden Verhältnisse sind die der homologen Bildungen, die durch Blutsverwandtschaft, wenn auch in entfernten Graden, bedingt werden, und ihre Unterscheidung von den analogen Bildungen, den durch Gewöhnung an eine gleichartige Lebensweise erlangten übereinstimmenden Formverhältnissen. So sind die vordern Gliedmaßen der Vierfüßler und Vögel trotz ihrer sehr verschiedenen Gestaltung homologe Bildungen, die Flügel der Fliegen, Vögel und Fledermäuse aber untereinander nur analoge Bildungen als Anpassungen an das Luftleben. Die wissenschaftliche Behandlung der M. fällt den Gebieten der Entwickelungsgeschichte und vergleichenden Anatomie zu und bildet die Grundlage der Systematik und Verwandtschaftslehre der Organismen.