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MKL1888:Neptūn

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Neptūn“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Neptūn“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 12 (1888), Seite 54
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Neptūn. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 54. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Nept%C5%ABn (Version vom 25.09.2022)

[54] Neptūn, der äußerste bekannte Planet, mit dessen Auffindung die Wissenschaft einen ihrer größten Triumphe gefeiert hat, weil rein theoretische Untersuchungen dazu geführt haben, Masse und Ort des vorher unbekannten Himmelskörpers anzugeben. Unregelmäßigkeiten, die sich in der Bewegung des 1781 entdeckten Uranus herausstellten und durch die Störungen der bekannten Planeten nicht zu erklären waren, führten verschiedene Astronomen, z. B. Bouvard 1834 und Mädler 1840, zu der Überzeugung von der Existenz eines noch unbekannten Planeten jenseit des Uranus, und Bessel ließ durch seinen Gehilfen Flemming in den 40er Jahren Vorarbeiten zur Berechnung der Elemente dieses Himmelskörpers unternehmen. Indessen hinderte die Kränklichkeit seiner letzten Jahre Bessel an der weitern Verfolgung dieser Idee. Die wirkliche Lösung der Aufgabe erfolgte ganz selbständig von zwei Seiten: durch den Engländer Adams und den Franzosen Leverrier. Der erstere legte schon im September 1845 Challis in Cambridge die ersten Resultate seiner Rechnungen vor, und im nächsten Monat sandte er dieselben auch mit einigen Abänderungen an Airy in Greenwich. Die letzten Ergebnisse empfing Airy Anfang September 1846. An die Öffentlichkeit trat Adams mit seiner Arbeit erst 1847. Mit Hilfe der Adamsschen Angaben gelang es in der That Challis, am 4. und 12. Aug. 1846 den gesuchten Planeten aufzufinden; da ihm aber keine ins einzelne gehenden Sternkarten zu Gebote standen, so erkannte er damals die planetarische Beschaffenheit desselben nicht. Leverrier in Paris fing auf Anregung Aragos im Sommer 1845 an, sich mit der Uranustheorie zu beschäftigen, und 10. Nov. 1845, 1. Juni, 31. Aug. und 5. Okt. 1846 teilte er seine Resultate der Pariser Akademie mit. Am 18. Sept. 1846 richtete er auch an Galle, der damals Observator an der Berliner Sternwarte war, das Ersuchen, an einer von ihm näher bezeichneten Stelle des Himmels nach dem berechneten Planeten zu suchen, den er namentlich an seinem auf 3″ geschätzten scheinbaren Durchmesser für kenntlich hielt. Galle empfing das Schreiben Leverriers am Morgen des 23. Sept. und fand mit Hilfe der von Bremiker bearbeiteten Karte der in Betracht kommenden Stelle des Himmels nahe an der von Leverrier bezeichneten Stelle ein Sternchen achter Größe, das auf der Karte fehlte. Unter Teilnahme Enckes wurden die Beobachtungen bis zum Morgen fortgesetzt, ohne daß es indessen gelang, mit Sicherheit eine Ortsveränderung zu konstatieren; erst am nächsten Abend stellte sich eine solche unzweifelhaft heraus, und damit war die planetarische Natur des beobachteten Sterns dargethan. Da derselbe schon 1795 als Fixstern von Lalande beobachtet worden war, so war man bald im stande, seine Elemente zu bestimmen; doch hat sich zwischen diesen letztern und den auf rein theoretischem Wege gefundenen Resultaten eine nicht unerhebliche Differenz ergeben, was sich indes aus der Schwierigkeit der Rechnung genugsam erklärt. Die Exzentrizität der Bahn des N. beträgt nur 0,00850, d. h. etwa 1/118 der halben großen Achse, wonach die Neptunbahn nächst der Venusbahn sich am meisten dem Kreis nähert. Die Neigung derselben gegen die Ekliptik beträgt nur 1°47′. Die mittlere Entfernung des N. von der Sonne ist 30,07 Sonnenweiten = 4470,47 Mill. km oder 602,5 Mill. Meilen. Er durchläuft seine Bahn in 164 Jahren 286 Tagen mit ungefähr 1/5 der Geschwindigkeit der Erde. Dieser kann er sich bis auf 574 Mill. Meilen nähern, sich aber bis auf 626 Mill. Meilen von ihr entfernen. Im letztern Fall erscheint er mit einem Durchmesser von 2,5″, in ersterm von 2,7″, wonach sein mittlerer scheinbarer Durchmesser 2,6″ beträgt, was einem wahren Durchmesser von 4,312 Erddurchmessern = 55,000 km oder 7400 geogr. Meilen entspricht. Er erscheint am Himmel als ein Stern 7.–8. Größe. Seine Masse beträgt 1/19700 der Erdmasse, seine Dichte 0,205 von der der Erde (1,12 von der des Wassers); die Intensität der Schwere ist 0,86 von der auf der Erde. Er scheint mit einer Nebelhülle umgeben zu sein; über seine Rotation ist nichts bekannt. Am 7. Juli 1847 entdeckte Lassell einen Mond des N., der 47,500 Meilen von letzterm entfernt ist, und dessen siderische Umlaufszeit 5 Tage 21 Stund. 4 Min. beträgt.