Zum Inhalt springen

MKL1888:Offenbarung

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Offenbarung“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Offenbarung“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 12 (1888), Seite 336
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Offenbarung
Wiktionary-Logo
Wiktionary: Offenbarung
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Offenbarung. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 336. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Offenbarung (Version vom 11.05.2024)

[336] Offenbarung (Revelatio), ein unentratsamer Begriff aller Theologie, sofern O. und Religion als Wechselbegriffe ein und dasselbe Verhältnis nach den beiden Seiten bezeichnen, die es der Betrachtung darbietet. Auf den untersten Stufen der religiösen Entwickelung kommt der Offenbarungsglaube in der Gestalt roher Vorstellungen von Orakeln, Traumgesichten, Vorzeichen etc. und andern schlechthin übernatürlichen göttlichen Kundgebungen an die Menschen vor. Noch das Alte Testament kennt Gottes- u. Engelerscheinungen, himmlische Stimmen, Träume und Verzückungen als vereinzelt auftretende, gegeneinander abgegrenzte Offenbarungsformen, während das Neue Testament seiner Anschauung von Christus den Begriff einer stetigen, in der Entfaltung eines normalen religiös-sittlichen Personenlebens sich vollziehenden O. zu Grunde legt. Gleichwohl eignet dem später in die kirchliche Lehre übergegangenen Begriff von O. eine einseitige Beziehung auf übernatürliche Belehrung oder übernatürliche Mitteilung übervernünftiger Wahrheiten, so daß der Begriff einer übernatürlichen O. in engste Verbindung mit dem der Inspiration (s. d.) trat und insbesondere auf die Bibellehre und das aus derselben gezogene kirchliche Dogma angewandt, von diesem aber eine sogen. natürliche O. unterschieden wurde. Den Begriff einer übernatürlichen O. bekämpften dann der Deismus, die Aufklärung und die ganze rationalistische Verstandeskritik, während ihn die Restaurationstheologie wieder in modernisierter Gestalt aufrichtete. Im außertheologischen Sprachgebrauch dagegen erhalten sich Name und Begriff der O. im Sinn einer originalen Geistesthat, einer genialen Entdeckung, besonders auch einer schöpferischen Idee auf künstlerischem Gebiet.