MKL1888:Pergamentpapier

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Pergamentpapier“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 842843
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Pergamentpapier. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 842–843. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Pergamentpapier (Version vom 18.03.2021)

[842] Pergamentpapier (vegetabilisches Pergament, Papyrin), modifiziertes und tierischer Membran in mancher Hinsicht ähnlich gewordenes Papier. Zur Darstellung desselben leitet man endloses ungeleimtes und füllstofffreies Papier durch kalte Schwefelsäure von 60° R. und bemißt die Zeit der Einwirkung je nach der Stärke des Papiers auf 3–12 Sekunden. Man benutzt bei der Fabrikation zur Leitung des Papiers Walzen aus Glas, Kautschuk, Holz, spritzt dasselbe nach dem Säurebad beiderseitig mit Wasser ab, leitet es durch ammoniakalisches Wasser, spritzt es abermals mit Wasser ab, preßt jedesmal zwischen Walzen die überschüssige Flüssigkeit ab und trocknet [843] und glättet das Papier zuletzt zwischen mit Dampf geheizten Walzen. Letzteres Verfahren ist notwendig, weil beim Trocknen nicht gespanntes P. kraus und runzelig wird. P. ist hornartig, durchscheinend, steif, 3–4mal fester als das Papier, aus welchem es hergestellt wurde; es erweicht in Wasser, ohne an Festigkeit zu verlieren, und gleicht dann der tierischen Blase. Es läßt Flüssigkeiten nur endosmotisch hindurch, wird durch kochendes Wasser nicht verändert, fault nicht und wird nicht von Insekten angegriffen. Es widersteht kochenden Ätzlaugen, löst sich aber allmählich in heißer konzentrierter Salzsäure und Schwefelsäure. Läßt man es zehn Minuten in konzentrierter Salpetersäure liegen und wäscht es dann aus, so zeigt es nach dem Trocknen viel größere Dicke, Festigkeit und Zähigkeit, ist gegen Säuren sehr widerstandsfähig und wird, wenn man es einige Minuten in Schwefelsäure taucht, glashell und durchsichtig. Bei der Bereitung schwindet unter Verdickung des Blattes das Flächenmaß um 10–30 Proz., während eine Gewichtsveränderung nicht stattfindet. Unmittelbar nach dem Eintauchen in Säure kann man zwei Bahnen miteinander vereinigen, indem man sie miteinander durch die Presse laufen läßt, da das durch die Schwefelsäure gebildete Amyloid die Vereinigung herbeiführt. Um P. zu verleimen, erweicht man es mit starkem Branntwein, legt es noch feucht auf das mit starkem Leim bestrichene Material und reibt es mit einem Falzbein gut an. Auch eine Lösung von Cellulose in Kupferoxydammoniak eignet sich zum Verleimen. P. dient als Surrogat der tierischen Blase, zum Verpacken von Schokolade, Konserven, Fleischspeisen (künstliche Wurstdärme aus P.) etc., zum Verbinden von Einmachebüchsen, zum Auslegen von Fässern, als Surrogat des Pergaments für Urkunden, Dokumente, zum Durchzeichnen, zur Anfertigung von Patronenhülsen etc. Man kann weißes P. färben, aber auch Buntpapier in P. verwandeln und dies mit Reliefdruck versehen. So erhält man ein sehr schönes Material für Portefeuille-, Galanterie- und Buchbinderarbeiten, für künstliche Blumen etc. In der Chirurgie dient P. als Surrogat der Leinwand, des Wachstuchs und der Guttapercha. Im Laboratorium und namentlich in der Zuckerfabrikation benutzt man es zu dialytischen Zwecken.