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MKL1888:Pfirsichbaum

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Pfirsichbaum“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Pfirsichbaum“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 12 (1888), Seite 953954
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Pfirsichbaum. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 953–954. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Pfirsichbaum (Version vom 15.09.2022)

[953] Pfirsichbaum (Pfirsche, Pfirsing, Persica Tourn.), Untergattung der Gattung Prunus (Familie der Rosaceen), Bäume oder Sträucher mit länglich-lanzettförmigen Blättern, seitlich aus besondern Knospen vor den Blättern erscheinenden, meist nur zu 1–2 stehenden Blüten, saftiger, samtartig behaarter, nicht aufspringender Steinfrucht und unregelmäßig und tief gefurchtem Stein mit punktförmigen Gruben. Der gemeine P. (P. vulgaris Mill.), ein kleiner, kahler Baum mit kurzgestielten, lanzettlichen, stachelspitzig gesägten Blättern, meist sehr großen, dunkel- bis hellrosa gefärbten, auch weißen Blüten, welche sehr früh im Frühjahr erscheinen und bereits Früchte angesetzt haben, wenn die Laubknospen sich zu entwickeln beginnen. Die Frucht ist meist rundlich, mit einer von oben nach unten gehenden Furche, an einem Ende mit einer Vertiefung, aus welcher der kurze Stiel hervorkommt, auf der Oberfläche mit samtartigem Überzug oder glatt (Nektarinen). Der Stein löst sich nicht immer von dem sehr saftigen Fleisch und enthält einen großen, ölreichen, bittern oder süßen Samen (diese Samen kommen vielfach als Mandeln in den Handel). Der P. ist ohne Früchte nur sehr schwer oder kaum sicher vom Mandelbaum zu unterscheiden. Es existiert auch eine Form, Mandelpfirsich (Pfirsichmandel), mit hartfleischigen, aufspringenden Früchten, welche als Bastard zwischen beiden gilt, aber bei der Aussaat immer wieder dieselbe Pflanze gibt und vielleicht als ursprüngliche Form des Pfirsichbaums zu betrachten ist. Außerdem will man bei Aussaat von Pfirsichkernen auch Mandelbäume erhalten und an einem und demselben Baum gleichzeitig Pfirsiche und Mandeln beobachtet haben, so daß vielleicht ein spezifischer Unterschied zwischen Mandelbaum und P. gar nicht existiert. Der P. gedeiht als Hochstamm nur in wärmern Klimaten, bei uns kann er meist nur an Mauern am Spalier in südlicher oder südwestlicher Lage gezogen werden; er ist viel empfindlicher als der Mandelbaum, und nur mit vorzugsweise harten Sorten ist in günstiger, geschützter Lage eine hochstämmige Anzucht erfolgreich. Er verlangt einen nahrhaften, tief lockern, nicht zu feuchten Boden, der besonders in den untern Schichten mit kalkhaltigem Schutt gemischt ist. Im Winter schützt man ihn vorteilhaft durch vorgehängtes Fichtenreisig, welches im Frühjahr bis nach der Befruchtung hängen bleibt. Man vermehrt ihn hauptsächlich durch Erziehen aus dem Kern, durch Okulieren auf das schlafende Auge oder Kopulieren auf aus dem Kern gezogenen Pfirsichwildlingen oder auf Pflaumen. Die Sorten zeigen bei der Aussaat eine sehr große Konstanz, und da die Früchte der zahlreichen Sorten nur wenig voneinander abweichen, so hat man bei der Klassifikation auch die Blüten, die Drüsen am Blattstiel und deren Form benutzt. Nach den Früchten unterscheidet man vier Klassen: Früchte mit samtartigem Überzug und vom Fleisch leicht ablösbarem Stein, echte Pfirsiche (pêches); Früchte mit samtartigem Überzug und vom Fleisch nicht ablösbarem Stein, Härtlinge, Nager (pavies); glatte Früchte mit leicht ablösbarem Stein, Nektarinen (nectarines); glatte Früchte mit vom Fleisch nicht lösbarem Stein, Brügnolen (brugnons, violettes). Die meisten Pfirsiche haben weißes Fleisch, doch gibt es auch rotfleischige, sogen. Blutpfirsiche (sanguinoles, cardinales), und gelbfleischige Aprikosenpfirsiche (apricotées, alberges); die gelbfleischigen Nektarinen heißen Prünellen (brugnoles), die weißfleischigen wegen ihrer meist violetten und oft marmorierten Außenschale Violetten. Empfehlenswerte Sorten sind nach Lauche: prachtvoller Aprikosenpfirsich, Bollweiler Liebling, Bourdine, Brugnon von Feligny, Galandpfirsich, Galande de [954] Montreuil, Königin der Obstgärten, Leopold I., Georg IV., roter und weißer Magdalenenpfirsich, Maltapfirsich, frühe und große Mignonne, Etruges, Nektarine, Prinzessin Marie von Württemberg, Prinzessin von Wales, früher Purpurpfirsich, Schmidtbergers Pfirsich, Schöne von Doué, Venusbrust, Willermoz, Madame Gaujard, Schöne von Vitry, Schöne von Westland. Nach De Candolle stammt der P. aus China, er scheint früh im nordwestlichen Indien naturalisiert worden zu sein, gelangte auch nach Persien und wurde in Europa zuerst gegen die Mitte des 1. Jahrh. in Italien angepflanzt. Jetzt blüht seine Kultur besonders in Frankreich, namentlich in Montreuil bei Paris; in Südtirol bringen oft schon dreijährige Pflanzen Früchte hervor, man läßt sie aber nur kurze Zeit tragen und ersetzt sie oft schon nach einem Jahrzehnt durch andre. Vgl. Ompteda, Anleitung zur Pfirsichzucht (Berl. 1879); Lepère-Hartwig, Kultur des Pfirsichbaums am Spalier (2. Aufl., Weimar 1886).