MKL1888:Photĭos
[15] Photĭos, durch Gelehrsamkeit ausgezeichneter Patriarch von Konstantinopel, unter Kaiser Michael III. Hauptmann der Garden und Staatssekretär, wurde 857 an der Stelle des vertriebenen Ignatius aus dem Laienstand auf den Patriarchenstuhl zu Konstantinopel erhoben. Als Papst Nikolaus I. die Zurückberufung des Ignatius dekretierte, ließ P. von einer nach Konstantinopel berufenen Synode den Bann über ihn aussprechen, ward aber von Kaiser Basilius 869 ins Kloster geschickt, weil er diesen wegen der Ermordung seines Vorgängers Michael exkommuniziert hatte. Nach Ignatius’ Tod 878 zurückgerufen und von Papst Johann VIII. wieder als Patriarch anerkannt, wurde er, da er die gehoffte Gefügigkeit nicht bewies, abermals exkommuniziert und von Kaiser Leo 886 in ein armenisches Kloster verwiesen, wo er um 890 in hohem Alter starb. P. hinterließ viele theologische, kirchenrechtliche und litterarisch-historische Werke, von denen namentlich die „Bibliotheca“ (hrsg. von I. Bekker, Berl. 1824, 2 Bde.), Auszüge aus meist verlornen Werken von 280 griechischen Prosaikern enthaltend, und ein griechisches Lexikon (hrsg. von Hermann, Leipz. 1808; von Porson und Dobree, Lond. 1822 und Leipz. 1823, 2 Bde., und von Naber, Leid. 1865, 2 Bde.) hervorzuheben sind. Sein „Nomocanon“, eine für das orientalische Kirchenrecht wichtige Sammlung von Konzilienbeschlüssen und kaiserlichen Gesetzen, ward von Justellus (Par. 1615) und in Voellus’ „Bibliotheca juris canonici veteris“ (das. 1661, 2 Bde.), seine Geschichte der Manichäer von Wolf (in „Anecdota graeca“, Hamb. 1722), seine „Briefe“ neuerdings von Baletta (Lond. 1864), seine Schrift „De spiritus sancti mystagogia“ von Hergenröther (Regensb. 1857) herausgegeben. Vgl. Hergenröther, P., Patriarch von Konstantinopel (Regensb. 1867–69, 3 Bde.).