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MKL1888:Plankton

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Plankton“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Plankton“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 13 (1889), Seite 111
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Plankton. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 111. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Plankton (Version vom 14.09.2022)

[111] Plankton (griech., „das Treibende“, Halyplankton, „das im Meer Treibende“), die Gesamtmasse der lebenden Wesen, welche an der Oberfläche des Meers unbedingt den Meeresströmungen folgen. Erwachsene Fische, auch manche Krebse, welche in gewissen Richtungen vorwärts streben, zählen nicht zum P., welches vielmehr nur diejenigen Wesen einschließt, welche, auch wenn die Schwimmfähigkeit, wie bei den Heteropoden und Steropoden, nicht unbedeutend ist, doch keine bestimmte Richtung einhalten, sondern nur der Nahrung nachgehen und mit den Meeresströmungen treiben. Man unterscheidet perennierendes P., dessen Formen ihre ganze Entwickelung im Meer schwimmend durchlaufen, wie z. B. die Kopepoden, die ihre Eiersäcke mit sich umhertragen, und deren ausgeschlüpfte Brut auch treibt, im Gegensatz zum nicht perennierenden P., dem z. B. manche Quallen, deren Brut sich als Polypen am Grund festsetzt, oder festgewachsene Muscheln angehören, deren Embryonen umherschwärmen. Die Bestandteile des Planktons sind zoologisch, entwickelungsgeschichtlich von vielen Forschern untersucht worden, biologisch aber hat sich zuerst Hensen mit dem P. beschäftigt. Es gelang ihm, quantitative und mit Hilfe von Zählungen numerische Bestimmungen zu machen, und er gelangte zu dem Schluß, daß das P. im allgemeinen ungemein gleichmäßig verteilt sei. Dabei kommt freilich in Betracht, ob die durch die Meeresströmungen fortgeführten Wesen die klimatischen Veränderungen ertragen können; ist dies nicht der Fall, so scheiden sie allmählich aus der Masse des Planktons aus. Eine Störung der Gleichmäßigkeit tritt durch das nicht perennierende P. ein. Eine Muschelbank entsendet zahlreiche ausschwärmende Embryonen, die sich wohl allmählich weiter ausbreiten, aber am Ende der Schwärmperiode wieder ausscheiden, und insofern ist das P. bis zu einem gewissen Grad von der Beschaffenheit des Bodens abhängig. Abgesehen von wenigen Pflanzenfressern, leben alle mit Strudelapparaten oder Fangfäden versehenen Tiere von dem P. Polypen fressen Kopepoden und andre kleine Krebse sowie Infusorien, Muscheln und Ascidien leben von Diatomeen und Peridinien, von den Muscheln leben wieder Seesterne, größere Krebse und Fische, von den Polypen viele Schnecken u. s. f., so daß das P. für alle diese Tiere die Urnahrung bildet. Den Bodenbewohnern kommen überdies die Keime, Sporen, Eier zu gute, welche vielleicht ihre Entwickelung am Grunde durchlaufen. Die Hauptmasse des Planktons findet sich in der Schicht bis etwa 300 m unter der Oberfläche, also soweit das Licht reicht. Das endliche Schicksal des Planktons dürfte sich ähnlich gestalten wie das der Landtiere. So wenig wie die große Masse dieser letztern ihren Feinden, vielmehr hauptsächlich der Ungunst der Witterung erliegt, ebenso wird auch das P. durch die großen Verhältnisse zu Grunde gehen. Unlösliche Teile sinken zu Boden, was sich von der organischen Substanz im Wasser löst, mag saprophytisch gewissen Organismen zur Nahrung dienen, einen intermediären Stoffwechsel schaffend; aber schließlich vollendet sich doch der allgemeine Kreislauf. Es knüpfen sich an diese neueröffneten Untersuchungen für Biologie, Zoologie, physikalische Geographie und andre Disziplinen Fragen von höchstem Interesse, und es ist zu erwarten, daß die allerdings sehr schwierige und kostspielige Fortsetzung derselben die Naturwissenschaft wesentlich fördern wird.